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Strom keine unipolaren Erscheinungen zeigt. Liess man den Strom eines kleinen Inductionsapparates von passendem Widerstand der secundären Spirale durch die Körper hindurchgehen, so zeigte sich, dass der Oeffnungsstrom leichter hindurchfloss als der Schliessungsstrom, ebenso wie bei Gasen; ein in den Kreis geschalteter Multiplicator zeigte also eine Ablenkung. Contacte zwischen Metallen und selbst Röhren voll Kupferfeile zeigten keine Ventilwirkung, wohl aber krystallinisches Selen, in welches Platin- oder Eisenelectroden eingeschmolzen waren. Beachtenswerth ist, dass bei Selen, dessen Widerstand sich verhältnissmässig wenig mit der Intensität des constanten Stromes ändert, gerade ungemein starke Ventilwirkung stattfindet.

8. Liess man, während ein alternirender Inductionsstrom die Schwefelmetalle durchlief, gleichzeitig einen constanten Strom hindurchfliessen, so zeigte sich der Regel nach, dass der Widerstand für den constanten Strom geringer war, solange der Inductionsapparat spielte. Nur der erwähnte Bleiglanz zeigte an Stellen, welche für den constanten Strom Widerstandsvermehrung mit wachsender Stromstärke zeigten, auch eine Widerstandsvermehrung durch das Spiel des Inductionsstromes. Sein Verhalten war an einzelnen Punkten ganz constant, an anderen schlug es aber leicht in das gegentheilige um, stets aber in der Weise, dass wenn der Widerstand mit gleichzeitigem Durchgang des Inductionsstromes abnahm, er auch für den constanten Strom abnahm mit steigender Intensität desselben. Braunstein zeigte ein sehr constantes Verhalten, der Widerstand für den constanten Strom war nach Aufhören des inducirten Stromes sofort wieder der frühere. Röhren voll Metallfeile zeigten gleichfalls Widerstandsänderungen durch den Inductionsstrom, aber auch für den constanten Strom sehr veränderlichen, rasch schwankenden Widerstand. Der durch den Inductionsstrom geänderte Widerstand blieb auch für den constanten Strom bestehen, war also durch Contactänderung veranlasst. Bunsen'sche Kohle

zeigte bisweilen Ventilwirkung, bisweilen nicht; im letzteren Falle aber doch eine geringe Abnahme des Widerstandes für den constanten Strom, wenn der Inductionsstrom gleichzeitig hindurchging. Das schon früher erwähnte Stück weicher Graphit verhielt sich auch hier, obschon die Contacte wie dort (vgl. Nr. 3. b) angelegt waren, wie metallischer Widerstand.

Bei der Auswahl der im Vorhergehenden mitgetheilten Thatsachen war ich darauf bedacht, soweit als möglich entweder nach allgemeineren Gesichtspunkten zusammenzufassen oder solche Versuche auszuwählen, welche meiner Ansicht nach am ehesten auf diesem schwer zu übersehenden Gebiete weiter führen können. Die Analogie der Erscheinungen mit denjenigen, welche Gase in ihrem Verhalten gegen den Strom bieten, ist so auffallend, dass es eines besonderen Hinweises nicht bedarf. Ich gedenke im Anschluss an diese allgemeinere Uebersicht einige Details in einem weiteren Aufsatze zu geben, um wenigstens an einem oder zwei Stücken das Verhalten unter den verschiedensten Bedingungen zu erläutern. Ausführlichere Mittheilungen erscheinen so lange ohne Interesse, als es nicht gelingt, durchgängige Regelmässigkeiten zu finden. Als eine solche kann ich aber den Nachweis, dass unter gewissen Bedingungen die anomalen Erscheinungen ausbleiben, nicht betrachten und ich kann daher Versuchen, bei welchen nicht die Bedingungen in ähnlicher Mannichfaltigkeit abgeändert wurden, wie bei den mitgetheilten, eine Berechtigung zu allgemeinen Schlussfolgerungen nicht zugestehen.

Gegen eine Auffassung endlich, welche die von mir beschriebenen Versuche in durchgängigen Parallelismus. mit den von Hrn. Du Moncel mitgetheilten Beobachtungen (sur la conductibilité électrique des corps mediocrement conducteurs; C. R. 1875) stellt, wie dies der Berichterstatter für Naumann - Fittica's Jahresbericht über

die Fortschritte der Chemie zu thun scheint, muss ich entschieden Protest erheben. Es lag nicht in meiner Absicht, einen Bericht über Erscheinungen, welche ihren Ursprung im Feuchtigkeitsgehalt der Körper und dann vielleicht, bei ungleicher Electrodengrösse, in einer mit verschiedener Stromrichtung verschiedenen Polarisation haben, den Lesern dieses Journales vorzulegen.

