Gotthold Ephraim Lessing's sämmtliche Schriften, Volume 3

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G.J. Göschen, 1887

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Page 93 - Treu und Glauben zieht man denn Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? Doch deren Blut wir sind? doch deren, die Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe Gegeben? die uns nie getäuscht, als wo Getäuscht zu werden uns heilsamer war? — Wie kann ich meinen Vätern weniger. Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. Kann ich von dir verlangen, daß du deine Vorfahren Lügen strafst, um meinen nicht Zu widersprechen?
Page 94 - Und also, fuhr der Richter fort, wenn ihr Nicht meinen Rat, statt meines Spruches, wollt: Geht nur! - Mein Rat ist aber der: Ihr nehmt Die Sache völlig, wie sie liegt. Hat von Euch jeder seinen Ring von seinem Vater: So glaube jeder sicher seinen Ring Den echten.
Page 94 - Doch halt! Ich höre ja, der rechte Ring Besitzt die Wunderkraft, beliebt zu machen, Vor Gott und Menschen angenehm. Das muß Entscheiden! Denn die falschen Ringe werden Doch das nicht können! - Nun; wen lieben zwei Von euch am meisten? - Macht, sagt an! Ihr schweigt? Die Ringe wirken nur zurück? und nicht Nach außen?
Page 12 - Ohn dieses allgemeine Wunder hätte Ein Denkender wohl schwerlich Wunder je Genannt, was Kindern bloß so heißen müßte, Die gaffend nur das Ungewöhnlichste, Das Neuste nur verfolgen.
Page 88 - Ein Mann, wie du, bleibt da Nicht stehen, wo der Zufall der Geburt Ihn hingeworfen: oder wenn er bleibt, Bleibt er aus Einsicht, Gründen, Wahl des Bessern.
Page 126 - Der Aberglaub', in dem wir aufgewachsen, Verliert, auch wenn wir ihn erkennen, darum Doch seine Macht nicht über uns. Es sind Nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.
Page 91 - Die alle drei ihm gleich gehorsam waren, Die alle drei er folglich gleich zu lieben Sich nicht entbrechen konnte. Nur von Zeit Zu Zeit schien ihm bald der, bald dieser, bald Der dritte, — so wie jeder sich mit ihm Allein befand, und sein ergießend Herz Die andern zwei nicht teilten, - würdiger Des Ringes; den er denn auch einem jeden Die fromme Schwachheit hatte, zu versprechen. Das ging nun so, so lang es ging.
Page 93 - Geschichte muß doch wohl allein auf Treu Und Glauben angenommen werden? Nicht? Nun, wessen Treu und Glauben zieht man denn Am wenigsten in Zweifel? Doch der Seinen? Doch deren Blut wir sind? doch deren, die Von Kindheit an uns Proben ihrer Liebe Gegeben? die uns nie getäuscht, als wo Getäuscht zu werden uns heilsamer war? Wie kann ich meinen Vätern weniger Als du den deinen glauben? Oder umgekehrt. Kann ich von dir...
Page 93 - Ring' Uns wieder kommen. Wie gesagt: die Söhne Verklagten sich; und jeder schwur dem Richter, Unmittelbar aus seines Vaters Hand Den Ring zu haben. - Wie auch wahr ! - Nachdem Er von ihm lange das Versprechen schon Gehabt, des Ringes Vorrecht einmal zu Genießen. —Wie nicht minder wahr! - Der Vater, Beteu'rte jeder, könne gegen ihn Nicht falsch gewesen sein ; und eh...
Page 95 - Es eifre jeder seiner unbestochnen, Von Vorurteilen freien Liebe nach! Es strebe von euch jeder um die Wette, Die Kraft des Steins in seinem Ring an Tag Zu legen!

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