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Hemsterhuis darüber sagt, verdient dass ich es hier anführe, wenn auch dem kritischen Sprachforscher noch mancherlei Einwendungen dagegen beifallen sollten *. Ich wollte izt, ich wäre dem Beispiel des Hrn. Prof. Morus gefolgt, der in der Ausgabe der Xenophontischen Geschichte der Griechen das vv und our beibehielt, wie es in den vorhergehenden Ausgaben stund. Mir scheint dies immer noch der sicherste Weg.

Von jeder geringfügigen Abweichung in Ansehung der Unterscheidungszeichen in den Noten Rechenschaft zu geben, wäre sehr überflüssig gewesen. Nur in solchen Fällen kann man dieses erwarten, wo sich mit der geänderten Interpunktion zugleich der Sinn des Autors verändert und alsdenn unterliefs ich nicht darüber einen Wink zu geben. In hundert andern Stellen, die mir durch eine kleine Abweichung von der Stephanschen Interpunktion mehr Licht und Deutlichkeit zu gewinnen schienen, glaubte ich meinem Urtheil stillschweigend folgen zu dürfen. Da codicem probe interpunctum, sagte Gatakers Lehrer, commentarii iusti vicem habebit. Es wäre nur zu wünschen dafs man auch in den griechischen Druck die bei andern Sprachen üblichen und oft so nöthigen Semikolons und Ausrufs- oder Verwun

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*) Im Reitzischen Lucian T. I. p. 94. Atticis, et quidem solis, est proprium ξυν scribere pro συν. Verum illa litterae mutatione non aeque omnes Attici, nec in iisdem utuntur vocabulis. Qui veterem Arvida secutus est Thucydides, singulis propemodum habet paginis ξυν, ξυμβάλλειν, ξυντιθέναι, ξύμμαχος, ξυμφορά etc. Aristophanes etiam hoc multo frequentius quam alterum illud. In Platone autem, Demosthene atque aliis, qui novam et emollitam Atticae dialecti formam usurparunt, tantum non semper legas συνιέναι, συντιθέναι, ovμuazos etc. In Sophistis recentioribus tanta apparet in utramque partem scribendi diversitas, ut certa quaedam iniri ratio non possit. Credibile quidem est, in istis haud sane magni momenti librarios a vera scriptorum manu saepius aberrasse: sed de Thucydide dubitare nos Lucianus, cui principum criticorum observationes legendi fuit copia, non patitur. Quandoquidem vero asperior est To Ev pronunciatio, non absurde coniecit Salmasius de L. H. p. 432. a barbaris et Thracibus, qui Atticam olim incoluerunt, frequentiorem litterae durioris

usum remansisse."

derungszeichen einführte. Dem Anfänger würde dadurch
sicherlich manche Erleichterung verschafft werden. Und
warum soll denn eben die Schrift der Nation, die mit dem
meisten Pathos sprach, des Zeichens der pathetischen Reden
entbehren! Den englischen Gedankenstrich habe ich hin
und wieder niemand wird sich hoffentlich hieran ärgern
- gebrauchen lassen, um die Reden verschiedner Personen
zu unterscheiden, und diesen Unterschied dem Auge sicht-
bar zu machen. Denn nicht immer kündigt das qn oder
ein ähnliches Wort die Rede oder Antwort eines andern
ausdrücklich an. Dergleichen an sich unbedeutende Dinge
werden im Ganzen wichtig, und räumen dem Leser auf eine
leichte Art zuweilen ein Steinchen des Anstofses aus dem
Wege. Endlich habe ich alles in kleinere Abschnitte oder
Paragraphen getheilt, damit nicht beständig die in den Kom-
mentar weisenden Ziffern den Text unterbrechen möchten.

