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war nun sehr erzürnt gegen seine Rathgeber und befahl, die Juden von ihren Fesseln zu befreien, ja sie auf seine Kosten sieben Tage lang zu bewirthen. So feierten dieselben unter fröhlichem Schmausen ihre Errettung und beschlossen, die genannten Tage für immer als Festtage zu begehen. Der König aber erliess Schutzbriefe zu Gunsten der Juden an alle Befehlshaber in den Provinzen und gab den Juden die Erlaubniss, diejenigen ihrer Volksgenossen, welche vom Glauben abgefallen waren, zu tödten. Von dieser Erlaubniss machten sie reichlich Gebrauch und kehrten fröhlich in ihre Heimath zurück (6, 22-7 fin.).

Diese Erzählung ist nicht nur fast durchweg frei erdichtet, sondern sie gehört auch unter den Leistungen dieser Art so ziemlich zur geringsten Sorte. Der Verfasser schwelgt förmlich in der Häufung psychologischer Unmöglichkeiten. Auch der Stil ist entsprechend: schwülstig und geschraubt. Die einzige Basis für die Dichtung des Verfassers scheint eine ältere Legende gebildet zu haben, die wir noch bei Josephus lesen. Dieser erzählt nämlich (contra Apion. II, 5), dass Ptolemäus VII Physkon die Juden Alexandria's, die als Anhänger der Kleopatra seine politischen Gegner waren, den trunken gemachten Elephanten habe vorwerfen lassen. Diese hätten sich aber statt dessen gegen die Freunde des Königs gewandt, worauf der König sein Vorhaben aufgegeben habe. Zum Andenken daran feierten die Juden Alexandria's diesen Tag seitdem als Festtag. Hiernach scheint die Feier des Festtages, die auch das dritte Makkabäerbuch erwähnt (6, 36), jedenfalls historisch zu sein. Und es mag der Legende immerhin irgend ein unbestimmtes Factum zu Grunde liegen. Die ältere Gestalt der Legende scheint aber noch bei Josephus vorzuliegen, da hier alles noch viel einfacher und psychologisch begreiflicher ist, und Josephus offenbar das dritte Makkabäerbuch nicht gekannt hat. Wenn also das letztere die Geschichte auf Ptolemäus IV statt VII bezieht, so ist schon dies eine Abweichung von der älteren Legende; noch mehr aber alle übrigen Zuthaten, mit welchen der Verfasser seine Geschichte bereichert hat.

Ueber die Zeit des Verfassers lässt sich höchstens eine Vermuthung wagen. Inhalt und Tendenz des Buches scheinen eine Verfolgung der Alexandrinischen Juden zur Voraussetzung zu haben, wegen deren der Verfasser seine Glaubensgenossen trösten und ermuntern will. Dies lässt uns zunächst an die Zeit Caligula's denken, wo zum erstenmale eine solche Verfolgung in grösserem Massstabe stattgefunden hat. In diese setzen daher z. B. Ewald, Hausrath und Reuss die Abfassung unseres Buches. Auffallend wäre dann freilich, dass der Verfasser den Ptolemäus nicht mit dem Anspruch auf göttliche Verehrung auftreten lässt, was doch bei Ca

ligula der Hauptanstoss war. Ueberhaupt sollte man dabei mehr specielle Beziehungen auf die Ereignisse unter Caligula erwarten. Es ist daher nur zu billigen, wenn Grimm bei aller Geneigtheit, der Ewald'schen Hypothese beizustimmen, sich doch reservirt hält (Exeget. Handbuch S. 218 f.). Im Allgemeinen wird man sagen dürfen, dass das Buch frühestens im ersten Jahrh. vor Chr. und spätestens im ersten Jahrh. nach Chr. entstanden ist; ersteres, weil der Verfasser bereits die griechischen Zusätze zu Daniel kennt (6, 6), letzteres weil es sonst nicht mehr von der christlichen Kirche recipirt worden wäre.

