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Wie man sieht, sind die Abweichungen in beiden Reihen von gleicher Ordnung, so dass die Gleichung die Beobachtungen vollständig darstellt. Dass die Differenzen zwischen Beobachtung und Rechnung die unvermeidlichen Beobachtungsfehler nicht überschreiten, ergibt sich daraus, dass ein Fehler in der Bestimmung der Temperaturdifferenz t1-t2 von 0.01 Grad den Werth der berechneten mittleren specifischen Wärmen c im Durchschnitte um 0.0012 ändert. Würde z. B. bei der vorletzten Beobachtung der 6 Reihe die Endtemperatur des Calorimeters um 0.02° höher genommen, so erhielte c den Werth 1.0063 anstatt 1.0035. Man sieht, dass eine grössere Genauigkeit, wo es sich um die Bestimmung dreier Temperaturen und der Correction für den Wärmeverlust handelt, sich nicht erreichen lässt.

Die aus dem wahrscheinlichen Fehler sich ergebende Unsicherheit in dem Werthe des Temperaturcoefficienten würde betragen:

0.0000099,

so dass also die specifische Wärme des Wassers bei der Temperatur t danach zwischen:

und:

liegen würde.

k = 1 + 0.0002920 t

k=1+0.0003118 t

In Betreff der Genauigkeit dieses für die specifische Wärme des Wassers sich ergebenden Ausdrucks kann noch. die Frage aufgeworfen werden, ob die vorhin gemachte Voraussetzung, dass bei dem Ueberfliessen des Wassers in das Calorimeter keine merkliche Wärmeabgabe stattfinde, hinreichend sicher sei. Wie erwähnt, war die grösste Strecke, welche das Wasser in der Luft zu durchfallen hatte, etwa 3.5, die kleinste 0.5 Ctm. Im Mittel betrug dieselbe somit 2 Ctm. Da sich die Ausflussgeschwindigkeit zu rund 150 Ctm. ergeben hat, wurde der Weg im Mittel in 0.0133 Secunden zurückgelegt. Um wenigstens

einigermaassen die etwaige hierbei mögliche Abkühlung zu übersehen, kann man die von Dulong bestimmten Erkaltungsgeschwindigkeiten eines mit Wasser gefüllten Thermometers, welches in der Luft sich abkühlt, zu Grunde legen. Für die Wärmemenge, welche bei einem Temperaturüberschuss von 40° über die Temperatur der Umgebung durch ein Quadratcentimeter in einer Minute nach aussen abgegeben wird, erhält man aus den Dulong'schen Zahlen etwa 0.9 Wärmeeinheiten, für die Secunde somit 0.015 und in 0.0133 Secunden 0.0002 Wärmeeinheiten. Das überfliessende Wasser bildet einen Cylinder von im Mittel 2 Ctm. Länge und 0.5 Ctm. Durchmesser, die Oberfläche ist danach 3.14 Quadratcentimeter. In der 6. Reihe der Beobachtungen ist die Temperatur des Wassers etwa 40° höher als die der Umgebung. Dort gibt also der Wassercylinder in der Zeit des Ueberfliessens etwa 0.0006 Wärmeeinheiten nach aussen ab. Da nun das Gewicht des in dem Wasser enthaltenen Cylinders 0.392 Gr. ist, so folgt hieraus als Temperaturerniedrigung des Wassers 0.0015 Grad. Würde man die Abkühlung selbst gleich der siebenfachen dieser Schätzung nehmen, so würde das erst das Mittel der specifischen Wärme der 6. Reihe um 0.00028 vergrössern. Würde man diesen Fehler bei allen mittleren specifischen Wärmen der sechs Reihen annehmen, so würde die Constante a um 0.000015 grösser zu setzen sein. Da indess diese vorausgesetzte Abkühlung sicher viel zu gross ist, so sieht man, dass es einer Correctur wegen der Abkühlung nicht bedarf, dass wir somit als wahrscheinlichen Werth für die specifische Wärme des Wassers bei to erhalten:

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Die Werthe von k wachsen nach diesen Versuchen zwischen 0° und 70°, oder wenn man sich erlaubt über die Grenzen der Versuche etwas hinauszugehen, zwischen 0° und 100° etwas stärker als nach den Versuchen des Hrn. Regnault, aber viel langsamer als nach den Ver

suchen der Herren Jamin und Amaury. Es wird näm

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Nach der Gleichung der Herren Jamin und Amaury, in welcher das von 2 abhängige Glied unter 100° nur einen sehr geringen Einfluss hat, würde das Wachsthum der specifischen Wärme fast genau das vierfache sein, während nach der Regnault'schen Gleichung der Zuwachs bei 100° etwas weniger als die Hälfte des nach den neuen Versuchen sich ergebenden wäre.

Um die Resultate dieser Versuche auch mit Hrn. Bunsen's Bestimmung der Schmelzwärme des Wassers zu vergleichen, bemerke ich, dass, die specifische Wärme des Wassers bei 11° als Einheit gesetzt, der Bunsen'sche Werth 80.90 würde, somit 1 Procent grösser als der von Person und 2 Procent grösser als der von Hess.

