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Jünglings munterer, gelehriger, schnellfassender Geist, und deshalb äußerte er verschiedenen angesehenen Männern, die bei ihm speisten: « dieser Jüngling hier, der bei der Lafel aufwartet, wird dereinst, wer es erlebt, dies zu sez hen, ein wunderwürdiger Mann werden» 5).

In desselben Cardinals Hause fand More Gelegenheit, seinen behenden Wiß und sein später so ausgebildetes Talent, aus dem Stegreife ganze Reden zu halten, entwickeln zu können. So trat er einst zur Weihnachtszeit ganz unvorbereitet im Festspiele auf, und er allein belustigte durch seine originellen Einfälle mehr, als alle übrigen Schauspieler zusammen. Auch verfaßte er um dieselbe Zeit einige artige Epigramme in seiner Muttersprache auf die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens und wider das Glüď °).

Anmerkungen.

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1) Fuller, church-history. B. IV. p. 198. §. 11. More, p. 9. 10. 2) Utopia, edit. v. 1518. p. 34. in fine, pag. 35. Cardinalis illius, in cuius aula puer sum educatus etc. und pag. 53. die Schilderung des Cardinals ist dem Portugiesen Hythlodaeus, einer fingirten Person, in den Mund gelegt. John Morton starb den 15. Septemb. 1500, nahe an ninety years of age. So (Gaugh) * Sepulchral monuments in Great-Britain applied to illustrate the history of families, manners, habits and arts at the different periods, from the Norman conquest to the seventeenth century etc. London MDCCLXXXVI. gr. fol. Vol. II. 1796. p. 343. Matth. Parker antiq. Brit. eccles. p. 296. 297.

3) Utopia, p. 35. seqq. More, p. 10.

4) Ibidem, pag. 53.

5) Roper, p. 27. Nach ihm More, p. 10. 11. und diesem nach Hoddesd., p. 4. Biogr. Brit. V. p. 3157. Not. C. Erasmus Brief an Hutten: "adolescens comoediolas egit., Wohl nicht erst auf die Geschichte vom Festspiele urtheilte der Cardinal fo, sondern weil er überhaupt seine ungemeinen Anlagen durchdrang.

"

6) Wood bei Hearne pag. XXXI. Siehe die Literatur Mos re's englische Werke.» Staplet. pag. 6. col. 1. Begreiflich ist die Lamentation on the Death of Elizabeth, wife of Kg. Henry the VII. später, nämlich vom J. 1503. · More, p. 13. 14.

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4. Oxford.

Der Cardinal schickte den Jüngling zur weitern Ausbildung seiner Lalente mit des Vaters Bewilligung nach Orford ). Dort ergab er sich, früher schon an ein: nüchterne Lebensweise gewöhnt, und blos mit dem Nothwendigsten versehen, mit Eifer den Studien. Ja, des Vaters Strenge hierin ging so weit, daß er ihm außer dem Nöthigsten auch nicht einen Pfennig in den Händen ließ 2). Noch in späteren Jahren belobte More seines Vaters Benehmen in diesem Punkte; dadurch sey er vom Weine und den Wollüsten abgehalten worden, habe seine Stunden nicht verschleudert und nicht gewußt, was Ueppigkeit sey, überhaupt habe er den schlimmen Gebrauch des Geldes nicht erlernt 3).

Der wissenschaftliche Zustand der Akademie zu Orford hatte sich, gegen die früheren Zeiten gehalten, allerdings verbessert. Denn als John Colet, nachmals Decan zu St. Paul in London, diese Hochschule bezog 4), wurden daselbst die Gegenstände des Unterrichts in einem sehr verdorbenen Latein der Schulgelehrten vorgetragen, das Erlernen der griechischen Sprache aber als unnüß betrachtet, und die Wenigen, die sich mit derselben beschäftigten, für Keßer, oder wenigstens der Keßerei verdächtig geachtet 5). Die Schilderung des Erasmus vom Zustande der Gelehrsamkeit an der Universität zu Cambridge gilt sicher auch für Orford. Alexandri parva logicalia, die alten Ariome des Aristoteles und des

Joannes Scotus quaestiones, machten den ganzen Kreis des Unterrichts aus.

