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fische Reich, welches nach Bezwingung mehrerer andern Völker sich immer weiter ausbreitete, und jeßt das größte Reich der Erde ist.

Aus allem diesem geht wenigstens so viel hervor, daß die Slawen schon sehr alte Europåer sind, und folglich ihre Sprache eine uralte europäische Sprache genannt werden kann; obgleich selbe wohl nicht in Europa entstanden, sondern, eben so wie die germanische, schon lange vor dem Anfange der eus ropäischen Geschichte, in unsern Welttheil verpflanzt worden ist. S. hinten die germanischen Sprachen.

Es könnte seyn, daß der Name der Slawen, oder eigentlicher Slowånen, Slowåken, blos desswegen in alten Zeiten so wenig bekannt gewesen ist, weil es der allgemeine eigene Geschlechtsname des ganzen Völkerstammes war. Die polnischen Wörter Czlovjek (Tfchlowjek) Mensch, und Sloväk Slave, welche beyde Benennungen auch in allen übrigen slawischen Dialekten einander sehr ähnlich sind, könnten zum Beweise dieser Vermuthung dienen, die durch das Beyspiel anderer alten eigenthümlichen Völkernamen bekräftiget wird. (S. die Anmerk. über die Völkernamen Nr. 28.) Die gewöhn liche Ableitung dieses Namens von Slovo, das Wort, die Rede, lässt sich mit dieser sehr wohl vereinigen, weil man annehmen kann, daß diese beyden Wörter aus einer und ders selben Wurzel entsprossen sind.

Was den jezt üblichen Namen Slawen anlangt, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß etwa um die Zeit, als der Name der Slawen in der Geschichte bekannt ward, irgend ein durch Kriegsruhm ausgezeichneter Stamm dieses Volkes, sich lieber Slawånen (die Rühmlichen, die Berühmten) als blos Slowånen, (redende Menschen) habe nennen hören, oder sich auch selbst so genannt habe. (Anmerk. Nr. 43.) Diesen neuen Namen verstümmelten nun hierauf die Griechen in Stlavänoi, Stavanoi, Sclavanoi, die Deutschen in Sclawonier, Sclawen, und die Franzosen in Esclavons. Ge genwärtig scheint es unter den Gelehrten aller europäischen Nationen üblich geworden zu seyn, sich zu besserer Verständigung

des Namens die Slawen (französisch les Slaves; russisch Slavü, Slavänü) zu bedienen, um dadurch den ganzen, aus mehreren Nationen bestehenden, Völkerstamm zu bezeichnen.

Wir haben oben, bey der Vergleichung der lateinischen Sprache mit der russischen und deutschen, viele Wörter be merkt, die allen diesen drey Sprachen gemein sind, und andere Wörter, die sich nur in der lateinischen und russischen Sprache finden. Jest wollen wir, in Hinsicht auf den unten folgenden Abschnitt über die germanischen Sprachen, noch einige Wörter anführen, die besonders der russischen und deutschen Sprache gemeinschaftlich eigen sind; Wörter, die theils aus einer, beyden Sprachen gemeinschaftlichen Ursprache zu stammen scheinen; theils in spåtern Zeiten aus germanischen Mundarten in die russische, oder aus slawischen Mundarten in die deutsche übertragen worden sind. 3. B. Delit (Djelitj), theilen; niederdeutsch, delen (griechisch thieilein). Dolä, der Theil, niederdeutsch Deel; Délesh, Theilung; niederdeutsch Deling.

Ljubit, lieben; Liubov die Liebe; liubo lieblich, nach Belieben. Ableitungen hievon sind das lateinische libet, lubet etc.

Kupit, kaufen; niederdeutsch kopen; Kupez der Kaufmann, niederdeutsch Kopmann; Iskupit auskaufen 20. Valit, målzen, Valétfa sich wälzen; Val der Wall. Kritschat, (schreyen) kreischen; niederdeutsch_krischen, kritschen.

Nudit, (zwingen) nöthigen; niederdeutsch nödgen; núfhno nöthig; Nufhda Noth.

Drutschit, drücken; Udrutschit unterdrücken.
Ochat, Achat, åchzen; Krékat fråchzen.

Dremat, (schlummern); niederdeutsch drömeln, wovon das niederdeutsche Drömen, Drom, und das deutsche

träumen Traum; (russisch Vo Snè videt, wörtlich, im Schlaf sehen.)

Tolkobat, (erflåren), dolmetschen; Tolmatsch, der Dolmetscher.

Kléït, kleben, kleistern; Klei Kleister (Leim); kleiko ·

klebrig, kleisterig.

Volodet, vladèt, (herrschen), walten..

Tänut, (ziehen); niederdeutsch tehen, tön; (deutsch dehnen) Lákat, lishát, lecken; Lákomstvo Leckerey.

Likat, (springen); altdeutsch läcken.

Légu, leg, lefhat, lefhatfa, ich liege, lag, liegen, sich legen. Notfchleg, Nachtlager; Lager, das Feld

lager, Lager. Von diesem Zeitworte stammt wahr scheinlich das lateinische Lectus.

Lgu, lgal, lgat øder lygat, ich lüge, log, lågen; Lgun, Lügner; Lshebrat, Lügenbruder; Lsheprorok,

Lügenprophet.

Stupát, (gehen, schreiten), wovon das russische Stupén und das deutsche Stufe 2.