Das Temperaturintervall bei den vorliegenden Versuchen ist allerdings zu klein, um die Form der Interpolationsformel für k sicher festzustellen; so glaube ich nicht, dass allgemein ein einziges von der Temperatur abhängiges Glied genügt. Indess das ist aus den Versuchen mit Sicherheit zu schliessen, dass innerhalb 20° und 70° die Gleichung die specifischen Wärmen bis auf 0.1 bis 0.15 Procent genau wiedergibt.

Aachen, den 22. Juli 1877.

IX. Ueber die physikalische Natur der

Sprachlaute; von H. Grassmann.

Seit dem Jahre 1832, wo in Pogg. Ann. XXIV. p. 397

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die bahnbrechende Arbeit von Robert Willis, Ueber Vocaltöne und Zungenpfeifen" erschien, bin ich unausgesetzt bemüht gewesen, die Theorie der Vocallaute und der Sprachlaute überhaupt auszubilden und fest zu begründen. Unmittelbar trat mir aus jener Arbeit der Mangel entgegen, dass Willis nur eine Reihe von Vocalen, nämlich u, o, a, e, i aufgefunden haben wollte, während doch die Vocale ebenso wie die Farben nur durch Vertheilung auf einer Fläche vollständig dargestellt werden können. Und bei der Wiederholung der Versuche ergab sich, dass der mittlere jener Vocaltöne von dem Charakter des a sehr weit verschieden war, und es darauf ankam, diesen Charakter festzustellen. Aus den Versuchen von Willis folgte, dass das den Vocal bestimmende ein höherer, mit dem Grundtone zugleich leise erklingender Ton sei, der mit jenem verschmelzend eben den Eindruck des Vocales hervorrief. Diese höheren Töne mussten sich also auch bei dem Aussprechen eines Vocales bei gehöriger Achtsamkeit vernehmen lassen. Es gelang dies so vollständig, dass ich auf diese Beobachtungen eine vollständige Theorie der Vocaltöne gründen konnte, welche allen billigen Anforderungen, die man an eine solche Theorie stellen kann, genügte. Die Grundzüge dieser Theorie habe ich im Jahre 1854 im Programme des Stettiner Gymnasiums am Schlusse eines hauptsächlich für meine Schüler bestimmten Leitfadens der Akustik veröffentlicht. Es heisst darin (p. 14) wörtlich: „Die Stimmbänder setzen zugleich die in der Mundhöhle befindliche Luft in Schwingungen; es entstehen dadurch leise Nebentöne, welche je nach der Form, die man der Mundhöhle gibt, verschieden ausfallen, und welche der Reihe der har

monischen Töne angehören, die den Ton der Stimmbänder zum Grundton hat. Auf diese Weise entstehen die Vocale. Ein aufmerksames Ohr hört leicht beim Uebergange von u durch zu i eine Reihe leiser harmonischer Nebentöne, welche welche vom zweigestrichenen e bis zum fünfgestrichenen c fortschreiten können und welche man bei denselben Mundstellungen auch für sich hervorbringen kann. Beim Vocale a klingt eine ganze Reihe der harmonischen Nebentöne mit, welche das Ohr in der Regel noch bis zur vierten Octave vom Grundtone aus wahrnehmen kann, so dass also bei dem a ein voller Accord von Nebentönen mitklingt. Hierdurch ist zugleich der Uebergang von a durch o zu u, sowie der von a durch e zu i, oder durch ö zu erklärt."

Diese Stelle in meinem Programm, in welcher unter der Reihe der harmonischen Nebentöne, die jetzt in der Regel als Obertöne oder Partialtöne bezeichneten Töne verstanden sind, ist, obwohl sie eine vollständige Theorie der Vocaltöne, an der es bis jetzt noch fehlte, in sich schliesst, gänzlich unbeachtet geblieben.

Fünf Jahre später trat Hr. Helmholtz (Gelehrte Anzeigen d. k. bayr. Akad. d. Wiss. 18. Juni 1859) mit einer Reihe wichtiger Versuche über Vocaltöne hervor, in denen er theils gegebene Vocaltöne in ihre einfachen Elemente aufzulösen versuchte, theils einfache Töne zusammensetzte, um aus ihnen Vocale zu bilden. Doch waren die Versuche nicht zahlreich und schlagend genug, um daraus auch nur annähernd eine Theorie der Vocaltöne ableiten zu können. Diese Versuche hat er dann in seinem berühmten Werke „Die Lehre von den Tonempfindungen, Braunschweig 1863" zum Theil ergänzt, ohne jedoch auch hieraus eine wirkliche Theorie der Vocaltöne ableiten zu können. Als Resultat seiner Beobachtungen gibt Helmholtz an, dass in der Reihe der Vocale u, 0, a nur je ein charakteristischer, d. h. stärker als alle übrigen her

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