Voll von Tisch und Gestühl, Schreibzeug und bezifferten Tafeln, Leibpelz, Auch den Flor, der die Wangen geschirmt, und das seidene Halstuch. Und sie umschloß die Enthüllten mit strömender Thräne der ,,Tochter und Sohn, willkommen! an's Herz, willkommen Ihr, uns Altenden Freud', in Freud' auch altet und greiset, Kindern! 200 205 Nun mag brechen das Auge, da dich wir gesehen im Amtsrock, Klopfend die Wang', ich würde noch krank vor lauter Gesundheit." Jezo sagte der Sohn, sein Weib darstellend der Mutter : 220 225 „Mütterchen, nehmt sie auf Glauben. So zart und geschlank, Ist sie mit Leib und Seele vom edelsten Kerne der Vorwelt. Schalkhaft lächelte drob und sprach die treffliche Gattin : Sprach's, und faßte dem Manne die Hand; die führende Mutter Oeffnete leise die Thür', und ließ die Kinder hineingehn. 230 Aber die junge Frau, voll Lieb' im lächelnden Antlig, Hüpfte voraus und küßte den Greis. Mit verwunderten Augen Sah er empor und hing in der trautesten Kinder Umarmung. J. H. Voß (1781). 5. Der Spaziergang. Sei mir gegrüßt, mein Berg mit dem röthlich strahlenden Gipfel! Sei mir, Sonne, gegrüßt, die ihn so lieblich bescheint! Dich auch grüß' ich, belebte Flur, euch, fäuselnde Linden, Und den fröhlichen Chor, der auf den Aesten sich wiegt! 5 Ruhige Bläue, dich auch, die unermeßlich sich ausgießt Um das braune Gebirg, über den grünenden Wald, Auch um mich, der, endlich entflohn des Zimmers Gefängniß Und dem engen Gespräch, freudig sich rettet zu dir. Deiner Lüfte balsamischer Strom durchrinnt mich erquickend, ΙΟ Und den durstigen Blick labt das energische Licht. Kräftig auf blühender Au erglänzen die wechselnden Farben, Aber der reizende Streit löset in Anmuth sich auf. Frei empfängt mich die Wiese mit weithin verbreitetem Teppich ; Und ein blaues Gebirg endigt im Dufte die Welt. Und den fröhlichen Fleiß rühmet das prangende Thal. Jene Linien, sieh! die des Landmanns Eigenthum scheiden, In den Teppich der Flur hat sie Demeter gewirkt. Freundliche Schrift des Gesezes, des menschenerhaltenden Gottes, Seit aus der ehernen Welt fliehend die Liebe verschwand ! 15 20 25 30 35 40 Aber in freieren Schlangen durchkreuzt die geregelten Felder, Jezt verschlungen vom Wald, jezt an den Bergen hinauf 45 Klimmend, ein schimmernder Streif, die länderverknüpfende Straße. 50 Auf dem ebenen Strom gleiten die Flöße dahin. Vielfach ertönt der Heerden Geläut im belebten Gefilde, Und den Wiederhall weckt einsam des Hirten Gesang. Muntre Dörfer bekränzen den Strom, in Gebüschen verschwinden Andre, vom Rücken des Bergs stürzen sie gäh dort herab. Nachbarlich wohnet der Mensch noch mit dem Acker zusammen, Seine Felder umruhn friedlich sein ländliches Dach; Traulich rankt sich die Reb' empor an dem niedrigen Fenster, Einen umarmenden Zweig schlingt um die Hütte der Baum. 55 Glückliches Volk der Gefilde! noch nicht zur Freiheit erwachet, Theilst du mit deiner Flur fröhlich das enge Gefeß. Deine Wünsche beschränkt der Ernten ruhiger Kreislauf, Wie dein Tagewerk, gleich, windet dein Leben sich ab! Aber wer raubt mir auf einmal den lieblichen Anblick? Ein fremder Geist verbreitet sich schnell über die fremdere Flur. Spröde sondert sich ab, was kaum noch liebend sich mischte, Und das Gleiche nur ist's, was an das Gleiche sich reiht. Stände seh' ich gebildet, der Pappeln stolze Geschlechter 60 Ziehn in geordnetem Pomp vornehm und prächtig daher. 65 Regel wird alles, und alles wird Wahl und alles Bedeutung; Dieses Dienergefolg' meldet den Herrscher mir an. 70 Vrangend verkündigen ihn von fern die beleuchteten Kuppeln, Näher gerückt ist der Mensch an den Menschen. Enger wird um ihn, Sieh, da entbrennen in feurigem Kampf die eifernden Kräfte, 75 80 Brüsten, von einem Gefühl glühend, ein einziges Herz, Schlägt für das Vaterland und glüht für der Ahnen Geseze; Hier auf dem theuren Grund ruht ihr verehrtes Gebein. Nieder steigen vom Himmel die seligen Götter und nehmen. In dem geweihten Bezirk festliche Wohnungen ein; Herrliche Gaben bescheerend erscheinen sie: Ceres vor allen Bringet des Pfluges Geschenk, Hermes den Anker herbei, Bacchus die Traube, Minerva des Oelbaums grünende Neiser, Auch das kriegrische Roß führet Poseidon heran, Mutter Cybele spannt an des Wagens Deichsel die Löwen, 85 In das gaftliche Thor zieht sie als Bürgerin ein. Heilige Steine! Aus euch ergossen sich Pflanzer der Menschheit, Fernen Inseln des Meers sandtet ihr Sitten und Kunst. Weise sprachen das Recht an diesen geselligen Thoren, Helden stürzten zum Kampf für die Penaten heraus. Auf den Mauern erschienen, den Säugling im Arme, die Mütter, Blickten dem Heerzug nach, bis ihn die Ferne verschlang. Betend stürzten sie dann vor der Götter Altären sich nieder, Flehten um Ruhm und Sieg, flehten um Rückkehr für euch. Ehre ward euch und Sieg, doch der Ruhm nur kehrte zurücke ; Eurer Thaten Verdienst meldet der rührende Stein: Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl." Ruhet sanft, ihr Geliebten! Von eurem Blute begossen Grünet der Delbaum, es keimt lustig die köstliche Saat. Munter entbrennt, des Eigenthums froh, das freie Gewerbe, Aus dem Schilfe des Stroms winket der bläuliche Gott. 90 95 100 |