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Strebens fand der aufgeklärte Mann von keiner Seite. Die Berliner Akademie der Wissenschaften, welcher er schriftlich seine Ideen mittheilte, würdigte ihn keiner Antwort, und die Wiener Gelehrten versprachen sich von dem ganzen Geräthe keinen Nutzen. Als Diwisch 1755 dem Kaiser Franz den Vorschlag machte, Wetterleiter zu errichten und der Monarch die Wiener Mathematiker in der Sache um ihre Ansicht befragte, sprachen sich diese dagegen aus und Abt Marci schrieb an Diwisch: Blasphemant quae ignorant." Als endlich im zweiten Jahre nach Aufstellung seines Blitzableiters eine große Trockenheit in Prenditz herrschte und die Bauern, in dem Wahne, dies habe der Apparat verschuldet, denselben zerstörten, da gab endlich Diwisch jede Hoffnung auf, mit seinen Ideen durchzudringen. Durch den Druck veröffentlichte Diwisch folgende Schrift: Die längst verlangte Theorie von der meteorologischen Elektricität“ (Tübingen 1765, 2. Aufl. 1768.) Ein großes Werk über die Elektricität ist Handschrift. (Siehe biographisches Lexikon von Wurzbach.) Er starb am 21. Dec. 1765.

Karl Bornemann schreibt 84) bezüglich dieses Gelehrten: „Man sollte einen Mann nicht vergessen, der sein ganzes Leben dem großartigen Gedanken weihte, die Schrecknisse des Gewitters zu mindern und die zerstörende Kraft des Blitzstrahles aufzuheben. Möchten zuvörderst die deutschen und österreichischen Fachmänner die Bestrebungen des vergessenen mährischen Gelehrten würdigen! Dann erst können wir erwarten, dass andere Nationen die Verdienste des bescheidenen Prämonstratensers Procop Diwisch neidlos anerkennen."

Watson, welcher 1762 die Art angab, wie die Blitzableiter an Schiffen anzubringen seien 85) und der den Rath gab, das Pulvermagazin in Purfleet mit denselben zu versehen, schlägt folgenden Versuch vor, um den Beweis zu liefern, dass jene den Blitz wirklich entladen. Man unterbreche die metallische Leitung auf einen oder zwei Zoll an einem zur Beobachtung passenden Orte, alsdann werde man die elektrischen Funken an der durchbrochenen Leitung überspringen sehen.

Franklins Blitzableiter fanden anfangs zahlreiche Gegner. Nollet sprach sich entschieden gegen dieselben aus. 86) Er hielt

sie nicht nur für nutzlos, sondern sogar für gefährlich, indem sie den Blitz heranzögen, statt vor ihm zu schützen, und rieth, es blitzen und donnern zu lassen, wie man es regnen lasse. 87) Auch Wilson 88) war gegen die aufgerichteten Stangen, indem er meinte, es wäre gar nicht nothwendig, den Blitz noch dazu einzuladen, zu uns herabzukommen. Er gab dafür den Rath, an der Außenseite des Hauses alle Metalltheile zu vermeiden und innen unter dem Dache etwa einen oder zwei Fuß vom Giebel, abgerundete Metallstangen anzubringen und leitend mit der Erde zu verbinden. Um seine Ansicht zur Geltung zu bringen, stellte er im November 1777 in Gegenwart des Königs Georg III. von England im Pantheon zu London folgenden sehr sonderbaren Versuch an. 89) Ein kolossaler, 155 Fuß langer und 16 Zoll breiter mit Zinnfolie überzogener Cylinder wurde an Seidenschnüren aufgehängt und sollte, indem er durch eine Elektrisiermaschine geladen wurde, eine Gewitterwolke vorstellen. Unter diesem aufgehängten Conductor befand sich ein Geleise, auf welchem das Modell eines Hauses, welches einen entweder mit einer Spitze oder mit einer Kugel versehenen Metallstift trug, fortbewegt werden konnte. Bei Anwendung der Spitze und einer schwachen Ladung des Conductors wurde dieser ohne Funken zum Theil entladen, bei starker Ladung aber mit einem Funken, der durch eine Luftstrecke von 5 Zollen auf die Spitze schlug. Bei Anwendung der Kugel entstand in keinem Falle ein Funke und der Conductor behielt den größten Theil der Elektricität. Bei Verkürzung des Stiftes auf dem Hause behielt der Conductor seine volle Ladung, obgleich das Haus unter ihm fortbewegt wurde.

