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Doch ist nicht sowohl diese Wahrnehmung, als vielmehr der Antheil, welchen der Unterzeichnete an der endlichen öffentlichen Erscheinung dieses Werkes hat, und ein hierauf gegründetes freundschaftliches Gebot des Herrn Verfassers, die Veranlassung zu gegenwärtigem Vorbericht. Nach dem mehrmal erklärten Willen seines Freundes, soll nur er diese Erscheinung verantworten. Er hofft, es werde dieses von dem sachkundigen Publikum ihm nicht erschwert werden.

Herr von Arndt, von Geburt ein Ostpreusse, einst in freundschaftlicher Verbindung mit Kant, Hippel, Pallas, Laharpe (dem Schweizer), und vielen andern ausgezeichneten Gelehrten und Staatsmännern, lebte in einer vieljährigen literårischen *) und geschäftvollen Laufbahn zu St. Petersburg, wo die Kaiserin Katharina ihn, der bei Ihrem Kabinet angestellt war, auch in literårischer Hinsicht mit ganz besonderem huldvollem Zutrauen beehrte. Die Kaiserin Selbst, faßte den grossen Gedanken zu dem allgemeinen vergleichenden Wörterbuch. Eigenhändig seßte sie (wie früher schon für das zu

*) Seine Schriften sind verzeichnet, in Meusels 'gelehrtem Teutschland; wo jedoch seines Antheils an solchen Schriften, auf und in welchen seines Namens nicht gedacht ist, keine Erwähnung geschieht. Man sehe auch La Prusse littéraire sous Frédéric II; par l'abbé Denina, T. 1er (à Berlin 1790,8), P. 218,

entwerfende Gesetzbuch für das russische Reich) eine Art von Instruction auf, für die Einrichtung dieses Werkes. Hülfsmittel wurden, auf Befehl und Kosten der Monarchin, so viel nur immer möglich, aus allen Welttheilen zusammengebracht, und die Ausführung dem berühmten Pallas übertragen, der vorzüglich bei dem zweiten Theil, sich einer sehr thätigen Beihülfe seines vertrauten Freundes Arndt zu erfreuen hatte *).

Im Besitz und bei dem Gebrauch solcher Hülfsmittel, bei fast täglicher Unterhaltung mit dem trefflichen, unermüdlich thätigen Pallas, bei einem entschiedenen Talent für Sprachenkunde, beschäftigt mit Arbeiten für das grosse vergleichende Wörterbuch, wurden eben so tiefe als múhsame Forschungen über Ursprung und Verwandtschaft der europäischen Sprachen angestellt, und die mannigfaltigen Ideen gebohren, welche gegenwärtiges Werk enthält, und von welchen manche auffallend zusammentreffen mit Adelungs weit jüngeren Mittheilungen in seinem Mithridates. Der Verfasser brachte seine Gedanken zu Papier, in französischer Sprache, für die Kaiserin. Diese beehrte solche mit besonderem Beifall, fügte mit Ihrer Hand eigene Be

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*) Auch Hr. Staatsrath Fried. Ad elung erwähnt des Antheils, welchen Hr. v. Arndt an dem allg. vergl. Wörterbuch hatte: in seinem Werk: Catha rinens der Grossen Verdienste um die vergleichende Sprachenkunde“. (St. Pe tersburg 1815. gr. 4.), S. 69.

merkungen und Zusage hinzu, und befahl, daß das Werk auf Ihre Kosten sollte gedruckt werden.

So standen die Sachen, als eine sehr wankende Ge= sundheit, die sich doch seitdem nun schon ein Vierteljahrhundert lang gefristet hat, den Verfasser nöthigte, mit sehr gnådigem Urlaub seiner hohen Gönnerin und Beschüßerin, Rußland zu verlassen, unter anderem Himmelsstrich wo nicht Genesung doch Linderung zu suchen, und seitdem sein zweites Vaterland, an welches sein Herz durch unzählige frohe und dankbare Erinnerungen fortwährend gefesselt ist, nicht wieder zu sehen. Nach fast zehnjährigen Reisen in Preussen und Leutschland, lebt er seit 1802 zu Heidelberg, geliebt und verehrt von einer kleinen Anzahl mit Mund und Herzen ihm treu ergebener Freunde, nicht fern von den Musen, und zum Heil seiner Gesundheit 'beschäftigt mit der Pflege seiner Blumen und des Kohls für eigenen Gebrauch. Von dem Kaiser Alexander, blieb der von Seiner geistreichen Großmutter geschäßte und begünstigte Mann nicht unbemerkt. Von Wien aus, während des Congresses, vermehrte Er, mit wahrhaft kaiserlicher Freigebigkeit, seinen Jahrgehalt.

Unterdessen hatte auch Pallas, eine Reihe von Jahren in Taurien häuslich sich niedergelassen. Kaum war derselbe, in dem Jahre 1810, nach seiner Vater

fadt (Berlin) zurückgekehrt, als er seinen Freund schriftlich um das Schicksal des von ihm einst in der französischen Handschrift gelesenen Werkes befragte. Auf die Antwort, daß es noch ungedruckt sey, verlangte er dessen Zusendung, um es in Berlin unter seiner Aufsicht drucken zu lassen. Herr von Arndt entschloß sich nun, das wie verwaiset im Reisekasten gelegene, acht oder neun Jahre früher von ihm aus freier Hand (wie er sich ausdrückt) in das Teutsche überseßte Werk nach Berlin an Pallas zu senden, um damit nach seinem Willen und Wohlgefallen zu thun, wie und was er für gut finden werde..

Pallas las es, von Anfang bis zu Ende, änderte nichts, sondern verbesserte zuweilen Schriftzüge zum Behuf des Sezers, und fügte eine kleine Anmerkung, auch hie und da ein Wort hinzu, starb aber, als er es, so vorbereitet, der Presse zu übergeben gedachte. Es kehrte hierauf von Berlin an den Verfasser nicht zurück, der selbst nicht wußte, in wessen Hånde es aus dem Nachlaß seines ver, ewigten Freundes gekommen war.

Der Herausgeber, auf einer Reise nach St. Petersburg, im Februar 1816 zu Berlin anwesend, erinnerte sich dieser Vorgänge. Ohne Auftrag, spürte er der fast für verloren geachteten Handschrift nach, welche gefälliger und sehr unschuldiger Weise aus einer Hand in die andere

gekommen war. Er war so glücklich, nicht ohne Mühe, sie an einem dritten Ort aufzufinden, wohin sie von Pallas Tochter und Erbin gelangt war. Nach seiner Rückkehr gelang es ihm, wie vorhin der Handschrift, also nun auch der Erlaubniß des Verfassers zu dem endlichen Druck derselben, sich — im eigentlichen Sinn, und nicht ohne mehrfachen freundschaftlichen Kampf zu bemächtigen; doch mit der aufgenöthigten Bedingung, sich als Herausgeber zu nennen, und die Schuld der öffentlichen Bekanntma,,chung, auch vor den Augen des Publikums auf sich zu ,,nehmen." Willig hiezu, sucht und findet er hierin zugleich Entschuldigung, daß er gewagt hat, in diesem Felde der Literatur, dem Namen des mit vollem Recht genannten Verfassers, den seinigen beizufügen.

Frankfurt am Main, im Sept. 1817.

Klüber.

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