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Capitel II.

LINIEN UND FLÄCHEN.

A.

EINFACH GEKRÜMMTE LINIEN.
(Curven in der Ebene.)

a. Einleitendes.

§ 21. Beziehungen von der Form: y=c+c1x1 +Сqx2

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Wenn zwischen zwei beobachtbaren (messbaren) Grössen, die y und heissen mögen, ein bestimmter Zusammenhang besteht, seine Art aber nicht bekannt ist, so verfährt man, um zu einem mathematischen Ausdrucke desselben zu gelangen, folgendermassen. Man geht aus von der Gleichung

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wählt die Function f(x) willkürlich, jedoch derartig, dass sie der Natur des betreffenden Falles entspricht und berechnet die in f(x) vorkommenden Coefficienten aus den Beobachtungen (Messungen).

Sind n Coefficienten zu bestimmen, so müssen sich für dieselben n Gleichungen aufstellen lassen, die von einander unabhängig sind und sich nicht widersprechen.

(Liefern die Beobachtungen mehr als n Gleichungen, welche sämmtlich berücksichtigt werden sollen, aber nicht vollkommen übereinstimmen, so hat eine Ausgleichung stattzufinden. Dieser Fall wird im vorliegenden Paragraphen nicht behandelt werden; man sehe über ihn Dasjenige, was die §§ 56 und 71 enthalten.) Sehr oft wählt man für die Gleichung Nr. 1 die Form y = co + c1 x1 + Cz x2 + Cz x3 + ..... + Сn x"

2)

Hierzu ist Berechtigung vorhanden, weil Theile stetig gekrümmter Linien irgendwelcher Art (Gl. 1) sich meist mit sehr

grosser Annäherung durch Stücke solcher Curven ersetzen lassen, welche Gleichungen von der Form Nr. 2 haben, also durch Stücke von Linien zweiten, dritten, . nten Grades.

.....

Eine in der angegebenen Weise abgeleitete Beziehung wird oft ein Gesetz genannt, ist aber nur ein mathematisches Hilfsmittel, meist kein Naturgesetz; sie ist nur eine empirische Formel, der einstweilige Ersatz für das noch nicht erkannte wirkliche Gesetz der Erscheinung, welches in den meisten Fällen eine ganz andere Form hat. Das Naturgesetz, darf man sagen, lässt sich durch eine Formel ausdrücken; aber die aus Versuchen abgeleitete Formel drückt in der Regel noch kein Naturgesetz aus. *)

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Es darf eine solche Formel oder deren geometrische Darstellung, also die zugehörige Linie streng genommen nur innerhalb derjenigen Beobachtungen, aus welchen sie abgeleitet wurde, benutzt werden, also zu Interpolationen, nicht zu Extrapolationen.

Man darf also aus solchen empirischen Formeln keine weitgehenden Schlüsse ziehen; doch ist es in vielen Fällen interessant, den Lauf, die Tangenten, Normalen u. s. w. derjenigen Linie zu untersuchen, durch welche die aufgefundene Beziehung geometrisch dargestellt wird. Es soll dies im folgenden Paragraphen geschehen.

Zunächst diene das Nachstehende als Beispiel für die Aufsuchung einer Beziehung von der Form Nr. 2 und für deren geometrische Deutung:

Bei irgend einer Untersuchung ergaben sich, durch sehr genaue und gleich zuverlässige Messungen, die folgenden Werthe der in Betracht kommenden veränderlichen Grössen x und y. Für x 0: im Mittel y = 1,00,

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Man hat genügende Veranlassung vorauszusetzen, dass die zwischen den beiden Variabelen bestehende Beziehung die Form y = co + c1 x2 + Cg x2 + Cg x3

3)

habe.

1

*) § 76 möge hier Beachtung finden.

Es gelten dann für die Coefficienten Co, C1, C2 und

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4)

= =

2,54 Co+2c1+4 Cz +8C3,
3,40% +3 +9 Cz +27 Cz⋅

Aus denselben folgen die Werthe

Co

=

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C1 =0,71, C2-0,03, Cg0.

Die gesuchte Beziehung lautet mithin:

y=1+0,71x+0,03 x2.

Fasst man x und y als rechtwinklige Coordinaten auf, SO bedeutet die Gleichung Nr. 4 eine gemeine Parabel. Die Achse derselben ist der positiven Seite der y-Achse gleichgerichtet. Der Halbparameter hat den Werth

p = 16,667

(wobei auf 3 Decimalen abgerundet ist). Dem Scheitel kommen die Coordinaten

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Man unterlasse nicht, die Curve zu zeichnen (etwa das Centimeter als Einheit benutzend) und hebe dabei besonders denjenigen Theil hervor, welcher den angegebenen Messungen entspricht, also von x=0 bis x = 3 reicht.