Nach der Sorge für die Richtigkeit des Textes war
Interpretation der andre Theil meiner Bemühung; und der
ersten Anlage nach sollten die Anmerkungen das enthalten,
was man einen ununterbrochnen Kommentar nennt. Hier
sehe ich nun zum voraus dafs viele eher über Menge als
Mangel der Noten klagen werden, zumal wenn sie darin so
oft auf ganz bekannte und hier und da von andern Auslegern
erklärte Sachen stofsen. Diese bitte ich zu bedenken wie
schwankend und vieldeutig der Ausdruck bekannt ist, und
wie schwer allen hierin ein gleiches Genügen zu leisten. Oft
habe ich eine Note hingeschrieben, wieder weggestrichen
und wieder hingesetzt, bis mich endlich das Urtheil eines
Heyne leitete, der auf die Durchsicht einiger Bogen eine
von seinen kostbaren Stunden gütigst verwendete. Er selbst
fand es nicht tadelnswerth, eine mehrmals gemachte Sprach-
anmerkung, sobald sie für den gegenwärtigen Fall gehört,
zu wiederholen. Ich konnte mich so auch der für einen
Herausgeber eben so beschwerlichen als unbequemen Mühe,
einen Sprach-Index beizufügen, entübrigen, ohne dafs mir
dadurch der Gebrauch des Buchs etwas zu verlieren schien.
Ueberhaupt suchte ich, so viel möglich, in die Noten nichts

aufzunehmen, was nicht zur Erläuterung des Schriftstellers unmittelbar dienen kann. Dahin gehören aber die mannichfaltigen Anführungen und Nachahmungen späterer Sophisten und Schönschreiber nicht, auf welche nur der Jagd macht, dem daran gelegen ist, das Füllhorn seiner Belesenheit über seine armen Leser auszuschütten. Selten möchten sie, wenigstens hier, zur Erklärung einen ergiebigen Nutzen haben. Bevor man in eine Versammlung eintritt, sieht man es immer gern, wenn uns jemand im voraus mit den Personen, die man dort näher kennen lernt, einigermafsen bekannt macht. Jungen Lesern wird daher der erste Aufsatz, der der Schrift als eine Einleitung vorgesetzt ist, nicht unwillkommen sein. Er enthält, aufser einigen Nachrichten von den Theilnehmern des Gastmahls, auch noch andre zum richtigen Verständniss des Buchs beitragende Anmerkungen. Die hierauf folgende Uebersicht des Inhalts hatte für mich den Vortheil, dafs ich mir manche Note, die sonst unentbehrlich gewesen wäre, ersparen konnte: (denn ein genau und von Abschnitt zu Abschnitt entworfnes Argument vertritt nicht selten die Stelle eines Kommentars) und zugleich mag es eine Probe von der Arbeit sein, die bereits vor einem Jahre von mir angekündigt wurde unter dem Titel: Allgemeine Uebersicht oder Grundrisse der Dialogen Platons: Eine Einleitung in das Studium dieses Philosophen. Dergleichen Auszüge des Inhalts, vermittelst deren der Leser nicht blofs einen allgemeinen Begriff von dem vorgetragnen Gegenstande bekommt, sondern die ihm den ganzen Zusammenhang der Ideen und Räsonnements, die Ordnung und Methode, wie der Philosoph seine Materie ausführt, vorzeichnen und übersehen lassen, würden ohne Zweifel die Lesung von Platons Dialogen um ein grofses erleichtern. Wenn ein solches Argument, Grundriss, Uebersicht, oder wie man es sonst nennen will, schon bei jeder leichten Schrift, die der Jugend in die Hände gegeben wird, von gutem Nutzen ist und wer könnte das in Zweifel ziehen? so lässt sich bei einem philosophischen Schriftsteller, insonderheit aber beim Platon, gewiss noch weit mehr

