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Messungen der Geschwindigkeit des galvanischen Stromes.

§. 62. Mit den Arbeiten über Leitungswiderstand, Leitungsfähigkeit u. s. w. begannen auch Untersuchungen über die Geschwindigkeit des elektrischen Stromes.

Die erste Messung der Schnelligkeit des elektrischen Stromes bezog sich auf die Reibungs-Elektricität und wurde von Wheatstone im Jahre 1834 angestellt, welcher fand, dass die Elektricität in einem Kupferdrahte per Secunde den Weg von 60.600 österreich. Meilen zurücklege. Er gebrauchte dabei Kupferdrähte, welche 17 mm Durchmesser hatten. Seine Methode mit dem rotierenden Spiegel, welche in jedem Lehrbuche der Physik beschrieben ist, wurde durch Feddersen sehr vervollkommnet. 274) Dies Resultat kann wegen der Schwierigkeit einer scharfen Messung der Drehungsgeschwindigkeit des Spiegels und der Verschiebung des Funkenbildes offenbar nur für ein beiläufiges gelten. Die ersten Messungen an Telegraphenleitungen wurden in Amerika gemacht und die erste Veröffentlichung darüber erfolgte im Jahre 1849 durch Walker. 275) Er gab an, an einer Telegraphenleitung mit Eisendraht, welcher einen Durchmesser von 3 mm hatte, eine Schnelligkeit von 3950 österr. Meilen gefunden zu haben und glaubt das Resultat auf ± 30 Meilen verbürgen zu können. Mitschel 276) fand in demselben Jahre und an derselben Leitung aber mit Hilfe eines anderen Instrumentes die Geschwindigkeit von über 6000 Meilen. Im Februar 1850 fand Gould 277) die Geschwindigkeit des elektrischen Stromes gleich 3600 Meilen. Fizeau und Gounelle bestimmten im Jahre 1850 an französischen Telegraphenleitungen die Geschwindigkeit zu 23.700 Meilen in Kupfer- zu 13.200 Meilen in Eisendraht. 278) An den Leitungen zwischen London und Brüssel und zwischen London und Edinburg fand Airy bei ersterer eine Schnelligkeit von 573 Meilen, bei der zweiten eine von 1615 Meilen. Eine weitere französische Messung von Guillemin und Burnouf ergab für die Geschwindigkeit in einem Eisendraht 23.700 Meilen. Clark fand nach einer in London angestellten Messung bei einem zur Probe versenkten Kabel von 162 Meilen Länge eine Geschwindigkeit von 211 Meilen,

in einem zweiten Versuche dagegen von 320 Meilen per Secunde.

Mit besonderer Genauigkeit hat endlich Werner Siemens Messungen ausgeführt und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit in Eisendraht zu 31.000 geogr. Meilen angegeben. Kirchhoff hat die Geschwindigkeit auf theoretischem Wege in einer widerstandslosen Leitung auf 41.000 geogr. Meilen berechnet, nach welchem Resultate die Elektricität sich nahe so schnell wie das Licht bewegt, was mit der neuen Theorie der Elektricität von Edlund, der als Medium der elektrischen Erscheinungen den Lichtäther annimmt, übereinstimmen würde. 279)

Nach Edlund in Stockholm ist die Geschwindigkeit der fortschreitenden Bewegung der Ätheratome nicht zu verwechseln mit der Geschwindigkeit, womit die elektrische Bewegung fortgepflanzt wird. Die letztere könne höchstens gleich jener des Lichtes sein, da ja diese die Geschwindigkeit der Wellenbewegung im freien Äther bedeutet. Edlund hält daher die von Wheatstone aufgefundene Geschwindigkeit der Elektricität im Kupferdrahte, 62.000 Meilen, für zu groß.

Er hält die Resultate von Fizeau und Gonnelle, welche die Geschwindigkeit mit 23.700 Meilen im Kupferdrahte angaben, für wahrscheinlicher, besonders da diese Forscher die Unabhängigkeit der Geschwindigkeit von der Stromstärke und dem Leitungsquerschnitt wahrnahmen, was mit der Äthertheorie stimmt, da nach dieser die Geschwindigkeit nur von der Elasticität und Dichte des Äthers abhängt.

