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Durch einen dritten Versuch gelangte man zur Überzeugung, dass die Wärmeentwicklung in einem Leiter, so lange sein Widerstand und die Stromstärke dieselben bleiben, ganz unabhängig von der elektromotorischen Kraft der Stromquelle ist, denn es ist ganz gleichgiltig, ob die beabsichtigte Stromstärke durch eine größere oder geringere Anzahl von Elementen, ob durch Daniell'sche oder Bunsen'sche Elemente hervorgebracht wird.

Das nach Joule benannte Gesetz: „die in einer bestimmten Zeit entwickelte Wärmemenge ist dem Leitungswiderstande des Drahtes und dem Quadrate der Stromstärke proportional" wurde von Joule und Becquerel durch Versuche selbst auch für Flüssigkeiten bestätigt, bei welchen zwar chemische Vorgänge durch den Strom eingeleitet werden, die aber gleichzeitige entgegengesetzte Vorgänge wieder compensieren. Endlich fanden Joule und Favre, dass dies Gesetz auch für die Flüssigkeiten der Elemente Giltigkeit habe.

Die Bedingungen, von welchen die Temperaturerhöhung von Leitungsdrähten abhängt, festzustellen, bemühten sich besonders 1849 J. Müller 192), 1859 Zöllner und in neuerer Zeit A. v. Waltenhofen 193), letzterer auf mathematischem Wege.

Die Arbeiten auf diesem Gebiete ergaben das Gesetz: „Die Temperaturerhöhung eines galvanisch erwärmten Drahtes ist dem specifischen Leitungswiderstande desselben und dem Quadrate der Stromstärke direct, dagegen seinem Emissionsvermögen und der dritten Potenz des Durchmessers umgekehrt proportional."

Grove hatte auch bereits im Jahre 1847 gezeigt, dass auch die Umgebung auf das Glühen von Drähten einen bedeutenden Einfluss hat. Als er über einen glühenden Draht eine mit Wasserstoff gefüllte Glocke hielt, so hörte das Glühen auf. 194) Er leitete auch ganz gleiche Drähte durch Wasserstoff, ölbildendes Gas und Luft. Während in den beiden ersten Fällen der Draht noch dunkel war, erglühte er bereits in der Luft, was sich nach Clausius 1853 daraus erklärt, dass jene beiden Gase eine viel größere Erkaltungsgeschwindigkeit besitzen, als Luft.

Das Erglühen von Metalldrähten durch Elektricität fand bald praktische Anwendung in der Sprengtechnik. Schon im vorigen Jahrhunderte hatte man unvollkommene Versuche an

gestellt, bei welchen der Funke einer Elektrisiermaschine an einen entfernten Ort geleitet wurde, um dort eine Zündung zu veranlassen. Solche Versuche hat schon Franklin ausgeführt.

Dieselben wurden in neuerer Zeit wieder aufgenommen. Im Jahre 1845 stellte der Wiener Elektriker C. Winter auf einer etwa 5000 Meter langen Strecke der Wien-Gloggnitzer Eisenbahn gelungene Versuche an. Später nahm Baron Ebner, damals Major im k. k. Geniestabe, nachmals FeldmarschallLieutenant, den Gegenstand für militärische Zwecke in die Hand, hielt über denselben im October 1855 in der k. Akademie der Wissenschaften einen Vortrag und zeigte den von ihm construierten Sprengapparat. Wiewohl der ganze Apparat in einem gut schließenden Gehäuse sich befand und gegen Staub und Regen geschützt war, so gewährte er doch keinen Schutz gegen die Feuchtigkeit der Luft. Dennoch lieferte derselbe überraschende Resultate. Im Jahre 1855 wurden Telegraphenleitungen bis zu einer Länge von 20.000 Metern als Zündleitungen benutzt, wobei sechs bis acht Zünder zur Explosion gebracht wurden. Später wurde dieser Apparat von Ebner verbessert. 195)

Ebners ältester Apparat war eine Elektrisiermaschine mit 2 Glasscheiben, 4 Reibkissen von Leder (mit Amalgam) und einem Condensator, d. i. einer zu einem Cylinder zusammengerollten, langen Franklin'schen Tafel.

