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stammes durchbrochen, zertrennt, in einigen Gegenden aber mit den eingedrungenen fremden Dialekten verschiedenartig vermischt und verbunden ward.

Diese Sprachen vom kaukasisch - indostanischen Stamme, haben zwar in alle alte und neuere europäische Sprachen, zu verschiedenen Zeiten mehr oder weniger Einfluss gehabt; sie müssen aber doch vorzüglich als die Hauptquellen der germanischen und slawischen, so wie in einem mindern Grade der alten griechischen und römischen Sprachen betrachtet werden.

Der ursprüngliche Charakter der keltischen Dialekte, scheint durch einfache und weiche Laute begründet; der ursprüngliche Charakter der germanischen und slawischen Dialekte hingegen, eine durch häufige Mitlauter erzeugte kraftvolle und harte Sprechart zu seyn; ein Unterschied der noch gegenwärtig, nach so vielen gegenseitigen Vermischungen, die flawischen und germanischen Sprachen, von allen übrigen europäischen Sprachen auszeichnet, so wie er sich in Asien am auffallendsten zwischen der persischen und schinesischen Sprache zeigt. (Anmerk. Nr. 27.)

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Sey es die Schwierigkeit Dinge zu unterscheiden, die in sehr weiter dunkler Ferne liegen; sey es die bloße Ähnlichkeit der Sylben Kel und Gal (da k und g sehr oft, und a und e noch öfter verwechselt werden): so ist es seit lange her unter den Gelehrten, besonders unter den französischen, üblich geworden, die Namen keltische und gallische Sprachen, oder Kelten und Gallen, als völlig gleichbedeutend zu betrachten; eine Meynung die wenigstens eben so schwer zu be weisen, als zu widerlegen ist. Es ist sehr möglich, daß diese åhnlichen und oft verwechselten Völkernamen, aus einer und derselben Wurzel entstanden sind; es bleibt aber auch in diesem Falle eben so möglich, daß sie sich in der Folge der Zeiten, im Betracht der dadurch bezeichneten Völker, ohngefähr eben so gegen einander verhalten haben könnten, wie sich jezt die Namen Franken und Franzosen (Franc und François), oder frånkische und französische Sprache, gegen einander verhalten, die auch einen gemeinschaftlichen Ursprung hatten. (Anmerk. Nr. 20.) Die Erklärung des Ursprungs eines Namens,

welchen irgend ein Volk von einem andern erhalten hat, oder noch jest erhält; noch mehr aber die Erklärung eines alten Namens den ein Volk sich selbst giebt, ist jederzeit vielen Irrthümern und Fehlschlüssen unterworfen; wie sollte es denn nicht die genetische Erklärung des Namens der Kelten und Gallen seyn? dessen erste Entstehung weit jenseits aller unserer Geschichte liegt. (Anmerk. Nr. 28). Wenn man aber diese Namen blos in geschichtlicher und geographischer Rücksicht betrachtet, so scheint es doch, daß der Name der Kelten in Europa weit ålter gewesen, und einmal in einem weit größern Umfange geherrscht habe, als späterhin der Name der Gallen.

Die Kelten waren vielleicht das Urvolk, die Avtochthonen Europens, oder die erste Kolonie welche Europa bevölkerte, oder wenigstens die erste deren Name auf die Nachwelt gekommen ist. Die gemeinschaftlichen Wörter, welche sich einerseits in den alten Sprachen abgelegener Gebirge, Inseln und Seeküsten des südwestlichen Europens; andererseits aber in den Sprachen verschiedener, bis an die öden unwirthbaren Küsten des Eismeeres versprengten Völker erhalten haben, mögen Überreste des alten keltischen Sprachstammes seyn.

Diese Kelten, oder die ersten Bewohner Europens, irreten vielleicht lange lange Zeit in den Gebirgthålern, hoheu Ebenen und Wildnissen unsers Welttheils umher, bis neue Horden nomadischer Völker vordrangen, und sich in den östlichen Gegenden Europens ausbreiteten.