So sehr überhaupt die verschiedenen Beobachtungsresultate von einander abweichen, so beweisen alle diese Versuche doch, dass für terrestrische Entfernungen die Zeit, welche die Elektricität bedarf, um einen Leiter zu durchlaufen, kaum in Betracht zu ziehen ist. Über die Schwierigkeit solcher Messungen äußerte sich der verdienstvolle Telegraphen-Inspector Dr. Hermann Militzer in folgender Weise: 280) „Die Schnelligkeit der Elektricitäts-Bewegung messen, würde nur heißen, die Zeit angeben, welche von dem Zustande, wo die Elektricität an einer bestimmten Stelle des Leiters Null ist, bis zu dem Momente verfließt, in welchem der elektrische Strom an derselben Stelle mit hin

reichender Stärke auftritt, um das gebrauchte Messinstrument afficieren zu können. Nun ist aber diese Zeit offenbar abhängig erstens von der Entfernung des Messinstrumentes von der Batterie (nach der Länge des Leiters gemessen), zweitens von der individuellen Empfindlichkeit des Instrumentes, von der Größe der dynamischen Ladung, welche der Leiter immer erst annimmt, ehe in ihm ein permanenter Strömungszustand eintritt. Jede Änderung eines dieser Umstände hat nothwendig eine Änderung des gefundenen Resultates der Messung zur Folge, und man sieht, dass man, so lange man nicht die speciellen Umstände einer Messung angibt und in Rechnung bringt, auf diesem Wege zu gar keinem Resultate über die Schnelligkeit des galvanischen Stromes im Allgemeinen gelangen kann.“

Faraday entdeckt die Inductionsströme.

§. 63. Nachdem Ampère seine Theorie des Magnetismus aufgestellt hatte, nachdem man begonnen, die magnetische Wirkung als eine besondere Art der elektromotiven Wirkungen anzusehen, musste man wohl auf den Gedanken kommen, dass auch der Magnetismus dahin gebracht werden könne, Elektricität zu erzeugen, sowie es bei der Elektricität gelungen, magnetische Wirkungen hervorzubringen.

Alle Versuche jedoch, solche Resultate zu erhalten, blieben durch längere Zeit fruchtlos.

Faraday machte im Jahre 1825 den Versuch, mittels eines Leitungsdrahtes, durch welchen der Strom einer Volta'schen Kette geleitet wurde, in einem benachbarten Drahte Elektricität in ähnlicher Weise zu erregen, wie es ein mit Reibungselektricität geladener Conductor im Stande ist; allein sein Versuch gelang nicht. Wäre er bereits gelungen, so wäre der Gedanke nahe gelegen, dass man auch mittels eines Magnetes, der als eine Reihe von elektrischen Strömen angesehen werden darf, Elektricität erzeugen könne.

Weitere Versuche, welche von Arago, dann in England von Barlow, Christin, Herschel und Babbage noch vor dem Jahre 1831 angestellt wurden, zeigten, dass die schnelle Drehung

einer Conductorplatte in der Nähe eines Magnetes die Entstehung einer Kraft veranlasse, die auf den Magnet einwirkt, aber diese Versuche führten nicht zu dem gewünschten Ziele. Da wendete sich in dem genannten Jahre Faraday wieder diesem Gegenstande zu, und fand auch nach einigen vergeblichen Experimenten, was er suchte, obschon in einer anderen Gestalt, als er früher erwartet hatte.

Der erste von Faraday beobachtete Fall der Induction war nämlich die Erregung eines elektrischen Stromes in einem geschlossenen Leiter in dem Augenblicke, in welchem ein Strom in dessen Nähe geschlossen oder unterbrochen wurde.