Später wurden für den Feldgebrauch Kautschukscheiben und ein Kautschukcondensator gebraucht. Der Apparat wurde in ein Gehäuse aus Blech eingeschlossen. Statt des Reibzeuges (mit Amalgam) wendete er Bisampelz an. Die etwas geringere Elektricitätsentwickelung durch Pelze wurde dadurch gesteigert, dass die Scheiben mit Collodium überzogen wurden. Hierauf nahm er statt der Scheiben einen Cylinder, um welchen der Condensator in Form eines zweiten Hohlcylinders angeordnet wurde. Die Leistungsfähigkeit dieses Apparates verminderte sich jedoch in kurzer Zeit und eine deshalb im Jahre 1870 vom Reichskriegsministerium zusammenberufene technische Militär-Commission constatierte folgende Mängel:

1. Das metallische Gehäuse gestattete Theilentladungen auf kurzem Wege.

2. Die Lage des Condensators ließ eine gute Isolierung nicht zu.

3. Die Fixierung des Collodium-Überzuges war mangelhaft, daher dieser bald abgerieben wurde.

4. Die Schaltstellen für die Leitung waren der atmosphärischen Luft zu sehr ausgesetzt.

Bei dem infolge dieser Bemängelung verbesserten Apparate umschloss ein hölzernes mit Ebonit-Platten gefüttertes Gehäuse den Elektricitätserreger, von welchem getrennt der Condensator in einem eigenen Aufsatzgehäuse untergebracht war. Die Schaltvorrichtung war so viel als nöthig von der Außenluft abgeschlossen. Ferner wurden Bindemittel, welche eine große Adhäsion sowohl zum Ebonit als zum Collodium besitzen, angewendet.

Man kehrte endlich wieder zur Scheibenform zurück, weil man so, ohne das Volumen bedeutend zu vergrößern, die Leistungsfähigkeit erhöhen konnte.

Um dem Einflusse der atmosphärischen Feuchtigkeit, welche etwa doch in das Innere des Apparates dringen könnte, jederzeit zu begegnen, wurde sowohl das Innere des Gehäuses selbst, als auch jenes des Schaltkästchens je mit einem Glasrohre in luftdichte Verbindung gesetzt, in welchem sich entwässertes Chlorcalcium befindet, welches alle Organe des Zündapparates zu jeder Zeit trocken erhält.

Die erste Zündung mittels des Glühens von Metalldrähten durch den galvanischen Strom wurde vom russischen GenieCorps im Jahre 1829 versucht. Im Jahre 1834 brachte Hare dieses Verfahren in Anwendung, um Felsen zu sprengen. Sein Apparat aber war zu umständlich, weshalb sein Verfahren keine Verbreitung fand. Nach vielen Bemühungen gelang es dem Engländer Roberts im Jahre 1842 die Anwendung des galvanischen Stromes zum Felsensprengen so einfach zu machen, dass sein Verfahren 196) große Anerkennung fand. Um nicht erst für jede Explosion den feinen zwischen den Leitungsdrähten ausgespannten Eisendraht vorrichten zu müssen, erdachte Roberts Patronen, von denen man stets eine Anzahl vorräthig haben kann.

Die großartigste Anwendung, welche jemals von galvanischen Elementen für Zündzwecke gemacht wurde, war die

bei Sprengung des Hellgatefelsens bei dem Hafen von New-York, bei welcher 920 Chromsäure-Elemente thätig waren, und gleichzeitig 3680 galvanische Glühzünder entzündet wurden.

Noch wollen wir einen merkwürdigen Versuch erwähnen, der allerdings wenig praktische Bedeutung hat, vielmehr als ein Curiosum betrachtet werden muss. Er wurde nach Legung des ersten unterseeischen Kabels zwischen Frankreich und England ausgeführt. An dem einen Kabelende an der Küste Englands wurde eine Kanone mit Glühzünder aufgestellt, während an der französischen Küste eine Batterie Daniell'scher Elemente aufgestellt war, bei welcher nach und nach so viele Elemente eingeschaltet wurden, bis die Kanone in England zur Abfeuerung gebracht wurde. Es ergab sich, dass hierzu 240 Elemente nothwendig waren.

