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ten Verwandte des Monobazus auf Seite der Juden gegen die Römer 288).

Die Form des Anschlusses von Heiden an das Judenthum und das Mass der Beobachtung des jüdischen Ceremonialgesetzes von Seite derselben war allem Anscheine nach sehr verschieden. Tertullian spricht von Heiden, die ihre heidnischen Götter verehrten, dabei aber einzelne jüdische Satzungen beobachteten (s. oben Anm. 271). Andererseits übernahmen diejenigen, welche sich beschneiden liessen, damit die Verpflichtung das ganze Gesetz in seinem vollen Umfange zu beobachten (Gal. 5, 3: μαρτύρομαι παντὶ ἀνθρώπῳ περιτεμνομένῳ ὅτι ὀφειλέτης ἐστὶν ὅλον τὸν νόμον ποιῆσαι). Zwischen diesen beiden Endpunkten hat es vermuthlich eine mannigfaltige Reihe von Zwischenstufen gegeben. Sehr instructiv ist in dieser Hinsicht die vierzehnte Satire des Juvenal, wo er den Gedanken durchführt, wie verderblich das böse Beispiel der Eltern auf die Kinder wirke. Die schlechten Sitten der ersteren vererben sich auf die letzteren, und zwar in der Regel in gesteigertem Masse. Als Beispiel dafür erwähnt er auf dem Gebiete der Superstition die Neigung zum Judenthum. Wenn der Vater jeden siebenten Tag faullenzte und Schweinefleisch für ebenso werthvoll hielt wie Menschenfleisch, so thut der Sohn nicht nur dasselbe, sondern er lässt sich auch beschneiden, verachtet die römischen Gesetze und studirt und beobachtet mit Scheu das von Moses überlieferte jüdische Gesetz: dass man nur Glaubensgenossen den Weg zeigen und nur Beschnittene zur gesuchten Quelle führen solle 289). Man sieht hier deutlich, dass es verschiedene Stufen in der Beobachtung des jüdi

jüdische, Königin Zaddan oder Zadda einem syrischen Königshause angehörte; und dies kann nur das adiabenische sein. S. Renan, Journal asiatique, sixième série t. VI (1865) p. 550 sqq. Chwolson, Corp. Inscr. Hebraicarum (1882) col. 72 sq. und Facsimile n. 8. Eine Abbildung des Sarkophages und der Inschrift auch bei de Saulcy, Voyage en Terre Sainte I, 377. 385.

288) Bell. Jud. II, 19, 2. VI, 6, 4.

289) Juvenal. Sat. XIV, 96-106:

Quidam sortiti metuentem sabbata patrem,
Nil praeter nubes et coeli numen adorant,
Nec distare putant humana carne suillam,
Qua pater abstinuit; mox et praeputia ponunt:
Romanas autem soliti contemnere leges,
Judaicum ediscunt et servant ac metuunt jus,
Tradidit arcano quodcunque volumine Moses:
Non monstrare vias eadem nisi sacra colenti,
Quaesitum ad fontem solos deducere verpos.
Sed pater in causa, cui septima quaeque fuit lux
Ignava et partem vitae non attigit ullam.

schen Gesetzes gab. Der jüdische Bekehrungseifer hat sich eben. mit dem Erreichbaren begnügt. Es war schon viel gewonnen, wenn Jemand sich zur bildlosen Verehrung des allein wahren Gottes bekehrte. Hinsichtlich des Ceremonialgesetzes hat man zunächst nur gewisse Hauptpunkte gefordert. So stellt z. B. das vierte Buch der sibyllinischen Orakel, das um 80 nach Chr. verfasst und höchst wahrscheinlich jüdischen Ursprungs ist, in seiner Predigt an die Heiden nur die Verehrung des wahren Gottes und den Glauben an ein künftiges Gericht in den Vordergrund, und verlangt von den sich bekehrenden Heiden nicht etwa die Beschneidung, sondern nur ein Reinigungsbad 259a). Sehr lehrreich ist auch die Bekehrungsgeschichte des Königs Izates. Dieser hatte seinerseits den vollen Eifer für das jüdische Gesetz und wollte sich beschneiden lassen. Da war es aber ein Jude selbst Namens Ananias, der ihm aufs Dringendste davon abrieth. Der Jude fürchtete für sich selbst Gefahr, wenn sich die Meinung verbreitete, dass er den König zur Beschneidung veranlasst habe. Er stellte daher dem König vor, dass er auch ohne Beschneidung Gott verehren könne, wenn er nur im Allgemeinen die jüdischen Satzungen beobachte; dies sei wichtiger als die Beschneidung. Gott werde es ihm aber verzeihen, wenn er aus Scheu vor seinen Unterthanen die Sache unterlasse 290). Izates hat sich nun freilich doch beschneiden lassen; und die Anschauungen des Kaufmann's Ananias sind nicht correct jüdisch. Aber es haben offenbar Viele so gedacht wie er. Die Folge davon war, dass sich an die jüdischen Gemeinden in der Diaspora fast überall ein Anhang gottesfürchtiger" Heiden anschloss, welche die jüdische (d. h. monotheistische und bildlose) Art der Gottesverehrung sich aneigneten, die jüdischen Synagogen besuchten, in der Beobachtung des Ceremonialgesetzes aber sich auf gewisse Hauptpunkte beschränkten, und daher auch gar nicht zum Verband der jüdischen Gemeinden gezählt wurden. Derartige gottesfürchtige Heiden haben wir sicherlich zu verstehen unter den bei Josephus und namentlich in der Apostelgeschichte öfters erwähnten poßorμενοι τὸν θεόν oder σεβόμενοι τὸν θεόν 291. Wenn wir uns fragen,