Shnut, (måhen), vom deutschen schneiden.

Sün, Sohn; niederdeutsch Sån, Sön, Sün.

Dotsch, Dotfcher, Lochter; niederdeutsch Dochter, Dotter. Sestra, Schwester; niederdeutsch, Sester, Sister.

Brat; böhmisch Bratr, Bruder; niederdeutsch Broder; altdeutsch Brotar, Brotr, Bruader.

Drug, (Freund), altdeutsch Draut, Drut; davon das deutsche trauter, truter.

Dórogo, drago, theuer; niederdeutsch dör, dier.

Dobro, (gut), derb; davon das altdeutsche biderb jest bieder.

Durno, (schlecht), thöricht; niederdeutsch dörig.

Grubo, Grab; Grubost, Grobheit.

Milo, (lieb), mild; Milost, Mildthätigkeit, Gnade; Milostivo, mildthätig, gnädig; Milovat, (lieben),

minnen.

Krepko, (start, fest), kräftig; Krepost, (Stärke, Festigteit, Festung), Kraft.

Dersko, (verwegen), dreist; Strogo, strenge.
Slabo, (schwach), schlapp. Nagoi, nag, nackt.

Derevo, Drevo, (Baum); altdeutsch Derw, Dre; englisch Tree.

Dérévnä, Dorf; niederdeutsch Derp, Derw. Die Ver wandtschaft dieses Wortes mit Derevo, Derw (Baum, Holz) bezieht sich wahrscheinlich darauf, daß man einen aus hölzernen Hütten bestehenden Wohnort, einem aus Zelten oder Höhlen bestehenden Wohnorte entgegen seßte.

Gorod, Grad, (Stadt), in der åltern Bedeutung ein befestig - ter Ort; altdeutsch Gard. Ogorod, (ein Küchengarten) Garten; niederdeutsch Gorden. Gorodit, Ogradit, einschließen, einzäunen 2c.

Graniza, Grenze; Granitfchat, grenzen.

Sakon, (Gesez), Sagung; im Mösogothischen heißt Sakan sagen, festseßen.

Vétr, Véter, (Wind) verwandt mit dem deutschen Wetter. Vefchtsch, (Sache), verwandt mit dem deutschen Wesen. Vosk, Wachs; Moch, Moos. Schélucha, Schaale, Schlaube.

Korfina, Korobka, Korb, Körbchen. Wahrscheinlich vom slawischen Kora und dem lateinischen Cortex, die Rinde.

Krug, Kreis; Okrug, Umkreis, Kreis. Krushka, Krinka, ein Krug, Krügchen. Wahrscheinlich beziehen sich alle diese Wörter auf das slawische Kruglo, rund. Kroma, Kromka, Krupina, die Krume, Krümchen; nies derdeutsch Krömke. Krupa, Grüße, Graupen; niederdeutsch Grupe, Krupe.

Kómnata, (ein Zimmer); altdeutsch Kemnade. Kamorka, eine Kammer, Kämmerchen; niederdeutsch Kömer, Kömerke.

Kuchnä, die Küche. Kub, Kubka, Kufe, Kuwe. Kotel, Kessel; niederdeutsch Ketel.

Vafhnä, Vaga, die Waage. Véls, das Gewicht; nieders deutsch Wecht. Voshu, ich wåge; Vashno, wichtig.

Otvaga, das Wågen. Uvafhat, erwägen.

Zel, das Ziel; Zelit, zielen; Gnesdo, das Nest.
Müt, die Maut; Mütar, Mautner.

Berdifh, (Streitart); altdeutsch Barte. Panzyr, Panzer. Stol, (der Tisch), Stul, der Stuhl u. d. gl. von Stoïu, ich stehe.

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Vostok, Often; Vstat, Vostat, aufstehen, aufgehen.

Wir übergehen hier solche deutsche Wörter, die in neue-> ren Zeiten, besonders unter Peter dem Großen, in die russische Sprache eingeführt worden sind, wovon auch schon viele wieder gleichbedeutenden slawischen Plaß gemacht haben.

Die Vergleichung der slawischen Sprachen mit Sprachen des südöstlichen Asiens wird hinten bey den germanischen Sprachen folgen.

V.

Die lettischen Sprachen.

Die Sprachen vom lettischen Stamme theilen sich gegenwärtig in zwey Hauptzweige,

1) das eigentliche Lettische (Latwisk), oder die Sprache der leibeigenen Bauern in Liefland und Kurland. Hieher gehört auch das sogenannte Liwische, eine lettische Mundart in einem kleinen Distrikte in Ehstland, wie auch die Sprache der preußischen Kuren am kurischen Haf.

2) Das Litauische (Lietuwisk), oder die Volkssprache in dem ehemaligen Großherzogthume Litauen, und dem angrenzenden nördlichsten Theile von Ostpreußen.

Der Adel und alle freye Leute in Liefland und Kurland sprechen die deutsche Sprache; die freygelassenen Letten werden größtentheils Deutsche oder Russen. In Litauen war, wahrend der Vereinigung dieses Landes mit Polen, unter den obern Ständen der Einwohner, die polnische Sprache üblich geworden, welche jeßt in diesen Gegenden, so wie das Litauische selbst, wahrscheinlich nach und nach der russischen Sprache weichen wird. Der preußisch-litauische Dialekt wird bey der

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