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daille der „London-Adelphia-Society of Arts". Im Jahre 1815 gieng er nach Amerika zurück voll schöner Hoffnungen auf eine glänzende Zukunft. Allein seine materiellen Verhältnisse gestalteten sich bald so traurig, dass er sich dazu hergeben musste, fast um jeden Preis Portraits anzufertigen. Durch die Sorgen um das tägliche Brot in seinem künstlerischen Streben

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niedergehalten, lebte er bald in Boston, bald in verschiedenen Städten in New-Hampshire, bald im Süden, bald im Norden von Amerika.

Im Jahre 1825 begründete er eine Malergesellschaft, die den Keim bildete zu der „National Academy of Design", deren Präsident er mehrere Jahre nach ihrer Gründung blieb.

Er besuchte im Winter von 1826-27 eine Reihe von Vorlesungen, welche Professor Dana im Athenäum zu Newyork über Elektricität hielt.

Im Jahre 1829 unternahm er eine zweite Reise nach Europa, um hier die Einrichtungen der Malerakademien zu studieren. Er hielt sich durch drei Jahre, theils in England, theils in Frankreich und Italien auf. Während dieser Zeit beschäftigte er sich auch viel mit den neuen Entdeckungen auf dem Gebiete des Elektromagnetismus, stellte selbst Experimente an und scheint so die Anforderungen kennen gelernt zu haben, die man damals an einen elektrischen Telegraphen stellte. Während der Rückfahrt nach Amerika 1832 soll Morse bereits, wie er selbst behauptet, den Plan zur Erzeugung einer telegraphischen Schrift auf elektrochemischem Wege gefasst haben, wie er auch noch vor seiner Landung in Amerika einen Apparat zur Erzeugung einer Schrift durch elektromagnetische Anziehung entworfen haben will. Von manchen Seiten wird behauptet, dass Dr. Charles T. Jackson aus Boston, welcher Pouillet's elektrische Experimente in der Sorbonne gesehen hatte und am Bord des Schiffes anwesend war, Morse beim Fassen der ersten Idee von dem elektrischen Telegraphen unterstützt habe. 335)

Seit dieser Zeit beschäftigte sich Morse mit der Herstellung eines elektromagnetischen Schreibtelegraphen, aber er kam erst im Jahre 1835 dazu, seinen Apparat wirklich auszuführen. Im Herbste jenes Jahres zeigte er in der Newyorker Universität das Modell eines solchen, doch erst im September 1837 nahm er ein Patent und trat mit einem selbstgefertigten Telegraphen an die Öffentlichkeit. Derselbe lieferte die in Fig. 28 abgebildete Zickzackschrift, welche ein vertical stehender Ankerhebel eines horizontal liegenden Elektromagnetes mit einem am unteren Ende befestigten Schreibstifte auf einem Papierstreifen niederschrieb, indem der Ankerhebel durch den Elektromagnet horizontal hin- und herbewegt und der Papierstreifen durch ein von einem Gewichte in Gang gesetztes Triebwerk an dem Stifte gleichförmig vorbeigezogen wurde. Die Zacken oder Spitzen dieser Züge gaben die Nummern an, unter denen die telegraphierten Wörter in einem telegraphischen Wörterbuche zu finden waren.

Die in der Fig. 28 abgebildete zickzackförmige Schrift deutete die darunter gesetzten Zahlen: 214, 36, 2, 58, 112, 04, 01837 an, deren Entzifferung mittels des Wörterbuches den Satz

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fortwährend durch die Linie hindurch geschlossen und es wurde durch Niederdrücken des Tasters der Strom unterbrochen und der Schreibapparat in Thätigkeit gesetzt. Später begann man gewöhnlich mit „Arbeitsstrom“ zu telegraphieren, d. h. der Strom wird nur dann geschlossen, wenn der Schreibapparat in Thätigkeit gesetzt werden soll.

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Der Umstand, dass die Aneignung der manuellen Fertigkeit des Zeichengebens mittelst des Tasters vielen Individuen große Schwierigkeiten macht, veranlasste Morse, den Taster durch eine Schreibplatte" zu ersetzen, welche jedoch in Europa nicht dauernd in Gebrauch gekommen ist. Dieselbe bestand aus Elfenbein und enthielt starke Punkte und Linien aus Messing eingelegt. Die ganze Tafel war auf einer darunter liegenden Metallplatte festgelöthet. Der von der entfernten Station kommende Leitungsdraht war mittelst eines dünnen, spiralförmig gewundenen, gut isolierten Drahtes an einem metallenen, mit Elfenbein umgebenen Stift mit Platinspitze befestigt. Wurde der Stift gleichmäßig über eine Reihe der eingelegten Metallstücke von links nach rechts hinweggeführt, so entstanden auf der entfernten Station am Papierstreifen des Schreibapparates die entsprechenden Punkte und Linien.

Nach solchen Erfolgen wurden dem genialen Erfinder Auszeichnungen und Ehren zu Theil. Er wurde Elektriker der Newyork and London Telegraph-Company, ferner Professor am Yale-College in New-Hawen; im Jahre 1857 traten die Vertreter von zehn Ländern Europas in Paris zusammen und votierten ihm ein Ehrengeschenk von 400.000 Francs. Die Yale Universität ernannte ihn zum Ehrendoctor, von Frankreich erhielt er den Orden der Ehrenlegion. In den Jahren 1871 und 1872 wurden ihm in Newyork zwei Denkmäler gesetzt. Er starb am 2. April 1872 zu Newyork, mit dem erhebenden Bewusstsein, etwas Unvergängliches für die Menschheit geschaffen zu haben.

§. 84. Der Morse'sche Telegraph hatte bald die meisten anderen Apparate vom Schauplatze der Thätigkeit verdrängt, so den Bain's chen Nadeltelegraphen, welcher besonders in Österreich mit einigen nicht unwesentlichen Abänderungen im Jahre 1846 eingeführt worden war. Alexander Bain aus Edin

burg verwendete bei seinem Telegraphen nicht wie bisher, geradlinige Nadeln, sondern zwei halbkreisförmige Magnete, welche sich in zwei Multiplicatorspulen befanden (Fig. 29), so dass sich ihre gleichnamigen Pole, ohne sich zu berühren, gegenüber lagen; das eine Ende des Multiplicatordrahtes stand in Verbindung mit der Leitung, das andere mit dem Commutator, welcher die Aufgabe hatte, bald dem von der anderen Station kommenden

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Strome freien Durchgang durch die Drahtspulen zu gewähren, bald auch den Strom der eigenen Batterie nach Willkür in der einen oder der anderen Richtung durch die Leitung zu senden. Ein Messingstab verband die beiden Magnete zu einem um eine Achse drehbaren Magnetkranze. Die beiden Drahtspulen und die Magnete befanden sich in einem Kästchen, an dessen einer Seite in der Ebene des beweglichen Kreises eine Spalte sich befand, durch welche die Verlängerung des Messingstabes gieng, dessen Ende einen verticalen Zeiger trug. 338) An dieser Wand waren zwei Glöckchen von verschiedener Tonhöhe angebracht,

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