289a) Orac. Sibyll. IV, 164. Ueber den jüdischen Ursprung dieses Buches s. Badt, Ursprung, Inhalt und Text des vierten Buches der sibyllinischen Orakel, 1878; und dazu Theol. Literaturzeitung 1878, 358 f.

290) Jos. Antt. XX, 2, 5.

σεβόμενοι τὸν

17, 4. 17, 17.

291) φοβούμενοι τὸν Θεόν· Apgesch. 10, 2. 22. 13, 16. 26. Jeóv Joseph. Antt. XIV, 7, 2. Apgesch. 13, 43. 50. 16, 14. 18, 7. Die Formeln variiren hier zwischen dem volleren oɛßóμɛvoi tòv dɛóv (Jos. Antt. XIV, 7, 2. Apgesch. 16, 14. 18, 7) und dem blossen Geẞóuevo (Apgesch. 13, 50. 17, 4. 17, 17). Einmal findet sich die Verbindung GeẞóμevoL

welche Punkte des Ceremonialgesetzes etwa von diesen Heiden beobachtet wurden, so geben uns die schon citirten Stellen des Josephus, Juvenal und Tertullian einen deutlichen Fingerzeig (s. Anm. 271 und 289). Alle drei stimmen darin überein, dass es in erster Linie das Sabbathgebot und die Speisegesetze sind, welche in diesen Kreisen am allgemeinsten durchdrangen. Gerade diese beiden Punkte hebt ja auch Juvenal hervor bei dem Vater dessen, der dann ein ganzer Jude wird (metuentem sabbata patrem carne suillam, qua pater abstinuit). Daran wird sich dann bald mehr, bald weniger angeschlossen haben; feste Grenzen hat es schwerlich gegeben. Von diesen φοβούμενοι oder σεβόμε voɩ tòv dεóv sind nun zu unterscheiden die eigentlichen

oder лoooń2vto. Mit diesen Ausdrücken bezeichnet nämlich das spätere Judenthum diejenigen Heiden, welche durch Beschneidung und Gesetzesbeobachtung völlig in die jüdische Gemeinschaft eingetreten sind. Im Alten Testamente, sowohl in der hebräischen als in der griechischen Bibel, sind die resp. лoооýλνtoi nichts anderes als was im attischen Staat die Metöken sind, nämlich Fremde, die im Lande Israel dauernd wohnen, ohne aber zur Gemeinde Israels zu gehören (advenae, incolae). Der spätere Sprachgebrauch verwendet aber beide Ausdrücke ohne näheren Zusatz constant zur Bezeichnung solcher Heiden, welche durch Beschneidung und Gesetzesbeobachtung völlig in die religiöse Gemeinschaft Israel's eingetreten sind 292). Wie gross deren Zahl war, entzieht sich un