Das älteste christliche Zeugniss sind die Canones apost. (bei Cotelier, Patr. apost. ed. 2. I, 453), canon 76 (al. 85): Mazzaßaiov rqia. Ebenso zählt auch die Stichometrie des Nicephorus: Mazzaßaïxà y (bei Credner, Zur Gesch. des Kanons S. 119). In der Synopsis Athanasii steht statt dessen Mazzaẞaïzà Bißhia d', IIroλeμaïzá (Credner S. 144), wo nach Credner's Vermuthung statt der Zahl d vielleicht zu lesen ist zai, so dass dann unter den Ilroλeμaïzά unser drittes Makkabäerbuch zu verstehen wäre. Sonstige Zeugnisse s. bei Eichhorn, Einl. in die apokr. Schriften des A. T. S. 288 f. Grimm, Handb. S. 221 f. In der lateinischen Kirche scheint das Buch nie bekannt geworden zu sein, weshalb es auch in der Vulgata fehlt. Dagegen fand es Eingang in der syrischen Kirche, wie die vorhandene alte syrische Uebersetzung beweist. Der Name Makkabäerbuch ist dem Buche sehr missbräuchlich gegeben worden, nur deshalb, weil auch hier von Verfolgung glaubenstreuer Juden die Rede ist.

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In den Handschriften der Septuaginta ist das Buch in der Regel enthalten, so namentlich auch im cod. Alexandrinus. Es findet sich daher auch in den meisten Ausgaben der Septuaginta und in den Separatausgaben der griechischen Apokryphen (s. oben S. 582 f.). Von alten Uebersetzungen ist hier nur die alte syrische Uebersetzung zu erwähnen (s. oben S. 583). Die exegetischen Hülfsmittel im Allgemeinen s. oben S. 583. Commentar: Grimm, Das zweite, dritte und vierte Buch der Maccabäer (Exegetisches Handbuch zu den Apokryphen des A. T.'s, 4. Thl.), Leipzig 1857. Untersuchungen: Eichhorn, Einl. in die apokryphischen Schriften des A. T.'s S. 278-290. Bertholdt, Einl. in sämmtliche kanon. und apokr. Schriften des A. u. N. T.'s Bd. III, S. 1082-1091. Ewald, Gesch. des Volkes Israel IV, 611-614. De Wette-Schrader, Einl. in das A. T. S. 572 f. Hausrath, Neutestamentl. Reuss, Gesch. der heil. Schriften Alten

Keil, Einl. in das A. T. 3. Aufl. S. 720 f. Zeitgesch. 2. Aufl. II, 262-265.

Testaments §. 574.

9. Philo's historische Schriften.

Als Verfasser historischer Werke über die jüdische Geschichte ist hier auch der Philosoph Philo zu nennen. Und zwar hat er sowohl Darstellungen aus dem Bereiche der älteren Geschichte als solche über die Geschichte seiner Zeit hinterlassen.