davon erwarten. Denn was verwickelt hier einen Leser (ich meine izt nicht blofs den Anfänger und ungeübten Denker) mehr in Schwierigkeiten, was hält ihn im Fortgange des Lesens oft mehr auf als der mit der schönsten Kunst angelegte, tiefdurchdachte Plan in den Dialogen? Es ist nicht genug sie einmal gelesen zu haben, um diese Kunst, die oft so meisterhaft versteckt ist, zu finden und zu entwickeln. Auch hier werden die feinsten und doch für das Ganze wesentlichen Theile nur dann erst sichtbar, wenn man dieses Ganze öfter betrachtet, wenn man es zergliedert. Solange man aber dieses nicht kann oder nicht thut, bleiben immer Schwierigkeiten und unerklärbare Dunkelheiten zurück. Sollten daher nicht getreue Auszüge und eine kurze Darstellung des Inhalts der Platonischen Schriften, was ich schon vorhin sagte, eine Art von Kommentar und eins der nützlichsten Hülfsmittel beim Studium derselben sein? Die Grenzen eines Vorberichts verstatten mir nicht mich über diese Materie so ausführlich zu erklären, als ich wohl wünschte. Ich kann indessen hoffen dafs noch verschiedne andre Vortheile, die sich aufser dem eben angezeigten bei einer solchen Behandlung des Platon finden, den wenigsten meiner Leser unbekannt sein werden, wenn sie gleich bishero nur allzu oft sind übersehen worden.

Bei einer Schrift wie unser Symposion, worin mehr Erzählung als Dialog ist, scheint zwar eine Uebersicht des Inhalts lange so wichtig nicht als bei den eigentlichen Gesprächen. Doch auch hier muss es, wie ich mir vorstelle, den ungeübtern sehr unterstützen und ihm seinen Fortschritt um so leichter machen, wenn er mit dieser Vorbereitung zum Lesen des Griechen hinzu kommt. Aber da wo Sokrates mit seinen Freunden oder den Sophisten disputirt, wo er diesen die Wege, die er sie führen will, aufs schlauste zu verbergen weifs, wo er, ehe man sichs versieht, den Hauptgegenstand des Dialogs zur Seite liegen lässt, und, dem ersten Anschein nach, auf Nebendinge abschweift: dann wird ein Grundriss für den Leser ungefähr das, was für einen Reisenden eine Charte ist, er gibt ihm gleichsam

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einen Faden in die Hand, der ihn durch die labyrinthischen Gänge des philosophischen Drama glücklich hindurch leitet. So übersieht man alsdenn ohne viel Mühe, in welcher genauen Beziehung auf und Verbindung mit der Hauptidee alles das steht, was man gewöhnlich Digression oder Episode nennt und entdeckt dafs auch die kleinsten Theile an eben dem Faden befestigt sind, der das ganze Gewebe zusammenhält.

Lange hatte ich mich vergeblich nach einem Buch umgesehen, das dem Platonischen Studium einen so beträchtlichen Dienst leisten könnte (denn Ficins kabbalistischen Argumente wird doch niemand dafür ansehen wollen), als ich endlich die Arbeit eines Engländers kennen lernte, die in der That mit dieser Absicht unternommen war. Sie führt den Titel: Remarks on the life and writings of Plato. With answers to the principal objections against him; and a general view of his dialogues. Edinburgh 1760. 8. Vielleicht habe ich nächstens eine schicklichere Gelegenheit von der Ausführung des ungenannten Verfassers zu reden. Aus einigen Probstücken, die ich dann daraus mittheilen will, wird man sehen, ob man auf die Uebersetzer aus dem Englischen böse sein darf, dafs sie ein Buch von einem so vielversprechenden Titel unter uns noch nicht bekannter gemacht haben. Was mich betrifft, ich wurde dadurch in dem vorhin gefassten Entschlusse bestärkt, selbst einen und den andern Versuch in dieser Gattung zu machen: und gegenwärtig ist diese Arbeit, zu der ich Aufmunterung und guten Rath von Gelehrten erhielt, deren Aussprüche mir vorzüglich wichtig waren, soweit fortgerückt, dafs ich ein Bändchen über die leichtern und meistens moralischen Dialogen liefern könnte. Der hier vorangesetzten Uebersicht des Symposion wird man es leicht ansehen, dafs sie eigentlich auch zu dieser Absicht verfertigt war. Daher kommt es auch dafs sie schon mehr ein mit Fleisch überzogner Körper als ein blofses dürres Skelet ist. Vielleicht wäre das letztere zu dem gegenwärtigen Zweck hinreichend gewesen: aber bei den besonders herauszugebenden Auszügen würde,

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