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лoоσnivτо (Apgesch. 13, 43). Bernays (Commentationes philol. in honorem Th. Mommseni p. 565) vergleicht auch die Inschrift Corp. Inscr. Lat. t. V, 1 n. 88: Aur. Soteriae matri pientissimae religioni(s) judeicae metuenti. Die Formeln bei Juvenal, die Bernays ebenfalls heranzieht (metuentem sabbata .. Judaicum metuunt jus), sind doch wesentlich anders. S. überh. Deyling, De GεBouεvois tov dɛov (Observationes sacrae II, 462-469). Thilo, Codex apocryphus Nov. Test. p. 521. Bernays a. a. O. 292) In der Mischna kommt in dem angegebenen Sinne an folgenden Stellen vor: Demai VI, 10. Schebiith X, 9. Challa III, 6. Bikkurim I, 4--5. Pesachim VIII, 8. Schekalim I, 3. 6. VII, 6. Kethuboth IX, 9. Kidduschin IV, 1. 6. 7. Baba kamma IV, 7. IX, 11. Baba mezia IV, 10. Baba bathra III, 3. IV, 9. Edujoth V, 2. Horajoth I, 4. III, 8. Chullin X, 4. Kerithoth II, 1. Nidda VII, 3. Sabim II, 1. 3. Jadajim IV, 4. Das femininum lautet i Jebamoth VI, 5. VIII, 2. XI, 2. Kethuboth I, 2. 4. III, 1. 2. IV, 3. Kidduschin IV, 7. Baba kamma V, 4. Edujoth V, 6. Die Bedeutung: „bekehrter Fremdling" steht für so fest, dass davon sogar ein Verbum gebildet wird: sich bekehren" Pea IV, 6. Schebiith X, 9. Challa III, 6. Pesachim VIII, 8. Jebamoth II, S. XI, 2. Kethuboth I, 2. 4. III, 1. 2. IV, 3. IX, 9. Gittin II, 6. Kidduschin III, 5. Chullin X, 4. Bechoroth VIII, 1. Negaim VII, 1. Sabim II, 3. Die aramäische Form für ist, was auch bei den LXX zweimal vorkommt (yadors Exod. 12, 19. Jesaja 14, 1), und bei Justin. Dial. c. Tryph.

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serer Kenntniss. Man wird nicht irren, wenn man sie erheblich geringer anschlägt als die der σεβόμενοι.

Mit diesen beiden Kategorien der oɛßóuɛvor und der eigentlichen лoоon2vτо pflegen die christlichen Gelehrten allgemein zwei scheinbar allerdings verwandte Kategorien zu identificiren, die uns in der rabbinischen Literatur begegnen. Man pflegt zu sagen (und so ist auch noch in der ersten Auflage dieses Buches geschehen), die oɛBouɛvoi hiessen im Rabbinischen Proselyten des Thores (773) ), die eigentlichen лooń2vTo aber Proselyten der Gerechtigkeit (P) 293). In Wahrheit ist nur das letztere richtig, während die oɛßóuevo und die gar nichts

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mit einander zu thun haben. Dem Sprachgebrauch der Mischna sind jene Bezeichnungen überhaupt noch fremd; sie unterscheidet nur zwischen schlechthin und 2. Ersteres ist ein zum Judenthum bekehrter Heide, letzteres das, was im Alten Testamente ein heisst, nämlich ein im Lande Israel wohnender Fremder (s.

e. 122 (ynógas); vgl. Schleusner, Lexicon in LXX s. v. yɛigaç, und Otto zu Justin a. a. O. In der Geschichte des jüdischen Krieges wird bei Josephus häufig erwähnt ὁ τοῦ Γιώρα Σίμων. Zur Bezeichnung des einfachen Metöken im alttestamentlichen Sinne gebraucht die Mischna den auch schon im A. T. vorkommenden Ausdruck Baba mezia V, 6. IX, 12. Makkoth II, 3. Negaim III, 1. Denselben Bedeutungs-Wandel wie hat auch das griechische gooλvros durchgemacht. Auch dies ist im späteren Sprachgebrauch nicht, wie bei den LXX, ein advena im Lande Israel, sondern ein zur Religion Israel's Uebergetretener (ein νομίμοις προσεληλυθὼς rois 'lovdaïzois Antt. XVIII, 3, 5). So erklärt Philo, indem er dem alttestamentlichen Worte den zu seiner Zeit üblichen Sinn unterlegt, De monarchia I $. 7 (Mangey II, 219): τούτους δὲ καλεῖ προσηλύτους ἀπὸ τοῦ προσεληλυθέ ναι καινῇ καὶ φιλοθέῳ πολιτεία κ. τ. λ. Vgl. auch das Catenen-Fragment zu Exod. 22, 19 bei Mangey II, 677. Suidas Lex. s. v. giebt folgende Erklärung: οἱ ἐξ ἐθνῶν προσεληλυθότες καὶ κατὰ νόμον ποθήσαντες πολιτεύεσθαι.

c. 1.

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Im Neuen Testamente: Matth. 23, 15. Act. 2, 10. 6, 5. 13, 43 (an letzterer Stelle ist jedoch wegen des Zusatzes oɛßóuevo wohl nicht an Beschnittene zu denken). Justin. Dial. c. Tryph. c. 122. Irenaeus III, 21, 1 (Theodotion und Aquila ἀμφότεροι Ἰουδαῖοι προσήλυτοι). — Tertullian. adv. Judaeos Clemens Alexandr. Quis dives salvetur c. 28 (Dindorf III, 405). Inschrift bei Orelli, Inscr. Lat. n. 2522 (s. oben Anm. 276). Eine andere Inschrift bei Engeström, Om Judarne i Rom (Upsala 1876) p. 41 sq.: Mannacius sorori Chrusidi dulcissime proselyti. Vereinzelt kommt statt προσήλυτος auch innivros vor (Philo, De monarchia lib. I §. 7 ed. Mangey II, 219. Barnabae epist. c. 3 fin.).