Diese Völker welche in alten Zeiten Scythen genannt wur den, waren allem Ansehen nach die Voråltern Derer, die wir jezt unter dem allgemeinen Namen der tschudischen oder finnischen Völkerschaften begreifen (Anmerk. Nr. 26); ein Völkerstamm, der durch andre verdrängt und zerrissen, doch gegens wärtig noch in einem ungeheuren Landstriche, von den Ufern des baltischen Meeres an, bis an die sibirischen Grengebirge verbreitet ist. Die Scythen kriegten wahrscheinlich oft mit den Kelten, vermischten sich mit ihnen, und drückten sie immer weiter nach Westen hin; während daß andre Völker aus dem nordöstlichen Asien her, um Plaß für ihre Jagden und Weiden

zu finden, von ihrer Seite die Scythen drückten, und zwischen ihnen durch in die Wohnsiße der Kelten drangen.

Einmales wåre thōricht hier genaue Zeitpunkte bestimmen zu wollen - einmal drang eine zahlreiche Horde dieser östlichen Völker, Gallen (Galli) Galen (Gal) oder Golen (Gaulois) genannt, durch das Gebiet der Scythen und anderer Völker tief in Keltien ein, und setzte sich in dem schönen Lande fest, welches nach ihnen Gallien (Gallia) oder die Golen (les Gaules) benannt worden ist.

Unterdessen

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Coder vielleicht schon sehr lange vor dieser Epoche) waren andere, wahrscheinlich etwas mehr kultivirte Völker, von den südlichen Höhen des Kaukasus und den indostanischen Gebirgen her, immer näher heran gerückt, die in Europa zwischen Scythen und Kelten eindrangen, die erstern nach Osten, die letztern nach Westen zu drückten, auf beyde verschiedentlich wirkten, viele bezwungene Stämme derselben unter sich aufnahmen, dadurch immer mehr Raum und Kraft gewannen, sich nach allen Gegenden Europens ausbreiteten, und nach und nach ihre Herrschaft fast über alle alte Völker und Sprachen erstrekten. Nach diesen aus den Denkmålern uud Ruinen der ältesten europäischen Sprachen vermutheten Begebenheiten der Vorzeit, führten andere Ereignisse, andere Revolutionen unsers Welttheils herbey, die zu dem Gebiete der Geschichte gehören.

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Unser Ziel wåre erreicht, wenn sich zeigen ließe, daß die ersten dunkelen Nachrichten der europäischen Geschichte, die Vermuthungen bestätigen, die wir aus der Vergleichung der Sprachen gezogen haben.

Eine uralte, durch griechische Schriftsteller aufbewahrte Sage enthielt: daß, als die ganze Erde unter Äthiopier, Indier, Scythen und Kelten getheilt gewesen, die leßtern den westlichen Theil oder Europa besessen håtten. — Wahrs scheinlich war es eine Folge dieser Vorstellung, daß Plinius ein gewisses Vorgebirge, welches beym Übergange aus Asien nach Europa zn sehen war, das erste Vorgebirge Keltiens Es kommt hier nicht darauf an, ob diese angebliche

nennt.

Vertheilung der Erde unter vier Haupt- Racen, auf irgend etwas gegründet gewesen sey; es genügt uns für jeßt, daraus zu schließen, daß man in den uråltesten Zeiten ganz Europa, in so weit man es kannte, als von Kelten bewohnt, irgendwo mit dem Namen Keltiens, oder des Keltenlandes, benannt habe.

Die Sachen mussten sich schon sehr verändert haben, als die Zeit der europäischen Geschichte anfing. Denn, Herodot zeigt uns im Westen Europens Kelten, im Osten Scythen, und zwischen beyden, außer seinen Griechen, besonders die zahlreichen und mächtigen Thracier, und die weitverbreiteten Veneten, welche beyde Nationen man nicht ohne Grund .ls Vorfahren oderStammverwandte der germanischen und s.arischen Völker betrachten kann. S. die germanischen und slawischen Sprachen.