Aber schon nahte der Augenblick, wo die alte Nacht der Barbarei verscheucht werden sollte durch das Licht der wiederauflebenden Wissenschaften in Italien und diesseits der Alpen. Franzosen, Leutsche und Engländer, welche die Wißbegierde in das Land der Bildung, nach Italien, gerufen, beeilten sich, ihren Ländern das heilige Feuer mitzutheilen, welches sie sich aus den Schulen von Florenz und Rom geholt hatten 6). Allmählich wurden die schönen Wissenschaften eingeführt 7), Aristoteles erschien in verbesserter Gestalt, die Kenntniß der griechischen Sprache ward allgemeiner, eine Menge von Schriftstellern, deren Name nie zuvor gehört worden war, kas men zum Vorschein. Das erweckte Studium der Alten erregte nach und nach einen gesunderen Sinn auch für die übrigen Wissenschaften. Vor Allem gebührt den Männern William Grocyn, Thomas Linacre und William Lilly das Verdienst, die alten Sprachen nach Kräften in ihrem Vaterlande gefördert zu haben. Die beiden Ersteren hatten sich unter Demetrius Chalcondylas und Angelus Politianus zu Florenz ausgebildet, wo Linacre mit Auszeichnung am Hofe Lorenzo's von Medici aufgenommen worden war ); während Will. Lilly, den die Andacht und ein brennender Eifer zu reisen bis Jerusalem getrieben, auf seiner Heimkehr einige Zeit über auf der Insel Rhodus sich aufgehalten hatte, dort die griechische Sprache zu erlernen, so wie er zu Rom unter Sulpitius und Pomponius größere Vollkommenheit in der lateinischen Sprache sich zu erwerben suchte. Nach England zurückgekehrt, war er der erste unter seinen Landsleuten, welcher in öffentlicher

Schule die griechische sowohl als die lateinische Sprache lehrte 9).

Unter der Anleitung solcher Männer war Thomas More eifrigst bemüht, den Geist der Klassiker Roms und Griechenlands zu erfassen, und sein Bestreben wurde mit dem glücklichsten Erfolge gekrönt. Allein nicht bloß Lehrer sind ihm jene drei ausgezeichneten Gelehrten gewesen, sondern auch Freunde im vollsten Sinne des Wortes. Mit Linacre, dem Freunde und Lehrer des Erasmus 10) durchlas More des Aristoteles und Platon's Werke 11). Sehr wahrscheinlich wirkte des Lehrers Vorliebe für die Naturwissenschaften 22) auch auf den Schüs ler, denn Erasmus bezeugt von Leßterem, freilich aus späterer Zeit, daß die Beobachtung der Gestalten, Anlagen und Charaktere verschiedener, mitunter sehr seltener Thiere, die er im eignen Hause nährte, denselben ausnehmend ergöße 13). Fortdauernd gewährte ihm das ́ Erforschen der Geheimnisse der Natnr nicht nur an sich ein ungemeines Vergnügen, sondern es war auch eine solche Beschäftigung in seinen Augen ein gottgefälliges Werk, indem wir dadurch zur Bewunderung der Größe und Güte des höchsten Wesens angeregt und aufgefordert würden; dahingegen das Vernachlässigen dieser Forschungen eher von einem thierischen Stumpffinne zeuge 14).

Grocyn stand in More's Achtung und Vertrauen so hoch, daß er in Abwesenheit des Decans Colet, die Stelle seines Beichtvaters versah 15).

Mit William Lilly, seinem werthesten Genossen, wie ihn More selbst nennt 16), versuchte er sich wetteifernd in literarischen Uebungen.

In diese Zeit des innigen Verhältnisses mit Lilly fallen ungezweifelt die Progymnasmata 17).

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