Beccaria, welcher die oben abgerundeten Blitzableiter verwarf, gibt den Rath, bei einem Gebäude von einigem Umfang mehrere Leiter von der gewöhnlichen Form, nämlich zugespitzte und über dem Gebäude emporragende anzubringen. 90)

Gegen Wilsons Ansicht traten auch auf Watson, Cavendish, Mahon, Nairne, Henley und Priestley. Ingenhousz 91) suchte durch Aufzählung von Fällen zu beweisen, dass Gebäude mit spitzigen Ableitern weniger Blitzschläge erfuhren.

Nun wurde aber den spitzigen Ableitern ein anderer gegründeterer Vorwurf gemacht, nämlich, dass sie nur einen kleinen Umkreis um sich her beschützten, weil man bemerkt hatte, dass der Blitz in verschiedenen Fällen in geringer Entfernung von der Auffangstange eine scharfe Ecke oder Kante eines Hauses traf, an welcher sich ein Metallstück befand. Dies veranlasste die Aufstellung mehrerer Stangen auf größeren Gebäuden, wie schon Beccaria vorgeschlagen. Sehr verdient machte sich um die Einrichtung der Blitzableiter Reimarus. 92)

Erklärung verschiedener Naturerscheinungen durch

Elektricität.

§. 22. Seit der Entdeckung der Luftelektricität suchte man auch verschiedene andere ungewöhnliche Naturerscheinungen auf jene zurückzuführen. Dahin gehört vor allem das Nordlicht. Da die ganze Erscheinung mit dem Lichtschein ausströmender Elektricität im Dunkeln die größte Ähnlichkeit hat, so hielt Canton das Nordlicht für eine elektrische Ausströmung von positiven Wolken nach weit entfernten negativen hin, durch den oberen Theil der Atmosphäre, wo der geringste Widerstand ist. 93) Beccaria führt auch als Beweis für die elektrische Natur des Nordlichtes an, dass es die Magnetnadel afficiert. 94)

Zu

Derselbe bemühte sich ferner, den elektrischen Ursprung der Tromben darzuthun, 95) indem er behauptete, dass sie gewöhnlich bei einer gewitterhaften Luft entstünden, bisweilen aus den Wasserhosen Blitze hervorkämen, dass Wasserhosen durch Errichtung spitziger Leiter zerstört würden 96), und dass man sie durch künstliche Elektricität nachahmen könne. letzterem Behufe brachte er einen Wassertropfen an einen mit dem Conductor in Verbindung stehenden Draht und stellte ein Gefäß mit Wasser darunter. Bei diesen Umständen nahm der Tropfen alle verschiedenen Erscheinungen einer Wassersäule an. (?) Wilke 97) erklärte bald darauf die Trombe für einen elektrischen Büschel, der zwischen einer Wolke und der Erde entsteht. Brisson 98) und andere suchten ebenfalls die Trombe nachzuahmen. Er befestigte eine Metallplatte in horizontaler Lage an

dem Conductor einer Elektrisiermaschine, und etwa zwei Zoll tiefer eine ähnliche, jedoch mit der Erde verbundene Metallplatte. Eine Metallkugel der oberen Platte zog Wasser, das sich auf der unteren Platte befand, in Kegelform in die Höhe. Auch die wirbelnde Bewegung, in welche Tromben aufgezogene Gegenstände versetzen, suchte er nachzuahmen, indem auf die untere Platte gestreute Kleie zu einer Säule aufgezogen und dann in einem Wirbel zerstreut wurde.

