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deren Eindruck; auch wiederholen sie vieles aus den Reden der Freunde. d. Sie stehen an künstlerischer Vollendung hinter den andren so sehr zurück, daß Del. schreibt: „wenn diese Reden und das übrige Buch von Einem Dichter geschrieben sein sollen, so hat überhaupt alles kritische Urteil in solchen Fragen ein Ende." | e. Die sprachlichen Unterschiede in Bezug auf Wortschatz u. Grammatisches sind allerdings, wie Stickel 1842 u. Budde (Beiträge 1876) zeigten, geringer, als viele behauptet hatten. Doch bleibt einiges Auffallende, wie 135,14, in 32,15 f u. bin 35,14 (Hin), 7, 7, und die Wendungen 33,16; 36,10. 15;

2 33,18; 36,12 usw. || Doch darf man die Reden nicht mit Gregor dem Großen, Beda, Herder, Umbreit für wertlos erklären. Sie enthalten gar manches Schöne u. Wahre, zB 33,13-30. Auch läßt sich ganz gut erklären, wodurch veranlaßt ein Späterer diese Reden schrieb und einfügte den Unschuldsbeteuerungen H.s gegenüber sollte, damit das Buch. erbaulicher wirke, die allgemeine menschliche Sündhaftigkeit stärker betont werden. Auch schienen die von H. gegen Gott ausgesprochenen Beschuldigungen durch die Freunde nicht genügend zurückgewiesen zu sein. Kamphausen läßt die Kapp. 32-37 zwar von dem Verf. des Hi herrühren, aber erst nachträglich von ihm eingeschoben sein. Außerdem haben für Gleichheit des Verf. in neuerer Zeit sich noch ausgesprochen: Imm. Deutsch, De Elihui sermonum origine atque auctore, Breslau 1873 (Dissert.), C. Claussen (ZkWL 1884), Co., dem Wildeboer zustimmt, u., 1896, KBudde (vgl. § 55,2)

§ 58. Das Hohelied.

Das Hohelied. ặoμa douárov, Canticum canticorum. 1. Deutung. Allegorische Deutung entspricht gewiß nicht der eigentlichen Absicht des Dichters; sie ist aber wie bei y 45 sicher sehr alt, älter jedenfalls als die Aufnahme in den Kanon. Sichere Spuren solcher Deutung 4 Esr 5,24. 26; 7,26. Salomo u. Sulamith werden im Targum und danach von den mittelalterl. jüdischen Exegeten auf Gott u. Isra'el gedeutet; bei den Christen wurde seit Origenes die Deutung auf Christus u. die christl. Kirche üblich. Jetzt herrscht Einverständnis darüber, daß geschlechtliche Liebe, Liebessehnsucht u. Liebesglück den Inhalt bilde. Unter Anerkennung des Wortsinnes hat Del. didaktische Tendenz, nämlich Empfehlung der Monogamie, nachzuweisen gesucht, doch nicht in Übereinstimmung mit dem, was der Text wirklich sagt. Dennoch steht das Büchlein im Kanon nicht nur infolge eines sonderbaren Mißverständnisses" (Reuss). Vielmehr wer 8,6. 7 beachtet, wird urteilen wie

Öttli: „Erwägt man, von welch grundlegender Bedeutung für die natürliche u. geistige Geschichte der Menschheit das Verhältnis der Geschlechter zu einander ist, so wird man ohne Verwunderung, vielmehr mit freudiger Dankbarkeit anerkennen, daß auch im Gebiete u. im Lichte der Offenbarungsreligion die geschlechtliche Liebe eine Darstellung gefunden hat, in welcher das Natürliche nicht verstümmelt, aber doch hoch über alle Gemeinheit hinausgehoben wird. . . Nur wer das Recht der gottgewollten Natur leugnet, weil sündige Menschenhände auch das Natürliche entweihten, kann dem HL Raum u. Recht in der heil. Schrift absprechen oder muß, um die nun einmal vorliegende Aufnahme in den Kanon zu rechtfertigen, auf geistliche Umdeutungen sinnen."