Man hat jedoch die Methode, mittels eines glühenden Drahtes zu zünden, später meist verlassen und begann den Funken zu benützen, welchen inducierte Ströme liefern.

Nachdem Ruhmkorff die elektromagnetische Inductionsrolle auf eine sehr hohe Wirkung gebracht hatte, wurde dieselbe auch für Zündungen verwertet. Nach wesentlicher Verbesserung der Magnetinductionsmaschine wurde diese eingeführt und nun werden Zündapparate von vorzüglicher Wirkung nach den Principien der dynamoelektrischen Maschinen construiert.

Das Erglühen von Metalldrähten durch den galvanischen Strom fand auch Anwendung in der Chirurgie anstatt des Glüheisens. 197) Albrecht Middeldorpf hat die Galvanokaustik zu einem eigenen selbständigen Zweige der operativen Chirurgie ausgebildet. Auch in der zahnärztlichen Praxis wurde dieselbe eingeführt. 198) Gegenwärtig beherrscht Victor von Bruns in erster Richtung dieses Gebiet. 199)

Die Anwendung von glühenden Metalldrähten im Beleuchtungswesen werden wir an anderer Stelle besprechen.

Der galvanische Lichtbogen.

§. 40. Johann Ritter, ein Privatmann in Jena, Mitglied der Münchener Akademie, ein verdienter Forscher, der schon 1810 starb, wandte zum Schließen der Ketten einseitig einen

Kohlenstift an, um den Unterschied zwischen Schließungs- und Öffnungsfunken studieren zu können. Der Gedanke, einen solchen Kohlenstift anzuwenden, lag sehr nahe, da Christian Heinrich Pfaff, Professor der Medicin, Physik und Chemie in Kiel, die Überzeugung aussprach, dass der elektrische Funke nichts anderes sei, als glühend gewordene, abgerissene Metalltheilchen, denn Kohlentheilchen, deren gute Leitungsfähigkeit schon Volta kannte, erglühen leichter und trennen sich nicht so schwer wie Metalltheilchen. Ritter machte solche Versuche mit 100 Ele

menten.

Zwei stumpfe Kohlenstifte brachte De la Rive im Juli 1820 auf der Versammlung der allgemeinen schweizerischen Gesellschaft der Naturwissenschaften" zur Anwendung und erzeugte mittelst 380 Zink-Kupfer-Elementen ein so kräftiges anhaltendes Licht, dass die Augen der Zuschauer davon geblendet wurden. Auch ließ er, wie Hoppe in seiner Geschichte der Elektricität berichtet, das Licht sowohl in Luft wie im luftleeren Raume entstehen, um zu zeigen „dass es nicht durch Verbrennen erzeugt sei." Hierauf folgte der großartigste Versuch.

Humphry Davy hatte im Jahre 1821 zum Behufe elektrotechnischer Untersuchungen durch eine Privat-Subscription die Kosten für eine aus 2000 Zink-Kupferelementen bestehende Batterie gedeckt. Jede Platte dieser Batterie hatte eine Oberfläche von 4 Quadratdecimeter. Als er einmal die aus 30 Millimeter langen und 4 Millimeter dicken Kohlenstäbchen bestehenden Polenden dieser Batterie nach vorhergegangener Berührung wieder von einander trennte, bildete sich zwischen den beiden Kohlenspitzen, welche selbst ein blendendes Licht ausstrahlten, ein nach oben gewölbter Flammenbogen, welcher erst erlosch, als die Polstücke etwa 8 Centimeter von einander entfernt wurden. Obwohl Davy bei diesem Versuche möglichst feste und dichte Holzkohlen angewendet hatte, so waren sie doch einem raschen Verbrennen ausgesetzt. Um diese. Verbrennung zu hindern, schloss er sie in eine Glasglocke ein, aus welcher die Luft gepumpt werden konnte und bemerkte, dass bei einer Verdünnung der Luft auf 6 Millimeter Quecksilberhöhe der Lichtbogen sich noch in einer Länge bis zu 18 Centm. zeigte.

Netoliczka, Geschichte der Elektricität.

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