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zu setzen scheint, werden wie oben bereits gesagt wurde - jene Bücher nur unter bestimmten Bedingungen davon betroffen. Daher sollen hier zunächst die Klassen der durch päpstliche Schreiben verbotenen Schriften, die zwar als solche im neuen Index ausdrücklich vermerkt sind, aber dennoch nicht die Exkommunikation des Artikels 47 nach sich ziehen, aufgezählt werden.

1. Zunächst trifft die genannte Exkommunikation nicht zu bei Schriften und Büchern, welche vor dem 5. März 1664 durch Papstbriefe verboten wurden. Denn unter diesem Datum hob Papst Alexander VII. durch das Breve „Speculatores" 1 in seiner Neuausgabe des Index alle früheren derartigen Strafbestimmungen auf, mit Ausnahme der Verfügung in der Indexkonstitution Pius' IV. „Dominici gregis" des Jahres 1564 und der ähnlichen Verfügung der Bulle In Coena Domini, welche sich auf häretische Bücher beziehen. Weder Pius IX. noch Leo XIII. hat dieselben erneuert.

Es gehören demnach zu dieser Klasse außer allen vor 1600 unter Exkommunikation durch Papstbriefe verbotenen Büchern auch die Schriften, welche durch das Breve Klemens' VIII. vom 21. August 1602 und durch die Bulle Urbans VIII. vom 6. März 1642 verboten wurden. Unten, wo von diesen Schriften im einzelnen die Rede sein wird, soll der Grund angegeben werden, der Alexander VII. zu der Zurückziehung jener Strafbestimmungen bewog. Hier wie bei allen folgenden Klassen versteht es sich von selbst, daß wenn ein Buch in der Tat ein häretisches Buch ist, das infolge des ersten Teiles des Artikels 47 die Kirchenstrafe nach sich zieht, die Lesung usw. desselben dennoch von der Exkommunikation getroffen wird. Für gewöhnlich wird dies der Fall sein, wenn die Lehre der verbotenen Bücher in den betreffenden Papstschreiben ausdrücklich als „häretisch" gekennzeichnet ist.

2. Die zweite Klasse besteht einzig aus den verbotenen Schriften des Natalis Alexander; denn wir haben hier den vereinzelten Fall, daß ein Papst (Benedikt XIV.) die Strafe der Exkommunikation, welche durch päpstliche Breven über die verurteilten Schriften des berühmten Kirchengeschichtschreibers Alexander verhängt war, ausdrücklich zurücknahm. (Siehe unten 2. Teil XI.)

3. Eine dritte Klasse setzt sich zusammen aus den Büchern, die zwar nach 1664 durch Papstschreiben verboten wurden, allein entweder ohne jegliche Zensur oder wenigstens nicht unter der dem Papste reservierten Exkommunikation. Es müssen also alle Papstschreiben des Index Leos XIII. daraufhin untersucht werden.

Die Kirchenrechtslehrer erklären nämlich, daß Pius IX. in der Bulle „Apostolicae Sedis" einerseits die Zensuren überhaupt mildern und verringern, anderseits aber durch die neue, strengere (dem Papste „speciali modo“, auf besondere Weise vorbehaltene) Zensur für die durch Papstbriefe verbotenen Bücher wenigstens etwas treffen wollte, also nur die Bücher, welche früher in diesen päpstlichen Schreiben unter der damals strengsten Zensur, der dem Papste reservierten Exkommunikation. verboten waren.

1 Bullar. Taurin. XVII 234 f.

4. Zur vierten Klasse kann man diejenigen in Papstbriefen verbotenen Bücher rechnen, welche darin zwar unter der reservierten Exkommunikation verboten sind, jedoch nicht „namentlich" mit ihrem Titel aufgeführt werden.

5. Schließlich kann man nach dem oben (S. 2 f) Gesagten eine fünfte Klasse aus den in Papstbriefen unter reservierter Exkommunikation verbotenen Schriften zusammenstellen, welche nicht eigentliche „Bücher“ im Sinne des Artikels 47 sind, also alle kleineren Schriften, Thesen, Aktenstücke, Briefe und ähnliche Drucksachen geringeren Umfanges sowie Handschriften irgend welcher Art. Auch diese sind nicht oder nicht mehr unter Exkommunikation verboten.

Um nun im einzelnen festzustellen, welche von den durch apostolische Schreiben im Index Leos XIII. verbotenen Schriften zu den obigen fünf Klassen gehören und welche nicht, mit andern Worten: welche Bücher in Wirklichkeit durch den zweiten Teil des Artikels 47 heute unter der dem Papste auf ganz besondere Weise vorbehaltenen Exkommunikation untersagt sind, war es nicht bloß notwendig, alle derartigen päpstlichen Aktenstücke aufzusuchen und zu prüfen, sondern es mußten auch die Originale aller in denselben verurteilten Schriften selbst aufgefunden werden. Der Verfasser hat diesen „labor improbus" auf sich genommen und gibt im folgenden die Ergebnisse seiner Forschung.

