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Der General von Bülow, der zu seinem Unglücke dem Berichte dieser Deputation vertrauete, beging gleich Anfangs einen großen Fehler: er ließ den Truppen nicht am linken Ufer der Elbe den Sammelplag bestimmen, fondern die einzelnen Regimenter und Bataillone gingen, so wie sie einzeln an der Elbe ankamen, auf drei Punkten, zu Artlenburg, Darchau und Boizenburg, über diesen Fluß. Und da er, der Versicherung der meklenburgschwerinschen Stände zuwider, dort keine Anstalten für die Verpflegung der Truppen fand, so ward er genő: thigt, sie in Cantonnements auseinander zu legen. Er glaubte dies ohne Gefahr eines Angriffs thun zu können; als er, nach der ihm ertheilten Instruction, sich nicht eher im Zustande des Krieges mit dem Herzoge von Meklenburg-Schwerin verseht ansehen sollte, bis derselbe fich wegen Annahme des kaiserlichen Befehls erklärt haben würde. Diese Ansicht sette freilich voraus, daß solche von dem Herzoge von Meklenburg-Schwerin ges theilt werde. Der Erfolg bewies, daß der General von Bülow im Irrthume begriffen war.

Dieser General schickte, sobald er die meklenburgsche Grenze berührt hatte, den Major von Ilten nach Rostock, woselbst sich, nach Angabe der Meklenburger, der Herzog von Meklenburg - Schwerin aufhalten sollte. Dieser Officier war beauftragt, dem Herzoge den kaiserlichen Executionsbrief zu überbringen und auf eine entscheidende Antwort desselben, ob er sich unterwerfen, oder den Angriff der Executionstruppen erwarten wolle? zu dringen. Einige Meilen von Schwerin. stieß der Major von Ilten auf einige meklenburgische Truppen, an

deren Spige er den Generalmajor von Schwerin fand. Dieser General hielt den Major, unter dem Vorwande, daß er ihm Pferde verschaffen wolle, mehre Stunden in seinem Hauptquartiere auf. Der Major überzeugte sich bald, daß die Absicht der Generals bei dieser Verzőgerung sei: dem Herzoge von Meklenburg-Schwerin von seiner Ankunft in Kenntniß zu sehen, auch sah er aus den Vorkehrungen, die Schwerin unter seinen Augen traf, daß er auf ernstlichen Widerstand bedacht sei. Indeffen glaubte er doch, sich seines Auftrags auf jeden Fall entledigen zu müssen. Nachdem er wiederholt und zuleht mit Ungestüm auf seine Weiterbeförde= rung drang, erhielt er endlich die verlangten Postpferde. Allein auf jeder Poststation erfuhr er Verzögerungen, die ihm als von hoher Hand veranlaßt zu sein schienen. Endlich in Rostock angekommen, sagte man ihm: der Herzog von Meklenburg-Schwerin sei von dort abgereis't, aber man wisse nicht wohin. Er war nun genöthigt, dem Geheimenrathe des Herzogs, Herrn von Wolff= rath, den kaiserlichen Befehl zu insinuiren. Dieser weigerte sich lange, unter dem Vorwande, von seinem Herrn nicht mit Instructionen versehen zu sein, selbigen anzunehmen, und als dies am Abend spät geschah, wurde der Major, unter der Angabe, daß die Thore von Rostock nicht vor Tagesanbruch geöffnet werden dürften, bis zum andern Morgen aufgehalten. Er kam auf seiner Rückreise zu dem Executionscorps gerade in dem Augenblicke zu Walsmühlen an, um Zeuge des dort vorfallenden Gefechts zu sein.

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Der General von Bülow hatte, um die Truppen

in den Cantonnirungsquartieren, die er sie bis zur Rückkehr des Majors von Ilten von Rostock beziehen zu laffen Willens war, gegen einen überfall zu sichern, für nöthig erachtet, den in der Fronte der Quartiere liegen: den Engpaß zu Walsmühlen beschen zu lassen Er hatte das Bataillon de Lenz, unter dem Commando des Oberstlieutenants von Holstein, das zuerst die Elbe paffirte, nach Walsmühlen detachirt, um sich dieses Passes zu versichern. Durchaus nicht auf einen Angriff rechnend, hatte er nicht in Erwägung gezogen, daß die übrigen Truppen, mit Ausnahme von drei Cavallerieregimentern, die in der Entfernung von etwa vier Stunden von Walsmühlen in verschiedenen Dörfern cantonnirten, zu entfernt waren, um das Bataillon de Lenz, wenn angegriffen, unterstügen, oder beim Rückzuge aufnehmen zu können.