2. Drama oder Liedersammlung? a. Die Deutung als dramaartige Dichtung (Singspiel, Melodrama) findet sich zuerst bei Origenes (,,carmen nuptiale in modum dramatis conscriptum", nach der Übersetzung des Hieron.); dann bei JFJacobi (Das durch eine leichte und ungekünstelte Erklärung von seinen Vorwürfen gerettete HL 1771), Ew., Umbreit, Del., Stickel, Öttli (bei diesem wohl in der relativ einfachsten, also besten Durchführung), Dri., Kö. Die Einwürfe, welche gegen diese Auffassung gemacht worden sind, sucht Stickel (1888) durch den von ihm zuerst aufgestellten u. mit Geschick verteidigten Satz zu entkräften, daß es sich nicht nur um das Eine Liebesverhältnis Sulamiths handle, sondern um noch ein zweites, das Liebesverhältnis eines Hirten mit einer Hirtin, u. zwar lasse der Dichter nicht jedes Paar für sich allein seine Geschichte zusammenhangend abspielen, sondern" habe ihre Auftritte ineinander geschoben u. mit gutem Bedacht so durcheinander geflochten, daß die mannigfachsten Situationen zwischen ihnen sich ergeben, welche, noch abgesehen von den scenischen Zwecken, denen sie dienen, die wirksamsten heiteren und sittlichen Effekte hervorbringen“.

b. Herder (Lieder der Liebe, L. 1778) erklärte das Buch für eine Sammlung einzelner Lieder oder Fragmente von Liedern. Ebenso Eichhorn § 647, Bleek, Reuss, welche jedoch die Einheit des Verf. festhalten. Reuss, AT, V 350 f: „Wir behaupten aus voller Überzeugung, daß alle Teile des Buches aus einundderselben Feder geflossen sind, . . daß der Dichter allein redet, ganz allein, von einem Ende zum andern. Wenn er das eine oder das andere Mal seine Geliebte reden läßt, so ist dies Sache der Form u. weiter nichts. . . Er hat keinen Nebenbuhler." Salomo werde nur gelegentlich als historische Persönlichkeit erwähnt, spiele aber keine Rolle. Reuss unterscheidet 16 Lieder; 1,2-8; 1,9-2,7. 8--17; 3,1—5. 6—11; 4,1–7. 8—11; 4,12—5,1; 5,2—6,3; 6,4—10; 7,2—10; 7,11—8,4; 8,5—7. 8—10. 11-12. 13–14; nur 6,11-7,1 sei ein, wie auch die LXX zeige, wegen seines

verderbten Textes unverständliches Fragment. || c. JGWetzstein in Bastian's Zeitschr. f. Ethnographie 1873, 287 ff, vgl. auch in Delitzsch's Kommentar zu HL-Koh 162 ff, hat an die Hochzeitsgebräuche der syrischen Bauern erinnert. Braut und Bräutigam werden während der Hochzeitswoche König und Königin genannt; ihnen zu Ehren werden Tänze aufgeführt u. Lieder gesungen. Solche Lieder seien hier zusammengestellt, um dem Volke einige schöne, weihevolle Hochzeitslieder zu erhalten und den Gelegenheitsdichtern gute Vorlagen für Nachbildungen zu geben. Zur Durchführung dieser Ansicht, welche Riehm, EKautzsch u. a. zugestimmt haben, müssen KBudde und Co. einen Redaktor annehmen, der „die wirkliche Meinung u. insbesondere die Bilderrede der älteren Stücke mißverstanden" habe. 3. Entstehung des HL. a. Daß Salomo nicht der Verf. sein kann, ergiebt sich aus genauer Erwägung des Inhalts. Die Überschrift nobwb wx o bietet auch sonst zu Zweifeln Anlaß. Die Bezeichnung „Lied" paßt weder, wenn HL ein Melodrama, noch, wenn es eine Sammlung einzelner Lieder. N kommt im ganzen Buche nicht vor, wohl aber sehr oft 1,7. Man hat auf Sal. als Autor wohl aus seiner Erwähnung 3,7-11; 8,11. 12 geschlossen.