Sonderbar bleibt es, dass gerade der Entdecker der Luftelektricität die Entstehung der Tromben aërostatisch zu erklären suchte durch Aufsteigen von warmer Luft an einer Stelle und ein dadurch gebildetes Vacuuum.

Die großartigen elektrischen Vorgänge in der Atmosphäre veranlassten bereits im Jahre 1749 die Ansicht, dass auch eine hohe Spannung der Elektricität oder Erschütterungsschläge infolge einer Anhäufung von Elektricität in der Erdrinde als Ursache der Erdbeben angesehen werden müssen. 99)

Pyroelektricität.

§. 23. Wenden wir uns nun zur historischen Entwicklung eines anderen Theiles der Elektricitätslehre, zur Pyroelektricität. Wir finden bereits bei Plinius 100) eine Stelle, wo von einem harten violetten oder hochrothen Steine erzählt wird, dass er, an der Sonne erwärmt, Strohhalme und Blattfasern anziehe. Diese Stelle dürfte man auf den Turmalin beziehen.

Am Schlusse des 17. Jahrhundertes brachten die Holländer von der Insel Ceylon einen Stein mit, welcher von den Eingebornen Turnamal oder Turmale genannt und von ihnen sehr geschätzt wurde. Die Holländer nannten ihn wegen seiner Eigenschaft, im erwärmten Zustande Asche anzuziehen, Aschentrekker. Die erste schriftliche Nachricht über diese Eigenschaft des Turmalins stammt aus dem Jahre 1707. 101) Im Jahre 1717 zeigte Lemery in der Akademie der Wissenschaften zu Paris einen Turmalin vor und theilte mit, dass dieser leichte Körper, als Asche, Eisenfeile, Papierstückchen und dgl. anziehe und wieder abstoße.

Linné nennt diesen Stein, ohne ihn je gesehen zu haben, ,,lapis electricus." 102)

Der ausgezeichnete Physiker Aepinus 103) erhielt 1757 zwei Turmaline, mit denen er verschiedene Experimente anstellte, deren Resultate er veröffentlichte. 104) Er zeigte, dass der Turmalin nach seiner Erwärmung ein an einem Seidenfaden hängendes Korkkügelchen anzog und hierauf abstieß, dass er im Dunkeln erwärmt leuchtete, aber was das Merkwürdigste war, dass er an einer Seite positive und an der entgegengesetzten negative Elektricität besaß. Aepinus leitete aus seinen verschiedenen Versuchen auch die Regel ab, dass bei dem ungleich erwärmten Turmalin die Pole die entgegengesetzten seien von denen am gleichförmig erwärmten.

Dieselben Experimente wurden auch von Wilke angestellt. 105) Wilson in London dagegen behauptete 106), dass ein Turmalin, wenn er ungleichmäßig erwärmt, z. B. mit einem Ende in eine Lichtflamme gehalten würde, an beiden Enden gleichnamige Elektricität bekäme, entweder positive oder negative.

Endlich brachte Canton Klarheit in diese Untersuchungen, indem er das Gesetz entdeckte, dass der Turmalin nur während er eine Temperaturänderung erleidet, elektrisch wird, dass ferner, wenn bei der Erwärmung das Ende A positiv, das Ende B negativ elektrisch wird, während der Abkühlung das Ende A negativ und das Ende B positiv elektrisch wird. Canton hatte dies im Jahre 1759 veröffentlicht 107), dennoch nahmen sieben Jahre später (1766) in der Stockholmer Akademie Bergman und Wilke 108) die Entdeckung für sich in Anspruch. Ersterer zeigte auch, dass die an einem Turmalinkrystalle erregten Elektricitäten stets in gleicher Menge vorhanden sind.

Die Pyroelektricität wurde dann von Canton am brasilianischen Topas und von anderen noch an verschiedenen Mineralien nachgewiesen 109).

Thierische Elektricität.

§. 24. Auch die Erscheinungen der thierischen Elektricität sind bereits in den ältesten Zeiten wahrgenommen worden, ohne dass man natürlich über das Wesen derselben sich

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