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Mitte des Platinplättchens ruht ein kurzes Platinstiftchen g, welches an der unteren Seite eines sehr beweglichen winkelförmigen Blechstückchens hgi so angebracht ist, dass das Stiftchen beim Schwingen der Membrane von dem mit derselben schwingenden Platinplättchen berührt wird. Dadurch kann der Schließungs

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kreis eines galvanischen Stromes sehr rasch nach einander geöffnet und geschlossen werden. Sobald nämlich die Schallwellen eines hinlänglich kräftigen Tones durch ein an dem Kästchen angebrachtes Mündungsrohr S in das Kästchen eintreten, wird die elastische Membrane, welche dasselbe oben schließt, in Vibrationen versetzt. Jede eintretende Verdichtungswelle hebt das

Platinplättchen sammt dem darauf sitzenden Stiftchen, wenn aber die Membrane nach unten schwingt, kann das Blech mit dem Stiftchen nicht schnell genug folgen, es entsteht also hier bei jeder Vibration der Membrane eine Unterbrechung des Stromes, welche sich auch durch ein an der Unterbrechungsstelle auftretendes Fünkchen zu erkennen gibt. In den Schließungskreis ist in größerer Entfernung der Tonwiedergeber eingeschaltet. Derselbe besteht (Fig. 35) aus einem Resonanzboden M, auf dem eine dünne Stricknadel aufgesetzt ist; um die Nadel herum gehen die Spiralwindungen eines übersponnenen Kupferdrahtes, welcher einen Theil des Schließungskreises der Batterie bildet. Ein mit einem zweiten Resonanzboden versehener Deckel kann noch über die Spirale geklappt werden, und dadurch werden die Töne sehr verstärkt. Werden nun Töne vor der Mündung hervorgebracht, indem man in dieselbe singt, oder indem man Orgelpfeifen anbläst, so hört man an dem möglichst entfernten Tonwiedergeber zunächst ein eigenthümlich knarrendes Geräusch, welches von der Tonhöhe der am Unterbrechungsapparat hervorgebrachten Töne unabhängig ist; außerdem aber werden diese Töne selbst durch den Stahldraht deutlich wahrnehmbar reproduciert.

Ferner hat Dr. Th. Clemens, Arzt in Frankfurt a. M. Beobachtungen über die Schallfortleitung in einem Telegraphendraht angestellt und diese in der Zeitschrift „Deutsche Klinik“ 1863, S. 468 veröffentlicht.

Clemens benützt zur Übermittelung der Töne MagnetInductionsströme; sein Apparat ist somit dem jetzt gebräuchlichen noch um einen Schritt näher. Der Apparat von Reis, sowie die Beobachtungen des Dr. Clemens fielen in Deutschland der Vergessenheit anheim. 877)

Zu den mannigfaltigen Bestrebungen auf dem Gebiete der Telephonie (von dem Amerikaner van der Weyde 1868 bis 1870, gleichzeitig von dem englischen Physiker Cromwell F. Varley, später von Cecil und Lenardo Vray) gehört unstreitig auch der höchst scharfsinnig erdachte Stimmgabel-Telegraphenapparat von La Cour in Kopenhagen, welchen derselbe auf der internationalen Telegraphen-Conferenz in Petersburg im

Jahre 1875 vorführte. Man denke sich an jedem Ende eines Leitungsdrahtes, der von Wien nach Graz führt, 10 elektromagnetische Apparate aufgestellt, die mit dem Drahte in Verbindung stehen. Führt man mittelst des Apparates 4 in Wien einen gewöhnlichen Strom in den Draht, so stehen diesem Strome an dem anderen Ende in Graz die 10 Apparate zur Disposition, um den Weg in die Erde zu finden, und es ist kein Grund vorhanden, den einen oder den anderen vorzuziehen. Es handelt sich nur darum, dem von A ausgehenden Strom solche Eigenschaften zu geben, dass er nur den Apparat a in Graz afficiert, den von B ausgehenden Strom nur nach b zu führen etc. Diese Aufgabe wird gelöst durch die überaus sinnreiche Anwendung der Eigenschaft der Stimmgabel, welche, ob stark, ob schwach angeschlagen, stets die gleiche Anzahl von Schwingungen gibt. Umgibt man eine aus Stahl gefertigte Stimmgabel mit einer Drahtspirale, so dass die Stimmgabel frei in derselben schwingen kann, und leitet durch die Spirale einen Strom, so wird die elektro-magnetische Eigenschaft dieses Stromes auf die beiden Arme der Stimmgabel anziehend wirken und dieselbe auseinanderziehen. Leitet man den Strom, bevor er in die Spirale geht, in ein Messingstäbchen, welches zwischen die Arme der Stimmgabel reicht, und versieht man den einen Arm der Stimmgabel mit einer horizontal abstehenden Platinspitze, welche in der Ruhelage das Messingstäbchen berührt, so tritt der Strom durch das Stäbchen in die Stimmgabel. So fungiert die Stimmgabel als Leiter. In dem Augenblicke aber, wo auf diese Weise der Strom stattfindet, und in Folge davon die Arme der Stimmgabel auseinander gezogen werden, berührt die Platinspitze das Messingstäbchen nicht mehr, der Strom ist unterbrochen, der Arm der Stimmgabel fällt vermöge seiner Elasticität zurück, die Verbindung ist dadurch von neuem hergestellt, und es findet eine neuerliche Schwingung statt.

