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Vorher waren die elektrodynamischen und die Inductionserscheinungen durch Lenz bloß durch eine empirische Regel in Beziehung zu einander gesetzt worden.

F. Neumann, Professor der Physik und Mineralogie an der Universität Königsberg, hat der Akademie in Berlin eine mathematische Theorie der inducierten Ströme übergeben, nach welcher die inducierte elektromotorische Kraft in allen Fällen berechnet werden kann, wenn auch die Rechnungen vielfach mit großen Schwierigkeiten verknüpft sind. 294)

W. Weber hat aus seiner Theorie der Elektrodynamik eine Theorie der Induction entwickelt, gegen welche mehrfache Einwürfe von Thomson und Tait, insbesondere aber von H. Helmholtz erhoben worden sind. 295)

Geschichte der Inductionsmaschinen.

§. 70. Die ersten elektromagnetischen Inductionsapparate wurden von Neef in Frankfurt a/M. verfertigt und im Jahre 1838 auf der Versammlung der deutschen Naturforscher in Freiburg i. B. vorgezeigt. Bei denselben wurde, vorzüglich bei den kleinen, der Extrastrom benützt.

Die beträchtliche Spannung, welche Masson bereits im Jahre 1836 an den durch die Volta'sche Säule erzeugten Inductionsströmen wahrgenommen hatte, beschäftigte seinen Geist gleich zu Anfang seiner Entdeckung dergestalt, dass er daran dachte, sie für Zwecke der statischen Elektricität nutzbar zu machen. Gegen das Jahr 1842 ließ er wirklich in Verbindung mit Bréguet einen ziemlich bedeutenden Apparat construieren, welcher seine Erwartungen erfüllte, denn ungeachtet der schlechten Isolierung des Drahtes und obwohl nur der Extrastrom dabei angewendet wurde, konnte er im leeren Raume einen Funken erhalten, der stark genug war, um die an den beiden Polen sich kundgebenden Lichterscheinungen als von einander völlig verschieden zu erkennen. Er brachte auf diese Weise einen in dem sogenannten elektrischen Ei ausgespannten Platindraht zum Glühen, doch gelang es ihm nicht, einen elektrischen Funken auf eine gewisse Entfernung in der atmosphärischen

Luft überspringen zu lassen. Als Unterbrecher gebrauchte er ein metallenes gezähntes Rad.

Im Jahre 1848 construierte Du Bois-Reymond seinen Schlittenapparat, den er vorzüglich für medicinische Zwecke bestimmte, und wobei er als Stromunterbrecher den im J. 1839 von Wagner in Frankfurt und durch Neef beschriebenen magnetischen Hammer verwendete. Solche Selbstunterbrechungen haben Anwendung gefunden bei vielen Apparaten z. B. bei einer Art telegraphischer Lärmglocken, welche Wheatstone 1839 construierte.

Da

Im Jahre 1851 erfand Ruhm korff, ein deutscher Mechaniker in Paris, den nach ihm benannten Funkeninductor. 296) Da man damals die Frage über die Anwendbarkeit der Elektricität als Triebkraft ventilierte, so wurde im Jahre 1855 in Frankreich ein Preis von 50.000 Francs für die Erfindung der kräftigsten und zweckmäßigsten Elektrisiermaschine ausgeschrieben, welcher Preis auf fünf Jahre ausgesetzt war. jedoch im Jahre 1860 keine der Maschinen den Anforderungen entsprach, so wurde der Preis keinem Bewerber zugesprochen, sondern der Termin auf weitere fünf Jahre verlängert. Nach Ablauf dieser Zeit im Jahre 1865 war zwar keine neue Maschine erfunden, aber Ruhm korff hatte inzwischen Funkeninductoren von bedeutenden Dimensionen hergestellt, auch in einigen Details an seinen Maschinen wesentliche Verbesserungen angebracht, so dass er mit denselben staunenswerte Wirkungen erzielte. Infolge dessen sah sich die Commission veranlasst, dem Mechaniker Ruhmkorff den ausgesetzten Preis zuzuerkennen.

Ruhmkorff hatte nämlich sein Augenmerk vorzüglich auf eine vollkommene Isolierung des Drahtes gerichtet. An Stelle des einfachen Wagner'schen Hammers verwendete er besonders für die großen Apparate eigene Unterbrecher, welche Foucault unter Ausführung eines Vorschlages von Poggendorff construierte, da letzterer gezeigt hatte, dass es vortheilhaft sei, die Unterbrechung statt in der Luft in einer schlecht leitenden Flüssigkeit vor sich gehen zu lassen. Bei den größten Apparaten wächst die Länge des 1 mm dicken Drahtes der Inductionsspirale auf 100000 Meter.

Da Ruhmkorff endlich die Überzeugung gewonnen hatte, dass die Benutzung magnet-elektrischer Ströme zur Erzeugung von Inductionsströmen vortheilhafter sei, als die Anwendung eines gewöhnlichen inducierenden Volta'schen Stromes, so brachte er in die hohle Achse der inducierenden Drahtspirale ein Bündel Eisendrähte an, deren Wirksamkeit bedeutender ist, als die eines einzigen massiven Eisencylinders. 297) Mit einem solchen Apparate konnten schon nicht bloß an den Enden der geöffneten Inductionsspirale, sondern selbst indem man dieser Spirale einen Körper näherte, Funken hervorgelockt werden.

Fizeau hat die Wirkung des Ruhmkorff'schen Apparates durch die Anwendung des Condensators noch bedeutend gesteigert.

