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ihr verschwendet stark", antwortet mit gewohnter Zungenfertigkeit: ,,Ich wollte, es wäre anders. Ich wollte, meine Mittel wären stark und meine Stärke verschwände."

Wie sehr der Euphuismus das Wortspiel liebte, ist eine bekannte Thatsache und wird durch viele Stellen in Lilly's Dichtungen erläutert. Shakespeare folgte dem Zuge der Zeit und hat das Wortspiel aus Behagen an der Sache angewandt, wie das Sonett 136 beweist; er gebrauchte es auch in der Form des tragischen Witzes. Den sterbenden Gaunt, der in Richard II. (2, 1) mit seinem Namen spielt, wie es auch Ajas bei Sophokles (Aj. 430 Schn.) in einer weniger umfangreichen Weise thut, frägt Richard, ob Kranke so mit ihrem Namen spielen, und er erhält die psychologisch so tiefe Antwort, dass Elend es liebt, sich selbst zu verspotten. Es ist dem Wortspiel verwandt, wenn in dem 1594 erschienenen Drama The true Tragedy of Richard the Third in elf auf einander folgenden Versen das Wort revenge zehn Mal am Schlusse jedes Verses gebraucht wird; 1) in der Tragödie Locrine findet man eine solche Wiederholung desselben Wortes in zwei Stellen; Shakespeare selbst hat in König Johann den effectvollen Redner von Angers, welchen Faulconbridge verspottet, in ähnlicher Weise sprechen lassen, und mit dem Nachdruck des Aergers wiederholt Percy in Heinrich IV. (I, 1, 3) den Namen Mortimer. Aber nirgends macht diese Redeweise einen so schönen Eindruck als in Portia's Munde, wenn sie zu Bassanio sagt (5, 1):

Und hättet ihr gekannt die Kraft des Rings,
Halb deren Werth nur, die euch gab den Ring,
Und eure Ehre, hangend an dem Ring,

Ihr hättet so nicht weggeschenkt den Ring.

Es liegt in diesen Worten eine heitere und liebenswürdige Parodie des Bassanio, der in derselben Weise gesprochen hatte. Dem Charakter aber der geistreichen und witzigen Personen des Lustspiels steht es wohl an, mit Worten zu spielen. Die Beliebtheit der Sache mochte den Dichter veranlassen, auf dem Gebiete des Wortspiels zuweilen des Guten zu viel zu thun und es für unseren Geschmack bis zur Ermüdung durchzuführen. Die witzigen Personen seiner Dramen, die niedere Sphäre der Diener und Clowns nicht ausgeschlossen, ergehen sich in allen Formen des Wortspiels; ein beliebter Zug niederer Komik ist die wortspielende Ausdeutung der Eigennamen, worin Falstaff

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1) Man findet die Stelle bei Delius, King Richard III. (1858), p. VI.

Meister ist, und die Verdrehung und Corrumpirung der Wörter im Munde der Frau Hurtig und anderer Personen; das Glücklichste wird geleistet, wenn ein Wort in sinnlicher und übertragener Bedeutung zu gleicher Zeit verwandt wird, und die concrete und abstrakte Bedeutung eines Wortes zusammen steht. Die Neigung zu dieser Form der Rede gefiel sich auch in der Form der Figura etymologica 1) und vereinigte sich gern mit dem Gebrauche der Alliteration und Assonanz. Bei Lilly sind die letzteren überaus häufig gebraucht, und Euphues gefällt sich darin, seinen paränetischen Gedanken wie seinen Sentenzen durch Alliteration, Assonanz und Reim eine frappante Form zu geben. 2) Die Stellen, in welchen

1) Vergl. Richard II, 2, 3, Delius, p. 52:

Grace me no grace, nor uncle me no uncle:
I am no traitor's uncle; and that word,,grace"
In an ungracious mouth, is but profane.

Richard III., 3, 7, Delius, p. 90:

Her face defaced with scores of infamy.

Richard II., 4, 1, Delius, p. 85:

Was this the face, that fac'd so many follies
And was at last out-fac'd by Bolingbroke?

Out-frown false fortune's frown.

King Lear, 5, 3, Delius, p. 129:

King Henry V., 1, 2 (Delius, p. 33):

For many a thousand widows
Shall this his mock mock out of their dear husbands,
Mock fathers from their sons, mock castles down.

King Henry V., 4, 2 (Delius, p. 91):

Description cannot suit itself in words

To demonstrate the life of such a battle,

In life so lifeless as it shows itself.

All's well that ends well, 4, 3 (Delius, p. 86): he has out - villain'd villany so far. Hamlet, 3, 1 (Delius, p. 0.): it out-herods Herod.