Auf diese Weise entsteht eine intermittierende Bewegung des Stromes, wie wir sie bei den elektrischen Apparaten kennen, die z. B. zu Läutewerken dienen, allein diese Intermittenz entspricht genau der Schwingungsweise der Stimmgabel, und wenn letztere beispielsweise 500 Schwingungen in der Secunde macht, so wird der Strom genau das gleiche Intervall besitzen.

Man construiert nun 10 Stimmgabeln mit abweichender Stimmung, und zu jeder Stimmgabel eine vollkommen gleich gestimmte Schwester. Man fügt die ersten 10 Stimmgabeln, versehen mit den elektrischen Drahtspiralen, so in die Leitung, dass je eine Stimmgabel-Vorrichtung zwischen einem der 10 in Wien aufgestellten Telegraphen-Apparate und der allgemeinen Leitung eingeschaltet ist, und ordnet die 10 Zwillings-Stimmgabel-Vorrichtungen in Graz auf gleiche Weise an, so wird folgendes stattfinden: der vom Apparat A ausgehende Strom wird vor dem Eintritt in den allgemeinen' Leitungsdraht durch die Stimmgabel-Vorrichtung individualisiert, und findet an dem anderen Ende in Graz nur bei jenem Apparate einen Anklang, wo er eine Stimmgabel vorfindet, die mit der gleichen Schwingungszahl schwingen kann.

Die Stimmgabel Telegraphie wurde später noch weiter ausgebildet von Elisha Gray in Chicago und auch von A. Edison in Menlo-Park. 378)

So scharfsinnig auch diese Einrichtungen erdacht waren, so konnte dieser Gedanke doch bisher nicht praktisch verwertet werden.

Da gelangten plötzlich zu Beginn des Jahres 1877 aus Amerika Aufsehen erregende Nachrichten über die Fortpflanzung von Tönen durch den elektrischen Strom zu uns. Diese Berichte erschienen durchaus nicht von Übertreibungen frei. So sollte ein zu Boston in Nordamerika gegebenes Concert in einen mit Zuhörern gefüllten Saal in Newyork telegraphiert worden sein. Das Instrument sollte auch imstande sein, nicht nur Töne, sondern auch die menschliche Sprache mit ihrer Klangfarbe in die Ferne elektrisch zu übermitteln. Dies machte das deutsche Publicum, welches in der Regel nüchterner ist, anfangs misstrauisch, und man glaubte, es mit einem amerikanischen Humbug zu thun zu haben.

Es war jedoch in der That eine Erfindung gemacht worden, welche alle bisherigen Telephone weit überholt hatte. Der in Schottland geborene und nach Amerika eingewanderte Professor, Alex. Graham Bell, hatte nach vorausgegangenen Arbeiten des Mr. Elisha Gray einen Apparat construiert, welcher ungeachtet seiner Einfachheit imstande ist, nicht nur verschiedene

Töne, sondern auch Worte in bedeutende Entfernungen hörbar zu übermitteln. Fünf Jahre fortgesetzter Arbeit waren dem Gelingen vorangegangen. Die verschiedenen vorausgegangenen Versuche und Untersuchungen findet man in der „Geschichte der Telephonie, Berlin 1880" angeführt.

Der neue Apparat erfuhr in der ersten Zeit in der Gelehrtenwelt die verschiedensten Urtheile. Der englische Physiker William Thompson äußerte bei einer zu London gehaltenen Rede: „Das Telephon ist einer der interessantesten Apparate, welche in diesem Jahrhundert auf dem wissenschaftlichen Gebiete construiert worden sind. Es ist die bedeutendste Erfindung, die je in der Geschichte der Wissenschaft zu verzeichnen war." Ein anderer hervorragender Physiker äußerte dagegen: „Ich muthe keinem ernsthaften Physiker die verrückten Gedanken zu, die hier nöthig waren.

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Wenn es möglich ist, an einem Orte eine vollkommen gleiche Aufeinanderfolge von Schwingungen hervorzubringen, wie die, welche an einem anderen Orte erzeugt worden sind, so werden an beiden Orten gleiche Töne gehört. Die Schwingungen müssen selbstverständlich genau gleich sein, d. h. von derselben Geschwindigkeit, sie müssen ferner auch so beschaffen sein, dass sie diejenige Eigenschaft wiedergeben, welche Helmholtz als von den, den primären Ton begleitenden harmonischen Obertönen abhängig bewiesen hat. Dies war das zu lösende Problem, an welches sich Professor Bell wagte, und welches er auch auf die jedem unserer Leser bekannte Weise löste. Ein dünnes Eisenscheibchen nimmt die Schallwellen auf und geräth dadurch in Schwingungen. In der nächsten Nähe des Scheibchens befindet sich ein Magnetstab, dem das Scheibchen durch die Schwingungen bald genähert wird, bald sich von demselben entfernt und so den freien Magnetismus des permanenten Magnetes verändert. Das dem Scheibchen zugewandte Ende des Magnetes umgibt eine feine Drahtspule, in welcher durch die Intensitätsschwankungen des Magnetismus Inductionsströme in alternierenden Richtungen entstehen, welche sich in dem Lei tungsdrahte fortpflanzen, wodurch auch der Magnetismus in dem Magnete des Empfangstelephons ähnliche Änderungen erfährt,

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