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Antonio Canova.

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Wire der Schmerz über den Verlust eines von seinen

nächsten Umgebungen und von allen Gebildeten gleich hochgehaltenen Mannes ein Maßstab für die Größe seiner Trefflichkeit, so hätte die lehte Zeit kaum einen größern Berlust herbeigeführt als den von Antonio Canova. Unermüdetes Streben für das Schöne und Gute, nicht Vors züge der Geburt, haben Canova auf den Gipfel von Bes rühmtheit erheben, auf den er sich, trok sehr abweichens der Ansichten unter den Kunstrichtern, selbst in den Aus gen seiner Gegner erhalten hat, und Verdienste, die sich bei jedem menschlich Gesinnten Anerkennung verschaffen, machten ihn zu einem Gegenstande der Hochachtung auch für die strengsten Beurtheiler seiner künstlerischen Fehlgriffe.

Antonio Canova war am 1. Nov. des Jahres 1757 zu Possagno, einem Dorfe, geboren, das am Fuße der dfulanischen Hügel im Kirchensprengel von Trevigi liegt und dem Nobile Falieri damals gehörte. Sowol seint Bater Pietro als auch fein Großvater Pasino waren Bildhauer von Bedeutung für jene Zeit, denen häufig Grabdenkmäler, Kirchenverzierungen und ähnliche Arbei= ten aufgetragen wurden, wovon die Kirchen der Umge gend noch den Beweis liefern. Durch den Tod seines Baters ward Antonio schon in seinem dritten Lebensjahre eine Baise; und da sich seine Mutter Angela Zardo bald darauf wieder verheirathete, so blieb das Kind der

Gorge des Großvaters und seiner Muhme von Vater Seite, Katharina Ceccato, überlassen. Pasino wa ein Mann von rauher Gemüthsart, der durch den Ber lust seines Vermögens bei einer verunglückten Speculation Die Be mit Tuchwaaren nur herber geworden war. handlung unsers Canova entsprach seinem Wesen. An tonio fühlte sich bitter gekränkt durch ewige Vorwürfe, und, von Natur sehr empfänglich für jede Art Eindrücke, wünschte er sich oftmals den Tod. Einst war er schon nahe daran, sich von einem Gerüste herabzustürzen, als ihn der Großvater zurückhielt. Doch zog ihn sein kinds liches Herz slets wieder zum Grcise, den er durch Ach tungsbeweise zu bezwingen fuchte, in spätern Jahren feines begründeten Rufs durch Rath und thätige Hülfe unterstüßte. Seine Mutter hatte aus der zweiten Ehe seinen Sticfbruder, den `jeßigen Abbate Johann Baps tista Sartori.

›Unter Kümmernissen verging Antonios Jugend. Der Großvater Pasino übernahm es, sehr früh den jungen Antonio in den Anfangsgründen seiner Kunst zu unters weisen, um ihn zu etwas zu nüßen. Die Absicht war wohl nicht die wohlwollendste. Aber durch diese Schule gewann seine Hand mechanische Fertigkeit, während sein Geist zur Reife emporwuchs, und früh schon hatte er sich badurch den großen Vorzug zu eigen gemacht, mit ent sprechender Leichtigkeit die augenblicklichen Gaben und Eingebungen des Genius körperlich hinstellen zu können.

Allgemein bekannt ist es, wie ein Löwe aus Butter, den er in seinem zwölften Jahre in der Küche des Guts herrn Giovanni Falieri zu Pradazzi für den Tafelaufsak modellirte, fein Schicksal mit am entscheidendsten bestimmte. Der Nobile Falieri ward durch dies Kunstwerk auf den Knaben aufmerksam und gab ihn zu einem Bildhauer, Giuseppe Bernardi, gewöhnlich Toretti, in die Lehre, der als Neffe und Mündel des alten Torretto, eines damals in Venedig sehr bekannten Bildhauers, auch seinen Namen angenommen hatte und zu der Zeit gerade sich mehre Jahre lang in Pagnano, ganz nahe bei der åsolanischen Villa der Edeln Falieri, aufhielt. Es war gleich auss gemacht, daß nach Beendigung der angefangenen Arbeis fen Canova feinen Meister auch nach Venedig begleiten follte, und glücklich bewährte diese Versehung nach Venes big ihn vor einer übereilten Verheirathung, zu der die