Es

293) So z. B. Deyling in der oben (Anm. 291) genannten Abhandlung, Wolf, Curae philol. in Nov. Test. zu Act. 13, 16, und viele Spätere. will mir scheinen, als ob Deyling der Urheber dieser Ansicht sei. Bei Früheren habe ich die Gleichsetzung der aɛßóuevo mit den Proselyten des Thores nicht gefunden.

Anm. 292). Um der grösseren Deutlichkeit willen hat man dann später statt auch gesagt (ein gerechter, d. h. das Gesetz beobachtender Fremder) und statt auch, ein in den Thoren oder im Lande Israels wohnender Fremder (nach Exod. 20, 10. Deut. 5, 14. 14, 21. 24, 14). Letzteres ist also genau dasselbe was im A. T. einfach ein heisst. Es scheint jedoch, dass auch dem talmudischen Sprachgebrauch der Ausdruck noch fremd ist. Wenigstens an allen Talmud-Stellen, welche in der mir bekannten Literatur citirt werden, wird immer nur der Ausdruck Erst bei mittelalterlichen Rabbinen findet 295). Bleiben wir also beim talmudischen SprachFrage nur so gestellt werden, ob die oɛßóidentisch sind? Von den letzteren heisst

.294 gebraucht גר תושב

sich auch
gebrauch, so kann die
Evo mit den

es nun im Talmud, dass sie verpflichtet seien, die sieben Gebote der Kinder Noa's" zu beobachten 296). Unter diesem Namen haben die talmudischen Gelehrten diejenigen Gebote zusammengestellt, welche nach ihrer Ansicht schon für die vor- und ausser- - abrahamidische Menschheit (die Kinder Noa's) gelten 297). Wenn also deren Be

294) So namentlich Sanhedrin 96b: „Naeman (II Reg. 5, 1) war ein : , Nebusaradan (II Reg. 25, 8) war ein " (Buxtorf, Lex. Chald. col. 410). Auch in allen anderen Talmudstellen, welche z. B. Buxtorf (Lex. 8. v.), Levy (Neuhebr. Wörterb. s. v. :), Hamburger, (Real-Enc. Art. „Proselyt“) u. A. citiren, kommen nur die Ausdrücke zvr ¬ und ps vor.

295) Wenn man die neueren Behandlungen unseres Gegenstandes liest, sollte man meinen, der Ausdruck sei höchst geläufig. In der ganzen mir bekannten Literatur konnte ich aber nur eine Belegstelle dafür finden, nämlich R. Bechai (13. Jahrh.) in seinem Kad ha-Kemach bei Buxtorf Lex. col. 410.

"

296) Aboda sara 64b: Wer ist ein ? Nach R. Meir Jeder, der in Gegenwart von drei Chaberim sich verpflichtet, keinen Götzendienst zu treiben. Die Gelehrten sagen aber: Jeder der auf sich nimmt die sieben Gebote, welche die Nachkommen Noa's () auf sich genommen haben. Andere sagen: Ein ist ein Fremder, welcher gefallenes Aas isst (riba: Lev. 22, 8; Deut. 14, 21); welcher alle Gebote der Thora beobachtet ausser jenem Verbot des gefallenen Aases". S. auch Buxtorf Lex. col. 409. Hamburger Real-Enc. II, 941 (Art. Proselyt). Slevogt, De proselytis Judaeorum c. 41, bei Ugolini Thes. XXII, 842 (nach Maimonides). Leyrer in Herzog's Enc. 1. Aufl. XII, 250. Delitzsch, Ebendas. 2. Aufl. XII, 300.

(nicht Unzucht treiben), 5)

297) Sanhedrin 56b oben: „Sieben Gebote wurden den Nachkommen Noa's () gegeben: 1) (Gehorsam gegen die Obrigkeit), 2) on ra- (Heilighaltung des Namens Gottes), 3) (Vermeidung des Götzendienstes), 4) (nicht morden), 6) a (nicht rauben), 7) 28 (nicht lebendiges, d. h. blutiges Fleisch essen)“. Dieselbe Aufzählung Tosefta Aboda sara IX. An einigen Stellen des Midrasch (z. B. Bereschith rabba c. 16 fin. bei Wünsche, Der Midrasch Bereschit rabba ins Deutsche übertragen 1881, S. 72) werden nur die ersten sechs als

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