1) In ersterer Hinsicht ist vor allem ein grosses Werk zu nennen, das uns fast vollständig erhalten ist, nämlich eine umfassende Darstellung der mosaischen Gesetzgebung. Es ist freilich kein eigentlich historischer Bericht, sondern eine systematische Darstellung; aber doch in der Weise, dass Philo dabei das gesetzgeberische Werk des Moses selbst, nämlich den wesentlichen Inhalt des Pentateuches, in übersichtlicher Form zur Darstellung bringen will. Dass dies nicht ohne wesentliche Beeinflussung durch seine eigenen philosophischen Anschauungen geschieht, versteht sich von selbst. Aber die Absicht ist doch lediglich die, in objectiv-historischer Weise eine Uebersicht über die mosaische Gesetzgebung zu bieten. Die einzelnen Theile dieses Werkes sind in den Handschriften und Ausgaben als besondere Bücher unter speciellen Titeln überliefert. Es wird unten (§. 34) gezeigt werden, dass der Plan des Gesammtwerkes folgender ist: a) Das erste Buch bezieht sich auf die Weltschöpfung. Denn von dieser hat Moses an der Spitze seines Werkes gehandelt, um deutlich zu machen, dass seine Gesetzgebung dem Willen der Natur gemäss sei. b) Die folgenden Bücher behandeln das Leben des Enos, Henoch, Noa, Abraham, Isaak, Jakob und Joseph, jedoch so, dass die ersten drei nur kurz in der Einleitung zum Leben Abrahams behandelt werden, den anderen vier je ein besonderes Buch gewidmet ist. Erhalten sind uns das Leben des Abraham und des Joseph. Die Geschichte aller dieser Männer wird erzählt, weil sie durch ihr Leben die allgemeinen Typen der Sittlichkeit, die lebendigen, ungeschriebenen Gesetze" darstellen. c) Erst jetzt folgt die eigentliche Gesetzgebung, und zwar zunächst in einem Buche die zehn Hauptgebote, und sodann in vier Büchern die speciellen Gesetze, geordnet nach den Rubriken der zehn Hauptgebote (näheres s. §. 34). Auf diese Weise kommt wirklich der wesentliche Inhalt des Pentateuches in übersichtlicher Form zur Darstellung. Die Tendenz des ganzen Werkes ist überall die, die jüdische Gesetzgebung als die weiseste und humanste hinzustellen. Die Cultus- und Ceremonialgesetze werden nicht verschwiegen; aber Philo weiss ihnen stets eine vernünftige Seite abzugewinnen, so dass der, der sie vollkommen beobachtet, nicht nur der beste, sondern auch der gebildetste Mensch ist: der wahre Philosoph. Daraus erhellt auch, dass das Werk, wenn nicht allein so doch zunächst für nichtjüdische Leser bestimmt ist. Die Gebildeten aller Nationen sollen dadurch zu der Einsicht gebracht werden, dass das jüdische Gesetz das vollkommenste ist, durch welches die Menschen zu den besten Bürgern und besten Philosophen erzogen werden.

In einer besondern Schrift, die nicht, wie man gewöhnlich annimmt, zu diesem Gesammtwerke gehört, hat Philo auch das Le

ben des Moses selbst beschrieben. Auch hier sind Art und Zweck der Darstellung dieselben wie in dem systematischen Werke. Moses wird als der grösste und weiseste Gesetzgeber geschildert, dessen mächtige Thaten und wunderbare Erlebnisse ihn über alle anderen erheben.

2) Aus der jüdischen Geschichte seiner Zeit hat Philo die bedeutsamste und traurigste Episode, die Verfolgungen der Juden unter Caligula, in einem ausführlichen Werke beschrieben. Einleitungsweise handelte er darin auch von den Verfolgungen durch Sejanus zur Zeit des Tiberius. Das Werk umfasste nach Eusebius fünf Bücher. Die uns erhaltenen beiden Bücher (in Flaccum und de legatione ad Cajum) bildeten wahrscheinlich das dritte und vierte (näheres s. §. 34). Da Philo die erzählten Ereignisse als Augenzeuge mit erlebt hat, ja als Führer einer jüdischen Gesandtschaft an Caligula in hervorragender Weise daran betheiligt war, so ist sein Werk eine Quelle ersten Ranges für die Geschichte jener Zeit.