Schönheit eines Mädchens, bas ihm eines Sonntags vorkam, den unreifen Künstler beinahe bewogen hätte. Doch diese Lehre, wo ohnehin nicht viel zu lernen war, dauerte nur kurze Zeit, denn Torretto starb, und Canova, der noch keineswegs Sicherheit, kaum das Nothwendige erreicht hatte, um sich in der Bahn zu halten, zu der er sich durch das aufmunterndste und Glück weiffagendste Selbstvertrauen berufen fühlte, war seiner eignen Leitung und seiner eignen Warnung nunmehr überlassen. Seit feiner Ankunft in Benedig hatte er die Geneigtheit seines edeln Gönners Falieri in höherm Grade gewonnen, und in des Commendatore Farsetti Galerie von Gypsabgüffen eine Quelle der Bildung und des Studiums ges funden, die feinem Genius keine Ruhe ließ. Der erste Auftrag, den er erhielt, kam vom Senator Falieri, seiz nem Gönner: jene Fruchtkörbe, die noch im Hause Fars fetti zu Venedig als die ersten Proben seines Talentes erhalten sind. Bald folgte ein zweiter Auftrag von dems felben Beförderer seiner Entwickelung: es war Orpheus und Eurydice, die man ihm auftrug, und zum ersten Male wagte er dazu die Natur als Vorbild zu wählen. Durch einen Freund fand er in dem Dorfe, wo er ge= boren war (denn dort wollte er die Gruppe ausführen), einen jungen Menschen, der ihm Modell stand; als er aber dem nackten Mädchen sich zum ersten Male gegens über sah, schrieb er als ein Schuhmittel der treubewahrs ten Verschämtheit ein memento mori an die Plinthe der thönernen Statue. Um der Natur treu zu bleiben, ging er oftmals zu Fuße von Possagno nach der Akademie von Benedig, nach dem Nackten zu zeichnen, und kehrte dann rasch wieder heim, die frischen Eindrücke sich zu ers halten. Das Gelingen seiner Arbeit, die noch in Pras bazzi vorhanden ist, zog neue Bestellungen nach sich: eine Büste des Dogen Renier, die bald zu Stande ge= bracht war, und eine Wiederholung des Orpheus, die zu manchen Verbesserungen ihm Gelegenheit gab. Für größere Aufgaben fehlten ihm. noch die Kräfte, wie er an sich selbst erfuhr. Die Marchese Spinola gab ihm eine Statue des Aeskulap in Auftrag, die sieben Fuß hoch sein und in den Zugen des Gesichts Aehnlichkeit mit dem Senator Alvise Valleresso zeigen sollte. Aus Unbekanntschaft mit dem Typischen der durch die antiken Künstler festges felten mythischen Gestalten, mißrieth die Bekleidung durchs

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aus, und Canova hielt es für ein Glück, daß die Statue nicht in Pra della Valle zu Padua ihren Platz fand, wie anfänglich bestimmt war. Sie kam in den Besiß eines Advokaten zu Venedig gegen den Wunsch des Künstlers, der sie in Stücke zerschlagen hätte. Ueberhaupt war das Schicksal dieser frühesten Arbeiten Canova's bemerkenswerth. Von seiner Wiederholung der Gruppe des Ors pheus ift die Eurydice verloren gegangen, Orpheus steht ziemlich geflickt jest in Wien. Apollo und Daphne, eine Gruppe in weichem Steine, der mehre ähnliche nachfolgen sollten, die aber durch den Tod des Bestellers, des Tav. Rezzonico einzeln blieb, ist schon längst nicht mehr vorhanden. Es schien der Zufall zu wollen, daß nur Vollendeteres von ihm erhalten werde. Seine nächste Arbeit war Dádalus und Ikarus, eine Gruppe in Lebensgröße, der ein Tod der Prokris als Gegenstück folgen follte. Als das Gelungenere aus dieser frühern Be riode seiner Bildung gönnte der Künstler ihr in seinem Atelier neben den Werken der Meisterschaft ein Pläßchen. Treue Nachahmung der Modellnatur bis zu einem Grade, der in den Formen des Greises nicht wohlthut, beweist, daß Canova damals noch weit von der Ansicht entfernt war, die später aus seinen Werken hervorgeht. Als es zur Ausführung des Modells in carrarischen Marmor kam, konnte er von keinem Venezianer das Verfahren ablernen, wodurch man die Arbeit aus dem Rohen jest fo sehr erleichtert. Das Netz kannte er nur von Hörenfagen, und durch eigne Erfindung mußte er die Erfah rung ersehen. Wie Michel Angelo haute er daher nach dem Augenmaße die Rinde ab, und mit ein paar Punkten fand er seine Gestalten aus dem Blocke heraus. Doch gelangen fie und fanden wegen der damals so ungewohn ten Wahrheit der Formen überraschenden Beifall. Die Gruppe trug ihm hundert Zechinen ein, die seine Luft, Rom zu sehen, entflammten; Falieri empfahl ihn, im Einverständnisse mit diesem Plane, dem Ritter Girolamo Zulian, der eben als Botschafter der Republik nach Rom ging und Zulian, den Canova's Weise bald gewonnen hatte, wollte ihm eine jährliche Unterstüßung von Staats wegen zusichern, unter der Bedingung, daß er vier Jahre lang Copien nach Antiken für Venedig arbeite. Aber der Künstler verweigerte standhaft die Annahme dieses Borschlags. Copiren, das fühlte er, sei zwar sehr lehrs

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