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E.

Näheres über das unter A-D Vorstehende, wie überhaupt über chemische Vorgänge I. Ordnung, sehe man in der am Fusse der Seiten 198 und 199 genannten Literatur; ferner auf Seite 615-625 des zweiten Bandes des 1887 erschienenen „Lehrbuches“ der allgemeinen Chemie von W. Ostwald; endlich auf S. 289294 des von Ostwald im Jahre 1889 veröffentlichten,,Grundrisses".

In den beiden letztgenannten Werken ist auch auf die den Wilhelmy'schen Untersuchungen vorausgegangenen Arbeiten von Wenzel und Berthollet Rücksicht genommen. Es ist gezeigt, dass der der Gleichung Nr. 1 zu Grunde liegende Satz:,,Wirkung proportional der wirkenden Masse", welchen man den Fundamentalsatz der chemischen Mechanik nennen darf, schon im Jahre 1777 durch C. F. Wenzel ausgesprochen wurde.

§ 46. Chemische Vorgänge zweiter Ordnung.

A.

Das im vorigen Paragraphen Gesagte gilt zunächst für homogene Systeme ohne Trennungsflächen; ferner unter der Voraussetzung, dass nur ein Stoff umgewandelt wird, oder bei den betreffenden Umwandlungen nur ein Stoff in Betracht kommt, weil die anderen etwa noch mitwirkenden in so grosser Menge vorhanden sind, dass die durch den chemischen Vorgang bewirkte Aenderung dieser Menge nicht berücksichtigt zu werden braucht.

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Wirken bei einem chemischen Vorgange zwei Stoffe, deren Mengenveränderlichkeit in Betracht gezogen werden muss, so hat man es mit einer Reaction II. Ordnung" zu thun. Es ist dann am naturgemässesten, die Annahme zu machen, dass in jedem Augenblicke die Reactionsgeschwindigkeit v proportional sei den wirksamen Mengen eines jeden jener Stoffe und zwar dem Produkte dieser Mengen, weil v stets zu Null wird, wenn eine dieser Mengen gleich Null ist.

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wobei A und B die ursprünglichen Mengen der wirksamen Stoffe

bezeichnen, x die zu der Zeitt umgewandelte Menge derselben und Keine zunächst nicht näher bekannte Constante, deren Werth sich aus den betreffenden Versuchen zu ergeben hat.*)

Die Differentialgleichung aller chemischen Vorgänge zweiter Ordnung lautet mithin:

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wobei als Einheiten die in Grammen ausgedrückten Aequivalentgewichte (Molekulargewichte, Molekulargramme, vergleiche § 45, A) zu benutzen sind, so dass man die Aenderungen beider Stoffmengen durch dieselbe Variabele x ausdrücken kann, die dann zugleich das Maass des Reactions productes ist.

Es soll nun die Gleichung Nr. 2 integrirt, nämlicht als Function von x, wie auch x als Function von t berechnet werden und zwar

I. für den Fall, dass die in Wechselwirkung tretenden Stoffe äquivalent sind, also BA ist,

II. für den allgemeineren Fall: BA.

Dabei möge, für beide Fälle, die Zeit von dem Augenblicke an gezählt werden, in welchem der chemische Vorgang beginnt, so dass

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ist. Auch soll man, in beiden Fällen, aus den Ergebnissen der Integration ableiten, welchen Werth x für unendlich lange Zeit hat.

Lösung. I. Aus der für BA geltenden Differential

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folgt durch Integration und mit gehöriger Ausnutzung der Bedingung Nr. 3:

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*) Gemäss Nr. 1 ist die auf rechtwinklige Coordinaten bezogene Geschwindigkeitslinie v = f(x) eine Curve zweiten Grades. (Siehe § 4, A; desgl. die am Fusse der Seite 197 stehende Anmerkung.)

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Die drei letztgenannten Werthe anlangend, vergleiche man Dasjenige, was im § 45 am Schlusse des Abschnittes A (von) Gleichung 7 an) gesagt wurde.

II. Für den allgemeinen Fall (BZA) liefert Nr. 2:

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Spaltet man in Partialbrüche, integrirt und berücksichtigt wieder die Bedingung 3, so folgt für die Reactionszeit:

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Die Gleichungen 11 bis 15 entsprechen den Nummern 4, 6 und 7 des § 45. Es ist für Dieselben wieder das daselbst am Schlusse des Abschnittes A Hervorgehobene zu beachten.

B.

Soll die vorstehende Theorie durch Messungen bestätigt werden, so muss man Versuche derartig anstellen, dass sie die Unveränderlichkeit der Werthe

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welche gemäss Nr. 6 und 11 constant sind, nachweisen.

Dies ist geschehen und es hat das unter A Behandelte dadurch Sicherstellung empfangen. Das Verdienst, die Theorie mitgeschaffen oder Bestätigungen derselben geliefert zu haben, gebührt den Untersuchungen von Berthelot*), Harcourt und Esson**), Guldberg und W a age***), J. J. Hood†), W. Ostwald††), van 't Hoff und einigen Anderen.

C.

I. Für den von t1 bis to reichenden Zeitraum (man vergleiche § 45, D) tritt, was nachgewiesen werden möge, an die Stelle von Nr. 6:

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welche aussprechen, dass die Zeiten und die Stoffmengen von demjenigen Augenblicke an gemeint sind, in welchem t = t1 und x = x1 ist, so gehen die Gleichungen 18 und 19 über in

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was mit 6 und 11 in der Form ganz übereinstimmt.

*) Annales de chimie et de physique; 1862, tome 66, p. 110-128.

**) Philosophical transactions, 1866, S. 216 und folg.

***) Etudes sur les affinités chimiques; Christiania, 1867.

†) Philosophical magazine, 1878, II, p. 371-383.

††) Journal f. praktische Chemie, Band 27, (1883) S. 1–39.

II. Das Ergebniss Nr. 11 lässt sich aus 10 auch mittelst der bekannten Formel *)

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erfüllt ist, ableiten. Jedoch verdient die vorher (unter A, II) benutzte Spaltung in Partialbrüche den Vorzug. Man unterlasse nicht, sich hiervon zu überzeugen.

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Differentialrechnung bezüglich der Ermittelung des wahren Werthes derartiger Formen lehrt**), so folgt wieder Nr. 7. Der Nachweis möge auch hier nicht unterbleiben.

D.

Näheres, die chemischen Vorgänge zweiter Ordnung anlangend, findet man in den Ostwald'schen Werken über allgemeine Chemie, nämlich im Grundriss" auf Seite 294-296, im ,,Lehrbuch" auf Seite 626-633 des zweiten Bandes.

Neben dieser Literatur benutze man, wenn nöthig, diejenige, welche durch die Fussnoten der Seite 203 genannt wurde. Ferner: van 't Hoff, Ansichten über die organische Chemie, Theil II, Seite 11 und 100. Endlich: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin, J. 1871, Seite 340 und 341 (Abhandlung von Buchanan).

Bezüglich der geometrischen Darstellung der Zersetzungscurven (Gl. 8 und 13) möge Th. I, § 23, B und C, Beachtung finden.

*) Schlömilch, Compendium der höheren Analysis; Bd. 1, § 68 der 5. Auflage.

**) Schlömilch, Compendium; Bd. 1, § 32 der 5. Auflage.

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