Als Ruhmkorff einmal mit einem seiner größeren Apparate experimentierte, kam der französische Physiker Quet zufällig mit den beiden Leitungsdrähten in Berührung, wodurch er zu Boden geworfen wurde. Er würde wahrscheinlich das Leben verloren haben, wenn ihm nicht Ruhmkorff sogleich zu Hilfe geeilt wäre. Die Erschütterungen, welche er erlitten, waren so heftig, dass er einige Zeit zu Bette liegen musste, und doch bestand die Batterie, welche solche Wirkung hervorbrachte, nur aus sechs Elementen. Mit solchen Apparaten konnten Funken in freier Luft auf mehrere Centimeter unter knallendem Geräusche an den Enden der Inductionsspirale hervorgelockt werden.

Funkeninductoren von hoher Vollendung erzeugte auch Stöhrer in Dresden, welcher bei seinen neueren Apparaten einen Quecksilber-Interruptor in Anwendung brachte.

Man begann nun auch die Funkeninductoren zur Minenzündung zu verwenden, weil die Funkenzündung sich als sicherer als die Glühzündung in jenen Fällen herausstellte, in denen es sich darum handelt, mehrere benachbarte Minen gleichzeitig zu entzünden. Da jedoch die Anwendung derselben zu diesem Zwecke wegen der dabei erforderlichen galvanischen Batterie umständlicher ist, als die Anwendung einer magnetelektrischen Maschine, so wendete man sich bald diesen, namentlich den Sprengapparaten von Marcus und Siemens zu. 298)

Netoliczka, Geschichte der Elektricität.

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Was den Inductionsfunken im gasverdünnten Raume betrifft, so hat das Beobachtungsmaterial und die Literatur über diesen Gegenstand einen sehr großen Umfang erreicht. 299) Wir erinnern an die Versuche von Gassiot, später von Geissler, dann jene von Hittorf und dem englischen Physiker Crookes über Entladungen von Inductionsfunken durch Glasgefäße, deren Luft man über die gewöhnlich erreichbaren Verdünnungsgrade hinaus verdünnt hat. Crookes gründete auf seine Beobachtungen eine eigenthümliche Hypothese, welche auf der Annahme eines vierten Aggregatzustandes beruht, den er, einer älteren Ausdrucksweise Faraday's folgend „strahlende Materie“ nannte, da sie gewisse Eigenschaften und Bewegungsgesetze zu besitzen schien, welche an die Licht- und Wärmestrahlen erinnern. Es hatte nämlich schon im Jahre 1816 der damals noch jugendliche Physiker Faraday die Frage aufgeworfen, ob denn der gasförmige Zustand das letzte erreichbare Ziel des Auseinanderrückens der Moleküle sei, oder ob es jenseits des gasförmigen Zustandes noch einen ferneren Zustand der Materie geben könnte, der wieder eben so weit von ihm entfernt sei, wie er selbst von dem tropfbarflüssigen, und der deshalb auch seinen besonderen Namen verdienen würde, nämlich den der strahlenden Materie."

Obwohl Crooke's Hypothese von der Mehrzahl der Physiker bekämpft wurde, so veranlasste sie dennoch eine Reihe von neueren Untersuchungen von Reitlinger, E. Goldstein, Gintl, J. Puluj, Voller, Zoch u. a.

§. 71. Die Entstehung der magnetelektrischen Maschinen 300) reicht weiter zurück als jene der ElektromagnetoInductionsapparate.

Schon bald nachdem Faraday die Inductionsströme entdeckt hatte, construierte Pixii in Paris (1832) eine magnetische Inductionsmaschine, bei welcher der Magnet und nicht das weiche Eisen mit den Inductionsspiralen rotierte. Er gab sich der Hoffnung hin, durch seine Maschine die damals noch sehr unvollkommenen galvanischen Batterien unnöthig zu machen, welche überhaupt auch jetzt noch nach allen Verbesserungen ihre Schattenseiten haben, da ihre Unterhaltungskosten im Vergleiche zu ihren

Leistungen zu hoch sind und die Erhaltung constanter Ströme von großer Stärke, wie sie für bedeutende Arbeitsleistungen nöthig werden, mittels derselben fast unmöglich ist.

Aber Pixiis Maschine litt an dem Fehler, unterbrochen zu wirken und Ströme von wechselnder Richtung und geringer Stärke zu geben. Eine große Hufeisenbatterie zu drehen nahm viel Kraft in Anspruch. Außerdem waren mit dieser Drehung unvermeidlich Erschütterungen der Stahlmagnete verbunden, wodurch die magnetische Kraft immer mehr geschwächt wurde. Man kam daher bald

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Fig. 15.

rer in Leipzig, welcher im Jahre 1848 eine für stärkere Wirkungen eingerichtete magnetelektrische Maschine (Fig. 15) construierte, bei welcher mittels eines Triebrades sechs Inductionsrollen an drei Hufeisenmagnet-Magazinen vorübergeführt wurden. An dem obersten Ende der stehenden Wellen befand sich der Commutator.

Die ersten magnetelektrischen Maschinen, bei denen eben Stahlmagnete angewendet wurden, giengen kaum über den Gebrauch in physikalischen Cabineten hinaus. Mit Maschinen nach dem Principe Stöhrers wurden jedoch so befriedigende Resultate erzielt, indem man die Anzahl der Inductorrollen und Magnetpole vermehrte, dass man sie auch in der Praxis zu verwenden begann. Die größten Maschinen baute Nollet für die

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