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Unabhängig von beiden entdeckte Goethe1) die Polarisation des Regenbogens gelegentlich seiner Studien über die entoptischen Farben. Die Anschauung, welche er sich über die Natur des polarisirten Lichtes gebildet hatte, führte ihn zu der Vermuthung, dass in dem dunkeln Zwischenraum zwischen den beiden Bogen ,,ein in gewissem Sinne obliquirtes Licht bewirkt werde;" er war jedoch, als er den entoptischen Apparat gegen diese Stelle richtete, „nicht so glücklich, zu einem entschiedenen Resultate zu gelangen." Er fährt alsdann fort: So viel konnten wir bemerken, dass, wenn der Regenbogen selbst durch unseren entoptischen Cubus durchfiel, das weisse Kreuz erschien, und er sich also als directer Widerschein erwies." Diese Beobachtung muss vor dem 20. Juli 1820 gemacht sein, von welchem Tage die dem betr. Abschnitt der Farbenlehre vorausgeschickte „Ansprache" datirt ist. Arago 2) erblickt in der Polarisation des Regenbogens einen Beweis von der Richtigkeit der Descartes'schen Theorie; denn vermöge dieser werde das Licht in den Regentropfen unter Winkeln reflectirt, die von denen, unter welchen Wasser dasselbe vollständig polarisirt, wenig abweichen. Auf Grundlage der Fresnel'schen Reflexionstheorie ist es leicht, das Polarisationsverhältniss der ,,wirksamen" Strahlen zu berechnen. In Billet's Traité d'Optique physique (Tome I. §. 260) ist diese Rechnung durchgeführt. Bezeichnet man nämlich:

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die Ausdrücke für die Intensitäten des senkrecht und des parallel zur Einfallsebene schwingenden Lichts, für den zweiten Regenbogen dagegen hat man:

1) Zur Farbenlehre; Entoptische Farben, XXXI.

2) Ann. d. Ch. XXXIX. p. 43′).

Pogg. Ann. XV.

p. 537.

A' = { (1 − α)2 ɑ2 und B'= {(1 − p)2 p2;

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Werthe in sie einführt, das Verhältniss des polarisirten Antheils zur gesammten Lichtmenge an. Für den ersten Regenbogen findet man 0.924, also fast vollständige Polarisation, für den zweiten 0.808, wenn n = angenommen

wird.

Nach dieser Erinnerung an Längstbekanntes, welche mir nicht überflüssig zu sein scheint, erlaube ich mir noch auf einige Beziehungen hinzuweisen, welche ich noch nirgends erwähnt gefunden habe. Für den ersten Regenbogen gilt nämlich der bemerkenswerthe Satz:

Die Descartes'sche Incidenz ist diejenige, bei welcher für jede Substanz und jede Farbe, nach Fresnel's Reflexionstheorie, des zur Einfallsebene senkrecht schwingenden Lichtes reflectirt wird.

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ist mit Rücksicht auf das Brechungsgesetz sin i = n sin identisch mit der Gleichung:

2 cos in cos r,

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welche für den ersten Regenbogen die Richtung der wirksamen Strahlen bestimmt.

Für das in der Einfallsebene schwingende Licht dagegen hat man:

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Für eine Substanz, deren Brechungsverhältniss n = √2 wäre, würde dieser Ausdruck verschwinden, und demnach

die Polarisation des ersten Regenbogens eine vollständige sein.

Für die Bogen höherer (mter) Ordnung gelten in ähnlicher Weise die Gleichungen:

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Für jeden derselben lässt sich daher ein dem obigen analoger Satz aussprechen.

Bei sämmtlichen Bogen besitzen die wirksamen Strahlen das Maximum der Polarisation; in den anderen Ablenkungsrichtungen kommen nämlich immer zwei Strahlen zusammen, deren Polarisation zusammengenommen geringer ist als diejenige des wirksamen

Strahls.

Bei einem Prisma entspricht dem Minimum der Ablenkung auch das Minimum der Polarisation. Das Licht der Halo's, welche durch Brechung in Eisprismen entstanden sind, zeigt sich daher nur schwach polarisirt; nach Billet's Rechnung (a. a. O.) beträgt das Verhältniss des polarisirten Lichtes zur Gesammtlichtmenge bei dem Halo von 22° nur 0.0365, bei demjenigen von 46° aber 0.162. Während beim Regenbogen die Polarisationsebene radial gerichtet ist, hat sie bei den Halo's die tangentiale Lage, was durch Beobachtungen von Brewster1) und Bravais 2) bestätigt worden ist.