Anmerkung. Für die geometrische Darstellung von Beziehungen, die wie Nr. 2 lauten, verdient Beachtung: Krebs, über die Curven y = ax3 + bx2 + cx+d und y=ax1 + bx2+cx+d. Dissertation (mit 26 Figuren). Marburg, Koch. (Ohne Jahreszahl.)

§ 22. Besondere Fälle der im § 21 behandelten Beziehungen. Mit Benutzung des Inhaltes des vorigen Paragraphen und auf Grund Desjenigen, was die Differentialrechnung bezüglich der Untersuchung des Laufes, der Tangenten u. s. w. ebener Curven lehrt, sollen nun die hier unter A. bis D. folgenden Aufgaben gelöst werden.

A.

Aus einer sehr grossen Anzahl von Beobachtungen ergaben sich, als paarweise zusammengehörend, die Werthe

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Man ist berechtigt anzunehmen, dass zwischen jenen Grössen eine Beziehung von der allgemeinen Form

2) besteht.

s=co + c1 t1 + Cq t2 + Cz t3 + C12 t^

Es soll zunächst die besondere Form dieser Beziehung ermittelt werden, also eine Berechnung der Coefficienten Co, C1,... C1 stattfinden.

Hierauf soll man diejenige Linie, welche das gefundene Gesetz in rechtwinkligen Coordinaten (t als Abscisse, s als Ordinate) darstellt, untersuchen in Bezug auf

I. Durchschnitte mit den Achsen,

II. Steigung, Fall, Culminationspunkte (höchste und tiefste Stellen), III. Concavität, Convexität, Wendepunkte (Inflexionspunkte).

Die Untersuchung soll jedoch nur innerhalb der Grenzen der Beobachtungen, also zwischen t=0 und t=4, vorgenommen werden. Lösung. Aus Nr. 1 und 2 ergiebt sich die Beziehung

3)

t2

s=1+0,018 t-0,012 t2 +0,002 t3.

Mit der s-Achse hat die zu der Gleichung 3 gehörende Linie den Punkt

t=0, s=1

gemein; mit der t-Achse Punkte, welche nicht innerhalb der von t=0 bis t=4

reichenden Strecke liegen, also (laut Schlusssatz der Aufgabe) unbeachtet bleiben.

Die beiden ersten Differentialquotienten von s (in Bezug auf t) lehren, nach bekannten Sätzen der Differentialrechnung, *) Folgendes: So lange

*) In Bezug auf diese Sätze sehe man etwa: Schlömilch, Compendium der höheren Analysis, § 19 der 5. Auflage des 1. Bandes.

0<t<1, oder 3 <t≤4

ist (also während t zwischen O und 1, oder zwischen 3 und 4 liegt) steigt die Linie; so lange hingegen

fällt sie. Für

1<t<3,

t=1

hat die Ordinate (s) einen Maximalwerth, für

t=3

hingegen ist sie am kleinsten. So lange als

0<t<2,

kehrt die Curve die concave Seite nach der t-Achse; während

2<t<4

ist, wendet sie ihr die convexe Seite zu. Für

liegt ein Wendepunkt vor.

t=2

Man zeichne die Linie derartig, dass die Ordinaten verhundertfacht, aber (um an Raum zu sparen) abgebrochen, aufgetragen sind.

B.

Bei einer experimentellen Untersuchung fand man, dass die Werthe

- 64, 9, 0, -7, 0, 171

+171

einer veränderlichen Grösse, y, beziehungsweise den Werthen

-2, -1, 0, +1, +2, +3

einer anderen Variabelen, x, entsprachen.

Es soll die zwischen den beiden Veränderlichen bestehende Beziehung abgeleitet werden unter der Voraussetzung, dass y eine ganze rationale algebraische Function von x sei, nämlich mit der letztgenannten Grösse zusammenhänge durch die Gleichung

3) y = co+c1 x2+ C2 x2 + C3 X3 +C1 x2 +C5 x5.

Sodann soll man, x und y als rechtwinklige Coordinaten auffassend, diejenige Linie, welche die gefundene Beziehung darstellt, in dem unter I, II und III bei A genannten Umfange untersuchen, doch für alle x, von bis. Die Ergebnisse sollen auf zwei Decimalstellen abgerundet berechnet und dann so auf

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