Überall wird an erster Stelle der Papstbrief, das Aktenstück selber, mit seinem Fundort verzeichnet. Schon der Gleichförmigkeit wegen mußte jedesmal von diesen Urkunden ausgegangen werden, da in verschiedenen derselben mehrere Bücher oder Schriften verboten sind, die naturgemäß erst nach Angabe des betreffenden päpstlichen Dokumentes aufgezählt und beschrieben werden.

Bei dieser Zitation wird alsdann der Inhalt der Urkunde nur insoweit, als es für den besondern Zweck dieser Studie nötig erscheint nach Art von Regesten kurz wiedergegeben. Und danach läßt es sich für die einzelnen in den Papstbriefen vermerkten Schriften genau angeben, in welcher Weise sie heute verboten sind.

Es wird sich schließlich herausstellen, daß durch den zweiten Teil des Artikels 47 in der Tat nur wenige von den als durch päpstliche Schreiben verbotenen und noch im neuen Index Leos XIII. eigens verzeichneten Schriften getroffen werden. Dieser ganze zweite Teil des Gesetzesparagraphen hat also nur geringe Bedeutung, zumal die meisten der genannten wenigen Bücher seltene, schwer auffindbare Druckschriften sind. Vielleicht könnte deshalb heute das Verbot unter Exkommunikation der in apostolischen Briefen verurteilten Bücher nicht bloß ohne Nachteil, sondern sogar mit Nutzen aufgegeben werden, weil dadurch eine große Unklarheit im Gesetze beseitigt würde.

Im Artikel 47 wird nämlich die Lesung usw. der durch Papstschreiben verurteilten Bücher mit der strengsten Zensur bedacht. Die in dieser Weise verbotenen Schriften werden auch im einzelnen noch im neuen Index Leos XIII. ausdrücklich als durch päpstliche Bullen, Breven usw. untersagt aufgeführt. Trotzdem sind von diesen Schriften in Wirklichkeit nur vereinzelte, nur dem Fachmann erkennbare unter jener Kirchenstrafe verboten.

Dabei ist noch zu bedenken, daß seit dem Jahre 1800 überhaupt nur sieben derartige päpstliche Schreiben ergingen, unter denen sich nur drei befinden, welche jetzt noch beim Artikel 47 in Frage kommen, und daß man seit rund fünfzig Jahren kein einziges päpstliches Aktenstück dieser Art kennt. Die in den Papst briefen verbotenen Schriften liegen also nicht

bloß selbst außerhalb des Bereiches des Durchschnittslesers, sondern die ganze Einrichtung scheint fast außer Gebrauch gekommen zu sein, sicherlich ein Grund mehr, auf die einfachste Weise Klarheit in dieser Frage zu schaffen.

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Allein solange die einzig zuständige kirchliche Autorität den Artikel 47 der Bulle Officiorum ac munerum" unverändert beibehält, muß sowohl der Kanonist als der Moralist im einzelnen über die hier in Frage stehenden Schriften Auskunft geben können. Die vorliegende Abhandlung scheint daher nicht bloß historischen und bibliographischen, sondern auch wenigstens heute noch kirchenrechtlichen Wert und praktische Bedeutung zu haben.

Am Schluß der Arbeit wird der dritte Teil in den Anlagen alle Papstschreiben mit Bücherverboten ausführlich im Abdruck wiedergeben, welche noch nicht in einem uns bekannten Drucke weiteren Kreisen zugänglich gemacht wurden. Dieselben stammen aus dem Vatikanischen Archiv und aus dem Archiv der Breven zu Rom. Durch diese Beigabe wird die Sammlung der apostolischen Schreiben über verbotene Bücher in den Bullarien und andern Urkundenbüchern vervollständigt.

Im folgenden wird mit M. gr. die griechische, mit M. 7. die lateinische Vätersammlung von Migne, mit Corp. script. Corpus scriptorum ecclesiasticorum latinorum, Vindobonae 1866 ff, bezeichnet.

Mansi und Harduin weisen auf die von diesen herausgegebenen Konziliensammlungen,
Jaffé und Potthast auf die Regesta Pontificum Romanorum der genannten Schriftsteller,
Denzinger auf die 9. Auflage des Enchiridion hin.

Du Plessis d'Arg. bedeutet: Collectio iudiciorum de novis erroribus, opera et studio Caroli Du Plessis d'Argentré I—III, Lutetiae Parisiorum 1724–1736.

Bull. Lux. =

Magnum Bullarium Romanum I-XIX, Luxemburgi 1742-1758. Bull. Taur. = Bullarum Roman. Pontificum Taurinensis editio I-XXIV, Augustae Taurinorum 1867-1872.

Contin. Bull. = Bullarii Romani Continuatio III—IX, Prati 1842—1856.

Denifle Chartular.

=

Chartularium Universitatis Parisiensis, ed. Henricus Denifle et

Aemilius Chatelain, Parisiis 1889-1897.

Erster Teil.

Die durch päpstliche Schreiben vor dem Jahre 1600 verbotenen Bücher nebst denen aus der späteren Zeit, welche nicht im Index Leos XIII.

vermerkt sind.

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