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lich durch den anderen beseitigt, welchem selbst Eathos lische Kirchenlehrer huldigen 1), daß nåmlich die Wahrheit zwar nur Eine, daß aber ihr höchster Triumph sey, wenn sie, als solche anerkannt werde. Führt aber die Unruhe nicht zum Suchen des Beruhigenden? Soll die Wahrheit als Eine anerkannt werden, wird dies nicht durch den Schein der Vielheit und dessen Aufhebung vermittelt? Wenn aber der Einzelne beunruhigt ist, öffnen sich ihm nicht immer mehr Pforten, um zur Wahrheit, so weit er sie nach seinen Kräften erreichen kann, zu ge langen? Gelangen jedoch auch eifrig Suchende nicht zur ganzen Wahrheit, und hiermit zur absoluten Beruhigung, schwebten ganze Generationen über das, was uns offenbar ist, in Ungewißheit, ist dies nicht das allgemeine Weltverhängniß, in Bezies hung auf welches uns nur jene Ergebung ziemt, welche auf dem Glauben an die Weisheit der Vorsehung und an die unendliche Fortentwicklung des hier Unvollendeten ruht? —

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Vor Allem aber håtten wir fragen dürfen, ob denn die Masse dessen, was für jede Zeit und jedes Bolk wahrhaft beruhigend ist, nicht auf vielen Wegen und auf nothwendige Weise an den Einzelnen gelange, und ob Erziehung, kirchliche Beleh, rung, mündliche und schriftliche Mittheis lung, Sitten und Geseze in Wahrheit von der Willkühr Einzelner abhången, und nicht vielmehr

1) Harmonie der morgen- und abendländischen Kirche, von H. J. Schmitt, S. 192.

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Am befremdendsten muß aber jene Bedenklichkeit aus dem Munde von solchen katholischen Schriftstels lern erscheinen, welchen es nicht unbekannt seyn kann, auf wie viele Abwege die Prediger und Katecheten ihrer Kirche so vielwärts gerathen sind, und gerathen mußten, da jeder vielfach beklagte Unglaube nur nothwendige Folge des überhandgenommenen Aberglaus bens war, und zum Theil noch ist. Woher kam aber der Wahnglauben? und ist seine Starrs heit besser, als die Unruhe des etwa erregten Zweifels an positivem Dogma?

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Was endlich ist nothwendig vieldeutiger und vers schiedengedeuteter, als fast Alles dasjenige, was das Spezifische der römischen Kirchenlehre constituirt? Geheimnisse, welche dennoch dem Geiste, dem Ges müthe, nahe gebracht werden sollen, veranlassen zu ungleich mannigfaltigeren Deutungen, als Lehren, welche durch und durch in's Licht gestellt werden dürfen, bei welchen mithin der Willkühr und Zufåls ligkeit ein immer kleinerer Spielraum bleibt, während dieser Spielraum bei den baaren Mysterien mit der Ausbildung des Verstandes sich stets erweitert ). —

Wollte man also die Beunruhigung im Glauben auch als ein zu beseitigendes Uebel betrach,

1) Wie viele selbst sich widersprechende Deutungen hat z. B. die Messe als hauptsächlichster gottesdienstlicher Akt erfahren! Wie wenigen Deutungen dagegen unterliegt der, unmittelbar auf allgemein anerkannte Wahrheiten gegründete, Gottesdienst der Reformirten!

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ten, so dürfte doch in keinem Falle ein hierauf sich gründender Vorwurf von der römischen Kirche aus, gehen, welche, historisch betrachtet, - durch ihren Zwang zur Ruhe die tiefste Unruhe erregt, durch ihre gewaltsame_Festhaltung des angeerbten Glaubens zum Unglauben hingetrieben hat, dages gen die Reformation vielmehr durch geordnete Ers regung zur Arbeit die Beruhigung veranlaßt, und stets in gleichem Maaße die Mittel zu derselben dar bietet, in welchem sie zeitgemäße Zweifel erregt.

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Dritter Abschnitt.

Die römisch-katholische, sogenannte

allein selig machen d

im Gegensatz gegen

Kirche

die sich reformirende Kirche.

„Une religion d'amour et de liberté peut n'être pas le christianisme de certaines personnes: c'est certainement celui de Jesus-Christ.

Le comte de Montlosier. (Mémoire etc. p. 195.) ·

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