VII. Zur Theorie der unipolaren Induction und der Plücker'schen Versuche: von Eduard Riecke.

(Aus den Göttinger Nachrichten, 1876, Nr. 13, vom Hrn. Verfasser mitgetheilt.

Die unipolare Induction und die damit zusammenhängen

den Plücker'schen Versuche sind in der letzten Zeit mehrfach Gegenstand der Erörterung geworden; Neumann hat diesen Versuchen eine solche Deutung gegeben, dass die Hypothese von der Existenz nur einer einzigen Art electrischer Theilchen, wie sie von Edlund vertreten wird, mit denselben völlig unvereinbar erschien, während auf der anderen Seite Edlund in denselben Versuchen gerade eine Stütze für jene Anschauung zu finden glaubte.

Diese sich widersprechende Auffassung einer und derselben Gruppe von Erscheinungen liess vermuthen, dass die gegenwärtig angenommene Theorie derselben eine Lücke enthalte, und ich habe es daher nicht für überflüssig gehalten, eine Theorie der angeführten Erscheinungen zu entwickeln, von der ich wünsche, dass sie zur Aufklärung der Missverständnisse einiges beitragen möge. Als Fundament für diese Theorie benutze ich, ebenso wie Wilhelm Weber in der im Jahre 1839 veröffentlichten Arbeit über die unipolare Induction, der ersten und einzigen, in welcher eine genaue quantitative experimentelle Untersuchung dieser Erscheinung ausgeführt ist, das Grund

gesetz der Magnetinduction, und es ist daher die im Folgenden gegebene Theorie in ihrem einen Theile vollständig identisch mit der Weber'schen Theorie; auf der anderen Seite ergiebt sich aber, dass in dieser letzteren Theorie eine Art von Kräften nicht berücksichtigt worden ist, welche bei den Plücker'schen Versuchen die allein wirksame ist. Es wird sich zeigen, dass die im Folgenden entwickelte Theorie mit den beobachteten Erscheinungen qualitativ in vollkommener Uebereinstimmung sich befindet, wodurch die Meinung Edlund's widerlegt wird, dass die Plücker'schen Versuche zur Entscheidung der Alternative zu Gunsten seiner Hypothese von der Existenz nur einer einzigen Art electrischer Theilchen etwas beitragen können. Andererseits ist aber auch die Auffassung Neumann's einer genaueren Begründung bedürftig, über welche am Schlusse des vorliegenden Aufsatzes einige Andeutungen gegeben werden sollen.

I. Induction eines bewegten Magnetpols auf einen ruhenden linearen Leiter.

Ist u die Masse des gegebenen magnetischen Punktes, sind a, b, c seine Coordinaten mit Bezug auf irgend ein rechtwinkliges Coordinatensystem, u, v, w seine Geschwindigkeitscomponenten, so ist die von demselben in dem betrachteten Momente seiner Bewegung an irgend einer Stelle x, y, z hervorgerufene electromotorische Kraft gegeben durch die Componenten:

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Diese unmittelbar aus dem Grundgesetz der Magnetinduction sich ergebenden Ausdrücke lassen sich auf zwei verschiedenen Wegen weiter transformiren; die eine Trans

formation, welche zuerst angewandt werden soll, ist von Vortheil, wenn es sich um die Wirkung eines bewegten Magnetpols auf einen geschlossenen Leiterkreis handelt; während mit Hülfe der zweiten Transformation die bei der Rotation eines gleichförmig magnetisirten Eisencylinders um seine magnetische Axe auftretenden Kräfte in besonders einfacher Weise sich darstellen lassen.

Befindet sich zunächst an der Stelle xyz ein lineares Leiterelement ds, dessen Projectionen auf die drei Coordinatenaxen bezeichnet werden mögen durch dx, dy, dz, so ist die in diesem Element durch den bewegten magnetischen Punkt inducirte electromotorische Kraft gegeben durch:

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Denken wir uns andererseits dasselbe Leiterelement ds von einem Strom von der Stärke 1 durchflossen, so lassen sich die Componenten der electromagnetischen Wirkung, welche von demselben ausgeübt wird auf den magnetischen Punkt u, darstellen durch die Ausdrücke:

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Mit Hülfe dieser Werthe ergibt sich dann für die auf das Element ds ausgeübte electromotorische Kraft der Ausdruck:

EdxHdy + Zdz = - Дu – Вv - гw.

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