Der Oberstlieutenant von Holstein hatte noch nicht lange zu Walsmühlen Posto gefaßt, als sich eine Colonne meklenburgscher Truppen zeigte, die den Durchmarsch durch Walsmühlen verlangte, um angeblich zu dem Corps, das der Generalmajor von Schwerin vers sammle, zu stoßen. Der Oberstlieutenant von Holstein verweigerte selbigen den Durchmarsch, und da er bemerkte, daß die Meklenburger Miene machten, ihn mit Gewalt zu erzwingen, so traf er sofort Anstalten zur Vertheidigung. Wirklich griffen die Meklenburger bald nachher an; der Oberstlieutenant von Holstein trieb sie zweimal zurück, und glaubte sich schon des Sieges gewiß zu sein, als er plöglich von russischer Infanterie im Rücken angegriffen ward..

Der Generalmajor von Schwerin, von der Vertheilung der Executionsarmee vollkommen unterrichtet, entwarf den Plan, das Bataillon de Lenz in Walsmühlen aufzuheben. Er ließ dies Bataillon durch die Meklenburger in der Fronte angreifen, während er die russische Infanterie über das Eis in den Rücken von Walsmühlen detachirte. Der Paß dieses Namens hatte durch den eingetretenen starken Frost für die Zeit seine Eigenschaft als solcher verloren. Die russische Infanterie passirte ohne Schwierigkeit über die gefrornen Moräste, und griff den Oberstlieutenant von Holstein, da, wo er sich gegen den Angriff sicher glaubte, nämlich im Rücken, an. Das Bataillon de Lenz, von allen Seiten angegriffen, gerieth, nachdem ein großer Theil der Officiere, worunter auch sein Commandeur von Holstein und viele Mannschaften geblieben oder verwundet waren, in Gefangenschaft.

Der Generalmajor von Schwerin ließ den Major von Ilten, als er während des Gefechts zu Walsmühlen ankam, arretiren, und entließ ihn erst nach Bes endigung desselben. Der Major von Ilten beschwerte fich gegen den Generalmajor von Schwerin lebhaft, nicht nur über die Behandlung, die ihm, als ein im Namen des Kaisers abgeschickter Parlementair, wider: fahren sei, sondern über den Treubruch des Generalmajors von Schwerin, der sich dem Völkergebrauche zuwider, ehe der Krieg erklärt sei, einen solchen schändlichen überfall erlaubt habe, und prophezeite, daß der Herzog von Meklenburg - Schwerin für diesen, durch Verrath erhaltenen kleinen Vortheil in der Folge desto

schwerer werde büßen müssen. Die Sache hatte zwei Seiten. Der Generalmajor von Schwerin führte für sich an, daß der General von Bülow durch sein Einrücken ins Meklenburgsche, ehe er von dem Herzoge von Meklenburg-Schwerin eine Antwort auf den kaiserlichen Befehl gehabt habe, bereits den ersten Schritt der Feindseligkeit gethan hätte.

Auf seiner weiteren Reise, einige Stunden von Walsmühlen entfernt, begegnete der Major von Ilten dem General von Bülow an der Spiße des Cavallerieregiments Schlüter. Der General hatte die Nacht in dem Dorfe, in welchem dies Regiment cantonnirte, zugebracht. Als man ihm daselbst die Nachricht brachte, daß man in der Gegend von Walsmühlen ein starkes Kleingewehrfeuer höre, war er in der Absicht, in Person zu recognosciren, mit dem gedachten Regimente vorangegangen. Da ihm der Major von Ilten einen Be richt über das zu Walsmühlen vorgefallene Gefecht und der Lage des Feindes daselbst absandte; schickte er den zunächst liegenden beiden Cavallerieregimentern, nämlich Wendt- und Schulenburg-Dragoner den Befehl zu, sofort zu ihm zu stoßen. Es war aber bereits sehr spät am Abend, als diese Regimenter eintrafen; der General von Bülow blieb daher mit den drei Regimentern diese Nacht auf dem Felde stehen, wo ihn der Major von Ilten angetroffen hatte.

Die drei Cavallerieregimenter mogten aufs Höchste 1000 Pferde stark sein. Es scheint, daß es für den General von Bülow rathsam gewesen sein würde, ehe er das schwerinsche Corps angriff, erst mehre

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