Diodor seßt die Kelten in einen großen Landstrich, von, den Pyrenåen an, bis zu den Alpen, und glaubt, daß alles übrige Land bis zu den Scythen von Galaten bewohnt sey. Alle diese Namen sind hier ohne Zweifel bloße geographische oder Collectiv - Namen, worunter mehrere unbekannte Völker von verschiedener Abkunft und Sprache begriffen werden. Doch lässt sich aus dieser Stelle schließen, daß die Gallen, die wir unter den Kelten finden, aus dem hier sogenannten Galatenlande, das ist, von Osten her gekommen waren.

Cåsar, zeigt uns in dem Lande, welches damals unter dem allgemeinen geographischen Namen Gallien begriffen ward, drey in Sitten, Sprache und Gebräuchen ganz verschiedene Nationen. Hi omnes lingua, institutis, legibus inter fe differunt. Den einen Theil dieses Landes bewohnten die sogenannten Aquitanier; ← wahrscheinlich ein mi den jeßigen Basken oder Euskaldunak verwandtes Volk. In einem andern Theile, nach dem Rheine hin, wohnten die Belgier oder Belgen; — wahrscheinlich ein aus germanischen Eroberern und besiegten Galliern und Kelten gemischtes Volk (Anmerk. Nr. 29); welches sich in seiner. Sprache näher an die Germanen anschloss. Den dritten Theil, von der

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Rhone an bis an die Garonne, bewohnte ein Volk, das sich selbst Kelten nannte, von den Römern aber Gallen genannt wurde. Qui ipsorum lingua Celtae, nostra Galli appellantur Wahr ist es, daß diese Worte eines so großen Mannes, einen sehr scheinbaren Grund zu der Behauptung gegeben haben, daß die Namen Gallen und Kelten, völlig gleichbedeutende Namen eines und desselben Volks gewesen seyen. Indessen sagt Cåsar in dieser Stelle eigentlich nichts weiter, als daß die Kelten, die von der Rhone an bis an die Garonne wohnten, von den Römern mit demselben Namen benannt worden sind, den die Römer lange vorher den alten Bewohnern von Gallia cisalpina, Gallia bracata i. s. w. gegeben hatten. Er sagt aber keinesweges, daß es niemals ein Volk gegeben habe, welches sich selbst Gallen genannt hat, oder außer den Römern, von keinem andern Volke so genannt worden sey. (Anmerk. Nr. 30.)

Tacitus, giebt folgende Nachricht von den Völkern, die zu seiner Zeit Britanien bewohnten. »Die blonden Haare und » starken Gliedmaßen, welche die Bewohner Kaledoniens » auszeichnen, können zum Beweise ihrer behaupteten germa»nischen Abkunft dienen. Die Farbe und Haare der Silu»ren, so wie die Lage ihres Landes gegen Spanien hin, ge» ben die Vermuthung, daß dieses Volk eine alte Kolouie der >> Iberen sey. Diejenigen Völkerschaften aber, die gegen »Gallien hin wohnen, gleichen vollkommen den Galliern. » Wenn man indessen die Sache überhaupt betrachtet, so könnte »man glauben, daß alle diese drey Nationen gallischen Ur» sprungs wåren, weil ihre Sprachen nur wenig von einander » verschiedene Mundarten sind «. Man würde wohl nicht die Achtung verlegen, die man einem Tacitus schuldig ist, wenn man hier anstatt der Worte gallischen Ursprungs, die Worte keltischen Ursprungs sehen wollte; da aus der vorher angeführten Stelle Cåsars erhellet, daß die Römer alle Völker die sich selbst Kelten nannten, mit dem Namen Gallen bezeich neten. Dieses vorausgeseßt, sehen wir, daß Tacitus, die damaligen Bewohner Britaniens, im Ganzen genommen, für

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