Ein Kupferdraht von 62 Meter Länge wurde um eine Holzwalze gewickelt und zwischen seinen Windungen, aber von denselben isoliert ein zweiter eben solcher Draht. Die beiden Enden des einen dieser Drähte wurden mit einer kräftigen galvanischen Batterie, die Enden des anderen mit einem Galvanometer verbunden.

In dem Augenblicke der Drahtschließung mit der Batterie, wurde die Galvanometernadel wie durch einen Stoß abgelenkt, kam aber wieder bald zur Ruhe, in welcher sie nun verharrte, so lange der Strom geschlossen war. In dem Augenblicke der Unterbrechung des Stromes jedoch wurde die Nadel wieder wie durch einen Stoß, aber in entgegengesetzter Richtung von der früheren abgelenkt. Die Ablenkung der Nadel erfolgte im ersten Falle gerade so, als ob durch den entstehenden Strom in den parallelen Windungen der zweiten Spirale ein dem entstehenden Strome der Richtung nach entgegengesetzter Strom erzeugt würde, im zweiten Falle im Augenblicke der Unterbrechung des Stromes aber, als ob der verschwindende Strom einen ihm gleich gerichteten hervorriefe.

§. 64. Einmal im Besitze dieser Thatsache stieg Faraday sofort die Leiter seiner Entdeckungen rasch hinauf bis zu der Stelle, von welcher er den Gegenstand in seiner ganzen Allgemeinheit übersehen konnte. Statt den Strom der Batterie plötzlich herzustellen und zu unterbrechen, entfernte er einen geschlossenen Kreis aus der Nähe eines Stromes, oder den Strom aus der Nähe eines geschlossenen Kreises und brachte dadurch

ganz ähnliche Erscheinungen hervor. Es entstand ein Inductionsstrom, dessen Dauer gleich der Dauer der Bewegung des Leiters oder Stromes war. Bei Annäherung des Leiters an den Strom beobachtete Faraday in dem Leiter einen Strom von entgegengesetzter, bei Entfernung des Leiters einen Strom von gleicher Richtung. Ebenso bemerkte er, dass, so oft in der Nähe des Leiters die Stärke des inducierenden Stromes geändert wurde, auch ein Inductionsstrom entstand, welcher bei Verstärkung des Hauptstromes die entgegengesetzte Richtung von diesem, bei Schwächung des Hauptstromes dagegen dieselbe Richtung hatte.

Wurde in der Nähe eines Leiters Magnetismus erregt, so entstand in dem Leiter ein Strom von entgegengesetzter Richtung zu jener der postulierten Elementarströme des Magnetes. Beim Verschwinden des Magnetismus dagegen hatte der Strom dieselbe Richtung wie jene Elementarströme. Wurde ein Magnet dem Leiter genähert, so zeigte der entstehende Inductionsstrom die entgegengesetzte, beim Entfernen des Magnetes die gleiche Richtung mit den Elementarströmen des Magnetes.

Dass diese Auffassung der Wirkung auf die Magnetnadel in der That richtig ist, gelang Faraday bald nachzuweisen, indem er fand, dass diese inducierten Ströme alle Wirkungen der elektrischen Ströme zeigen.

Bald nach der Entdeckung der Induction durch Faraday stellte Lenz das nach ihm benannte Gesetz auf: So oft die relative Lage eines Magnetes oder eines Stromes gegen einen Stromleiter geändert wird, entsteht im letzteren ein Inductionsstrom, welcher die entgegengesetzte Bewegung zu jener hervorzurufen strebt, durch welche er selbst entstanden ist.

§. 65. Auch die Induction durch den Erdmagnetismus hat Faraday bereits im Jahre 1832 entdeckt, indem er fand, dass auch die Erde die Stelle eines Magnetes vertreten, dass schon die bloße Bewegung einer Drahtspirale unter gewissen Umständen in derselben einen, wie es schien, augenblicklichen Strom erzeugen könne. 281) Der Ideengang, der zu diesem Experimente führte, war nämlich folgender. Da ein Kreisstrom durch den Erdmagnetismus gerichtet wird, so muss auch durch

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