2) Euphues (Arber's Ausgabe), p. 39: Descend into thine own conscience and consider with thy selfe the great difference betweene staring and stark blynde, witte and wisdom, love and lust: be merry, but with modesty: be sober, but not too sullen be valyaunt, but not too venterous. Let thy attire bee comely, but not costly. Euphues, p. 63: Shall affection be of more force then friendship, love then lawe, lust then loyaltie? Vergl. p. 93: Love knoweth no lawes. p. 114: the medicine the more bitter it is, the more better it is in working. Die Alliteration mit sprichwörtlicher Wendung, p. 243: Nothing shall alter my minde, neither penny nor Pater noster. Assonanz und Reim, p. 324: the sooner she is to bee wooed, the likelier to be wonne. p. 110: They flatter themselves with a fainting farewell, deferring ever until to-morrow, when as their morrow doth alwayes increase their sorrow. p. 115: Any to be zealous except they bee jealous? p. 24?: to rest at their own home till they come to their long home?

bei Shakespeare die witzigen Personen sich des Wortspiels bedienen, sind unzählig; Alliteration und Assonanz hat man beisammen in der beweglichen Rede Falstaffs, in welcher er den Vater des Prinzen parodirt (I, 2, 4): ,,Denn, Heinrich, jetzt rede ich nicht im Trunke zu dir, sondern in Thränen, nicht zum Zeitvertreib, sondern im Herzeleid, nicht blos in Worten, sondern auch in Sorgen (not in words only, but in woes also). Dass Alliteration und Assonanz hier die komische Wirkung erhöhen, war die Absicht des Dichters, und wie er über den unmässigen Gebrauch der Alliteration dachte, hat er schon in dem Drama, dem er selbst einen alliterirenden Titel gab (Love's Labour's Lost), an dem Pedanten Holofernes gezeigt, dessen Lächerlichkeit in seiner Liebe zum ,,Almosenkorb der Worte" wie in seiner Neigung,,,den Buchstaben zu affectiren", wie er die Kunst der alliterirenden Rede nennt, hinlänglich blossgestellt wird.

Statistik

der Karlsruher Shakespeare-Aufführungen

in den Jahren 1810-1872.

Von

Otto Devrient.

I. Geschichtliche Vorerinnerung.

Das Karlsruher Hoftheater als solches besteht seit dem 9. November 1810, wo das durch Weinbrenner (1807-8) zum Theater eingerichtete Orangeriegebäude mit einem Prologe und der Oper Achilles von Paer feierlich eröffnet wurde. Die Regie Mittell's und eines die Geschäfte führenden Comité überdauerte bis zum Jahre 1823 die flüchtigen Intendanzen: v. Stockhorn, v. Hacke, v. Ende, Dubois de Gresse, v. Gayling.

Nun stand von 1824-31 an der Spitze des Comité der schon als Schriftsteller bekannt gewordene v. Auffenberg. Als er mit Wartegehalt quiescirt wurde, trat auch das Comité zurück und von 1832-39 Graf v. Leiningen als Intendant ein; ihm folgte 1840-43 Freiherr v. Gemmingen-Michelfeld, der wieder 1844-50 dem früheren Führer v. Auffenberg Platz machte. In diese Periode fällt der grauenvolle Theaterbrand, am 28. Februar 1847.

Am 3. November 1847 ward in einem frühern Orangeriehause das neu hergerichtete Noththeater eröffnet, in dem auch unter den. folgenden kurzen Intendanzen v. Tschudi und v. Kettner (HofdomänenIntendanz) bis zum 17. April 1853 gespielt wurde.

Am 17. Mai 1853 eröffnete Eduard Devrient (dessen Direktion sich schon im Noththeater seit Januar 1853 mit Einführung Shake

speare'scher Stücke vereinzelt geltend gemacht hatte) mit einem von ihm gedichteten, vom Kapellmeister Strauss componirten Festspiele und Schiller's,,Jungfrau von Orleans" das neue Theater, an welchem er bis zum 1. Februar 1870 die Direktion führte.

Ihm folgte im Amte Wilhelm Kaiser bis zu den Theaterferien im Juni 1872.

Spieltage waren seit Anbeginn: Sonntag, Dienstag, Donnerstag; und von etwa 160 Vorstellungen, welche gegeben wurden, fielen von Anfang bis auf unsere Zeit 144 auf das Abonnement, die übrigen Abende auf aufgehobene Abonnements, Benefice und Anfangs ,,Freikomödien".

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Unter der Direktion Devrient's ward auch der Freitag zur Abonnementsergänzung den Spielabenden zugefügt und, seit am 6. August 1862 das Theater in Baden mit einem Prolog von Ludwig Eckardt (gesprochen von Frau Lange) und „Das Nachtlager in Granada" eröffnet worden, regelmässig am Mittwoch eine Vorstellung des Hoftheaters in Baden gegeben. W. Kaiser fügte den Montag in zwangloser Wiederkehr den Badener Spielabenden zu, liess wohl auch gleichzeitig des Sonntags in Karlsruhe und Baden spielen.

II. Uebersicht der Shakespeare-Aufführungen

in Karlsruhe vom 9. November 1810 bis 31. Dezember 1871.

Die beiden Monate des ersten Jahres weisen kein Shakespeare'sches Drama auf. Während der folgenden 61 Jahre kamen nach und nach 20 Shakespeare'sche Stücke und zwar in nachstehender Reihenfolge zur Aufführung:

1) Hamlet. 2) Viel Lärm um Nichts. 3) König Lear. 4) Bezähmte Widerspenstige. 5) Julius Cæsar. 6) Macbeth. 7) Romeo und Julie. 8) Kaufmann von Venedig. 9) König Heinrich IV. 10) Othello. 11) König Richard III. 12) Was ihr wollt. 13) Komödie der Irrungen. 14) Sommernachtstraum. 15) Coriolan. 16) Wintermärchen. 17) König Johann. 18) Sturm. 19) König Richard II. 20) Wie es euch gefällt.

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