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b. Abfassungszeit. Für hohes Alter berufen sich alle, die solches annehmen, auf die Erwähnung von Thirza 77 6,4, welcher Ort schon seit Omri y 16,23 f nicht mehr Residenz war. Vgl. ferner Reuss, AT, V352f: „Es durchweht diese reizenden kleinen Idyllen ein so köstlicher Duft der ländlichen Natur, es prangt das Gemälde von Blumen u. Büschen in so glänzenden Farben, das Verhältnis zwischen den beiden Liebenden ist so sehr allen Zwanges bar daß wir uns nicht mit dem Gedanken vertraut machen können, das [nachexil.] Judentum. . habe so etwas zu stande gebracht. Und wahrlich, die Poesie ist hier aus der Quelle geflossen u. nicht die Frucht des litterar. Studiums gewesen. . . Dazu kommt, daß . . die Mundart ., die vielen örtlichen Anspielungen u. topographischen Namen . . nach dem Norden führen, welcher seine Freiheit u. Ruhe schon im 8. Jahrh. verlor." Diese Gründe sind sehr beachtenswert; aber Momente sprachlicher Art stehen entgegen. Einige Fremdwörter weisen auf persischen Einfluß, so besonders is Nuß 6,11 (Garten mit Nußbäumen!) u. das Zendwort pairidaêza 4,18 (nur noch in zwei sicher nachexil. Schriften 2,8; Prd 2,5); dann würde die Abfassung des HL in frühere Zeit als das 5. Jahrh. nicht gesetzt werden können. Gegen wesentlich frühere Zeit darf man wohl auch das Vorkommen zwar nicht von, aber von anführen, in den Verbindungen 1,6; 8,12 u. nishing 3,7. inyp Aber Narde 1.12: 4.13 f, Karkom 4,14, Schesch (wahrscheinlich assyr. šaššu) kann man vorläufig noch

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nicht für eine Altersbestimmung verwenden. || In die griech. Zeit hinabzugehn ist kein irgend wichtiger Grund vorhanden. N 3,19 klingt an pooɛiov der LXX auffällig an; der Ursprung des Wortes ist aber ganz ungewiß (andre vergleichen Sanskrit parjanka).

$ 59. Das Buch Ruth.

1. Ruth 17, Povd. Inhalt. Elimelech

כִּלְיוֹן u. Chiljon מחלון Söhne Mahlon

u. Naemi, ihre

aus Beth-Lechem in Juda, ihre moabitischen Schwiegertöchter Orpa u. Ruth. Nach dem Tode der drei Männer begleitet Ruth ihre Schwiegermutter in treuer Anhänglichkeit nach deren Heimat Juda und wird durch den ihr dort gewordenen zweiten Gatten Boas y Mutter des 'Obed und durch dessen Sohn Isai Stammmutter Davids. (Der nächste Verwandte sollte der Löser N, Luther „Erbe“ sein. Vgl. 525,5-10; 325,22-26).

2. Zweck und Geschichtlichkeit.

a. Aus dem Inhalte wie

aus der den Schluß bildenden Erwähnung Davids ergiebt sich der Zweck des Büchleins: ein schönes Faktum aus der Geschichte der Vorfahren Davids dem Gedächtnisse zu erhalten. Von diesem bewußten Zweck ist die thatsächliche Lehre zu unterscheiden. Wir lernen „das hohe Walten des Gottes erkennen, der das auserwählte Herrscherhaus aus einer Wurzel wie Thamar u. Rahab (Mt 1,5) und der Moabiterin Ruth hervorwachsen ließ... Das Anrecht der Heiden an Isra'els Heilsgüter und die Bedingungen ihres Eintritts in deren Genuß sind hier ebenso sinnvoll u. vorbildlich im Rahmen einer Familiengeschichte dargestellt wie in der Beleuchtung des Prophetenberufs durch das Buch Jona" (Öttli). || b. Reuss GAT u. AT, VII 15 erklärt das Büchlein für eine politische Tendenzschrift aus der Zeit bald nach dem Untergange des samarischen Reiches, für bildliche Einkleidung des Gedankens, daß die Könige aus dem Hause Davids nicht nur die Erben Judas von Boas her seien, sondern auch auf das verwaiste ephraimitische Territorium Ansprüche hätten durch Obed, den rechtlichen Sohn des Ephraimiten (1,2!) Mahlon. Darauf hat schon Or. (PRE XIII 142) treffend erwidert: „Der politische Autor hätte seine Absicht so gut versteckt, daß sie kaum jemand herausfinden mochte." Kue. § 36,9 behauptet eine Tendenz ganz andrer Art: der Verf. sei ein Gegner der Bestrebungen 'Esras und Neh.s gewesen und habe durch seine unhistorische Erzählung veranschaulichen wollen, wie und unter welchen Bedingungen eine Fremde der Einverleibung in Isra'el, ja sogar eines Ehrenplatzes unter dem Volke Jahves würdig sein könne“. Als ob ein Buch aus so später Zeit mit dieser Tendenz je hätte kanonisch werden

