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ihren Sprachen auf verschiedene Art angepaßt haben, so ist daraus erfolgt, daß gegenwärtig oft dieselben Buchsta ben in verschiedenen Sprachen ganz verschiedene Laute bez zeichnen. Man ist indessen unter diesen Nationen, die ein gemeinschaftliches Alphabet haben, stillschweigend übereingekommen, die Wörter so zu schreiben, wie sie in ihrer Heimath geschrieben werden; welches zwar, besonders in Rücksicht der Namen von Personen und Oertern, mehrere Vortheile vereinigt, aber auch vorausseßt, daß jeder, der diese Wörter recht aussprechen will, einige Kenntniß aller dieser Sprachen besigen muß. Denn wie könnte man sonst einem übrigens wohl unterrichteten Manne, der nicht zugleich französisch, englisch, italienisch und polnisch gelernt hat, zumuthen, daß er Bordeaux Bordo, Cambridge Kambritsch, Civita vecchia Tschiwita weckia, und Pac Paz lesen soll, u. d. gl.

Bey etymologischen Untersuchungen, scheinen jedoch die Vortheile und Nachtheile jener stillschweigenden Uebereinkunft, sich auf gewisse Art auszugleichen. Denn, so zeugt z. B. die Schreibart der Wörter, daß das französische est, mit dem lateinischen est, dem griechischen esti, dem deutschen ist, dem platdeutschen és, dem slawischen est u. f. w. aus einer und derselben ursprünglichen Quelle ent sprossen sey, welches nicht so leicht auffallen würde, wenn man das französische Wort, nach der Aussprache à, und das slawische jest schreiben würde. Dagegen würde man bey manchem englischen Wort, kaum seinen germanischen Ursprung errathen, wenn man es bloß nach der englischen Rechtschreibung, und nicht zugleich nach der Aussprache beurtheilen könnte. - Es verstünde sich indessen wohl von selbst, daß Wörter aussereuropäischer, oder anderer wenig bekannter Sprachen, die auf dem Wege neuer Reisebeschreibungen, oder anderer ausländischen Schriften zu uns

gelangen, von deutschen Uebersegern, nicht, wie es oft geschicht, bald nach französischer, bald nach englischer oder spanischer, sondern regelmäßig nach deutscher Rechtschreiz bung geschrieben werden sollten. —

Das

Die russische Sprache unterscheidet sich dadurch von allen übrigen neuern kultivirten Sprachen Europens, daß sie sich des alten slawischen Alphabets bedient, welches zwar nach dem griechischen (dem Vorbilde des römischen) gebildet, aber mit einigen Buchstaben vermehrt worden war. russische Alphabet hat daher den Vortheil vor dem unsrigen, daß es vollständiger und bestimmter ist; weil es mehrere einzelne Buchstaben enthält, deren Laute theils in unserer, theils in andern europäischen Sprachen, entweder gar nicht úblich sind, oder auf verschiedene Art, durch Zusammenfügung mehrerer Buchstaben bezeichnet werden. Es hat z. B. einen eigenen Buchstaben für das deutsche ch; einen eigenen für das französische g vor e und i; einen eigenen für unser sch (das französische ch); einen eigenen für unser tsch (das italienische c vor e und i); einen eigenen Buchstaben für einen Laut, den wir durch schtsch (nach franzósischer Schreibart chtch) bezeichnen, u. s. w. Indessen ent stand daher, schon vor mehr als hundert Jahren, die Frage: wie schreibt man russische Wörter (besonders Namen von Personen und Dertern) mit römischen Buchstaben? Die Antwort schien leicht zu seyn; man schreibe sie so, wie sie im Russischen ausgesprochen werden. Hieraus aber würde dann folgen, daß mancher russische Reisende seinen Namen in jedem andern europäischen Lande, auf andere Artschreiben müßte, und was dergleichen Unbequemlichkeiten mehr sind. Die Nachbarschaft, und die seit uralten Zeiten bestehenden vielfältigen Verbindungen der Russen und Deutschen, hatten in solchen Fällen von jeher die deutsche Rechtschreibung begünstiget, welche auch die russische kaisers

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liche Akademie der Wissenschaften, in ihrer neuerdings angenommenen und bekannt gemachten Norm für die Schreibart russischer Wörter mit römischen Buchstaben, aus meh rern guten Gründen, größtentheils beobachtet hat.

Da die mehresten der in dem allgemeinen vergleichenden Wörterbuche aufgeführten Sprachen, bey uns nicht viel mehr als nur dem Namen nach bekannt sind, so hat man sich hier bey solchen unbedingt an die Aussprache gehalten, so wie sie mit russischen Buchstaben bezeichnet war, und durch deutsche ausgedrückt werden konnte. Bey russischen und andern slawischen Wörtern, ist zwar hauptsächlich die Aussprache, zuweilen aber auch die Schreibart, bey solchen Sprachen aber die unter uns allgemein bekannt sind, und mit uns ein gemeinschaftliches Alphabet haben, hauptsächlich die Schreibart, zuweilen aber auch die Aussprache berücksichtiget worden. Den russischen Buchstaben, der den Laut des französischen g vor e und i ausdrückt, hat man, nach dem Beyspiel verschiedener berühmten deutschen Schriftsteller, durch sh, einen andern russischen Buchstaben, dessen Laut zwischen unserm i und ü das Mittel hålt, ge: wöhnlich mit y, zuweilen auch mit ü, das russische e aber, obgleich es im Anfange der Wörter und Sylben mit einem Vorschlag, ohngefähr so wie das deutsche je ausgesprochen wird, gewöhnlich nur mit e bezeichnet.

Uebrigens versichert der Verfasser und Ueberseßer dieser Schrift, daß darin kein einziges Wort, zu Gunsten irgend einer vorgefaßten Meynung, verstellt oder gemodelt worden ist. Wer wollte aber wohl für alle Mißgriffe und Fehler seiner selbst, und aller seiner Autoritäten stehen?

Ueber den Ursprung

und

die verschiedenartige Verwandtschaft

der europäischen Sprachen.

Nach Anleitung

des russischen allgemeinen vergleichenden Wörterbuchs.

Erster Theil

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