10. Josephus.

Der bekannteste Geschichtschreiber über jüdische Dinge in griechischer Sprache ist der Palästinenser Josephus, eigentlich Joseph, Sohn des Matthia, ein Priester aus Jerusalem. Von seinen beiden. Hauptwerken ist das eine, die Ἰουδαϊκή Αρχαιολογία, eine zusammenfassende Darstellung der ganzen jüdischen Geschichte von Anbeginn bis auf seine Zeit. Es ist das umfassendste Werk über die jüdische Geschichte in griechischer Sprache, von dem wir überhaupt wissen; und es hat eben deshalb sich dauernd in der Gunst jüdischer, heidnischer und christlicher Leser behauptet, so dass es in zahlreichen Handschriften uns vollständig erhalten ist (näheres s. oben §. 3). Trotz aller Verschiedenheit von der philosophirenden Darstellung Philo's ist die Tendenz doch eine ähnliche. Josephus will durch seine ganze Darstellung die heidnischen Leser, für welche sie in erster Linie bestimmt ist, nicht nur unterrichten über die Geschichte seines Volkes, sondern er will ihnen zugleich auch Achtung einflössen vor dem jüdischen Volke, das eine uralte Geschichte aufzuweisen habe und eine grosse Reihe in Krieg und Frieden hervorragender Männer, und das auch in Bezug auf seine Gesetze und Einrichtungen einen Vergleich mit anderen Völkern nicht zu scheuen brauche (vgl. besonders Antt. XVI, 6, 8). — Das andere Hauptwerk des Josephus, die Geschichte des jüdischen Krieges vom J. 66-73 nach Chr., stellt mehr die Geschichte um ihrer selbst willen dar. Die Ereignisse jener Jahre sind an sich so gewaltig, dass sie einer ausführlichen Darstellung werth schienen.

Vielleicht ist es im Auftrage Vespasian's geschrieben, von welchem Josephus ein Jahresgehalt bezog (Vita 76), und welchem das Werk alsbald nach seiner Vollendung übergeben wurde (contra Apion. I, 9; Vita 65). Wenn man nebenbei von einer glorificirenden Tendenz sprechen darf, so bezieht sich diese mehr auf die eigene Person des Josephus und auf die Römer, als auf das jüdische Volk.

11. Justus von Tiberias.

Ein Seitengänger des Josephus ist sein Zeitgenosse und Landsmann Justus aus Tiberias. Auch er hat nach dem Untergang seines Volkes sich auf die Schriftstellerei geworfen, nur darin weniger glücklich als Josephus, dass seine Werke weniger gelesen wurden und darum wieder untergegangen sind. Mit Josephus hat er auch dies gemein, dass er sowohl die jüdische Geschichte als Ganzes, als die Ereignisse seiner Zeit in je einem Werke behandelt hat. Seine Geschichte der jüdischen Könige" von Moses bis Agrippa II war nach den Angaben des Photius, der sie noch gekannt hat (Biblioth. cod. 33), „sehr kurz im Ausdruck und vieles Nothwendige übergehend". Da sie auch von Julius Africanus in seiner Chronik benützt worden ist, so darf man wohl annehmen, dass sie die Formı einer Chronik hatte, in welcher ein Hauptgewicht auf die Feststellung der Chronologie gelegt war. In einem anderen Werke scheint Justus die Geschichte des jüdischen Krieges, sei es ganz oder theilweise, dargestellt zu haben in einer Weise, durch welche Josephus sich compromittirt fühlte, der daher in seiner Vita sehr heftig gegen Justus polemisirte (näheres s. §. 3).

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IV. Epos und Drama.

1. Philo der Epiker.

Die Aneignung der griechischen Literaturformen von Seite der hellenistischen Juden blieb nicht bei der Prosa stehen. Selbst das Epos und Drama der Griechen wurde auf den Boden des hellenistischen Judenthums verpflanzt, indem man die biblische Geschichte in der Form des griechischen Epos besang, ja in der Form des griechischen Drama's darstellte. Was uns von dieser merkwürdigen Literatur noch erhalten ist, verdanken wir den Excerpten des Alexander Poly histor, welche Eusebius in seine Praeparatio evangelica aufgenommen hat (s. oben S. 727 ff.).

Aus dem griechischen Gedicht eines gewissen Philo „Ueber Jerusalem (IIɛqì và lɛqoσóλvua) sind bei Eusebius drei kleine

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