X. Zur Geschichte der Erfindung des Aräometers; von E. Gerland,

Das älteste Aräometer ist das mit constantem Gewichte und gleichförmiger Scala. Man hat, wohl auf Musschen

1) Sillim. J. (2) X. 499. 2) Inst. Nr. 852. p. 140.

broek's Autorität hin, lange Zeit seine Erfindung der unglücklichen Hypatia zugeschrieben, die 415 n. Chr. von den Christen in Alexandria getödtet wurde. Die Stelle bei Musschenbroek lautet: „Hygrometrum1) sub fine quarti seculi dicitur inventum a Hypatia, Theonis filia, ut ex Sinesii Cyrenaici Epistola XV colligitur." Dieser Brief aber, welchen Synesius, Bischof von Ptolemais, an seine Lehrerin Hypatia schrieb, führt so wenig auf die Behauptung Musschenbroek's, dass vielmehr die gerade entgegengesetzte daraus zu entnehmen ist. Dieses ist sein Wortlaut: „Οὕτω πάνυ πέπραγα πονήρως, ὥστε υδροσκο πίου μοι δεῖ· ἐπίταξον αὐτὸ χαλκευθηναί τε καὶ συνωνη θῆναι. Σωλήν ἐστι κυλινδρικός, αὐλοῦ καὶ σχῆμα καὶ μέγεθος ἔχων· οὗτος ἐπί τινος εὐθείας δέχεται τὰς κατατομὰς, αἷς τῶν ὑδάτων τὴν ῥοπὴν ἐξετάζομεν. Επιπωματίζει γὰρ αὐτὸν ἐκ θατέρου κῶνος κατὰ θέσιν ἴσην ἐγκείμενος, ὡς εἶναι κοινὴν βάσιν ἀμφοῖν τοῦ κώνου τε καὶ τοῦ σωλῆνος. Αὐτὸ δὴ τοῦτό ἐστι τὸ Βαρύλλιον. Οταν οὖν εἰς ὕδωρ καθῇς τὸν αὐλὸν, ὀρθὸς ἑστήξει καὶ παρέξει σοι τὰς κατατομὰς ἀριθμεῖν· αἱ δὲ τῆς ῥοπῆς εἰσι γνωρίσματα." Petav, der 1640 die Schriften des Synesius herausgab, wollte dies auf den Chorobates des Vitruv, eine Nivellirwage deuten, obwohl Constantin bereits 70 Jahre vorher die Stelle richtig verstanden hatte. Fermat aber erklärte kurz nach dem Erscheinen von Petav's Ausgabe das Hydroskopium für das Aräometer und überzeugte auch Petav leicht von der Richtigkeit seiner Ansicht. Es kann in der That keinen Augenblick zweifelhaft sein, dass Synesius das Aräometer meint und wir werden später zu untersuchen haben, ob diese Beschreibung die älteste des Instrumentes ist, die uns das Alterthum überliefert hat. Musschenbroek aber und die, welche mit ihm die Hy

1) Musschenbroek, Introductio ad philosophiam naturalem, Lugd. Bat. MDCCLVII. p. 522.

2) Joh. Christ. Wolfius, Mulierum Graecarum Fragmenta et Elogia. Göttingen MDCCXXXIX. p. 74, cf. Beckmann, Beyträge zur Geschichte der Erfindungen. Leipzig 1795. IV. p. 249 ff.

patia für die Erfinderin des Aräometers halten, müssen den 15. Brief des Synesius gar nicht gelesen haben, sonst hätten sie diese Ansicht nicht aufstellen können.

In neuerer Zeit hat man wohl einstimmig Archimedes für den Erfinder des Aräometers erklärt. Muncke1) hält es für ausgemacht, dass Archimedes ein gut construirtes Aräometer von Blech mit einer in Grade getheilten Scala erfand oder mindestens gebrauchte." Poggendorff sagt im biographisch - literarischen Handwörterbuch 2) unter Hypatia, dass die Erfindung der Senkwage dem Archimedes angehöre, und im Handwörterbuch der Chemie:3) ,,Gewöhnlich wird Hypatia. . . als die Erfinderin derselben. (Aräometer von bestimmtem Gewicht mit gleichförmiger Scala) genannt; es ist indessen erwiesen, dass schon Archimedes ... dieselben gebraucht hat." Marbach1) schliesst sich der Ansicht Muncke's an, Dove) sagt noch bestimmter: Die Aräometer ,,sind in ihrer Form fast genau noch der Beschreibung entsprechend, welche sie nach Rhemnius Fannius Palaemon (de Ponderibus et Mensuris) von Archimedes erhalten." Diese übereinstimmende Ansicht gründet sich, wie die Citate ergeben, auf eine Arbeit Salverte's,) die unter dem Titel: Wer hat das Aräometer erfunden? in Gilbert's Annalen aus den Annales de Chimie hinübergenommen ist. Darin wird aus Vers 104 bis 121 des erwähnten Gedichtes von Rhemnius Fannius, der unter Tiber, Caligula und Claudius gelebt habe, zu beweisen gesucht, dass das Aräometer bereits 300 Jahre vor Hypatia bekannt gewesen sei, da die angeführte Stelle

1) Gehler's physikalisches Wörterbuch. I. p. 350.

2) Poggendorff, biographisch literarisches Handwörterbuch. I. p. 1166.

3) Handwörterbuch der reinen und angewandten Chemie, begr. von Liebig, Poggendorff und Wöhler, 2. Auff. red. von Fehling. II. p. 174.

4) Marbach, physikalisches Lexikon. 2. Aufl. 1850. I. p. 278. 5) Dove, Maass und Messen. 2. Aufl. p. 160.

6) Ann. d. Ch. An 6. XXVII. p. 113. Gilbert's Annalen. VI. p. 125. 1800.

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