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können! Auch die von andren (zB We.) gegen die Geschichtlichkeit des Erzählten vorgebrachten Gründe sind nicht beweisend. Daß es in der Richterperiode auch friedliche Zeiten gegeben hat, ist in Ri wiederholt ausdrücklich bezeugt 3,11. 30 USW. Die Namen der Personen charakterisieren sich mit nichten als erfundene, vgl. besonders Elimelech, Naemi, Boas, Ruth. Höchstens die Namen Mahlon und Chiljon kann man auf den frühen Tod der Söhne Elimelechs deuten, man muß es aber nicht. Dafür, daß wirklich Geschehenes erzählt ist, sprechen positiv die Genealogie und die Unwahrscheinlichkeit der Erdichtung einer moabitischen Ahnfrau für das Königshaus, vgl. 523,4; 9,1: 13,1. 23 ff.

3. Abfassungszeit. Für nachexilische Zeit liefert die antiquarische Bemerkung 4,7 keinen Beweis (gegen Bertheau, Co. u. a.), schon deswegen, weil der dort erwähnte Brauch ganz andren Sinnes ist als 525,9 (Öttli). Auch der Sprachgebrauch beweist nicht für so späte Zeit. Für Abfassung in der späteren Königszeit sind zB Reuss, Öttli, Dri. (dieser hält Bedenken für naheliegend nur in Bezug auf [deshalb] 1,13 und 2P 4,7; jedoch sei letzterer Vers wahrscheinlich ein erläuternder Zusatz [zur Stammbildung DP vgl. übrigens 69,12 JE], und könne dialektisch sein). || Kö. meint, daß eine ältere, im Kreise der nordisraelitischen Prophetenvereinigungen verfaßte Ruthgeschichte während des Exils in die jetzige Gestalt gebracht worden sei. || Die Genealogie 4,18-22 ist nach 4,17 unnötig, teilweise sogar störende Wiederholung; daher halte ich mit Reuss, Öttli, Dri. diese 5 Verse für einen späten, nach & 2 gefertigten Zusatz.

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4. Bertheau, Ew. (Gesch. I, 226), Auberlen (ThStK 1860, 536 ff) u. a. haben, hauptsächlich auf die Autorität der LXX sich stützend, gemeint, das Büchlein Ruth habe ursprünglich einen Anhang zu Ri gebildet. Dagegen sprechen entscheidend mit der Geschichte des Kanons zusammenhangende Gründe u. der selbständige schriftstellerische Charakter unsrer Erzählung.

§ 60. Die Klaglieder.

1. a. Die Klaglieder (Jeremias), N (nach dem Anfangsworte; so in den gedruckten Bibeln) oder ni? (nach dem Inhalt; so zB im Talmud), Joñvo TeQɛuíov, Lamentationes Jeremiae, heißen fünf Elegieen über die Zerstörung Jerusalems im J. 587 u. deren Folgen. || b. Die vier ersten Lieder sind alphabetisch (§ 50,4), das 3. dreifach; in 2. 3. u. 4 steht vor (wie ursprünglich wohl auch 34), während die Reihenfolge der Buchstaben in 1 die jetzt gewöhnliche ist. Über den Qinarhythmus vgl. § 50,6.

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