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ein einflußreiches Mitglied des Unterhauses, rufen, und sagte demselben: « Nun Mann! Wollen sie meine Bill nicht durchgehen lassen? » Und die Hand auf Montague's Kopf legend, der vor ihm kniete, fuhr er fort: Macht, daß meine Bill morgen durchgeht, oder Morgen soll Euer Kopf herab» 16). Dies wirkte. Die Bill ging den nächsten Tag durch. Denn als bei abermaliger Versammlung des Parlaments die Debaten von Neuem sich erhoben, und das Unterhaus in seinen Meinungen sich theilte, brachte es der Sprecher, nach langer Ueberredung und durch die besondern Bemühungen von Freunden das hin, daß zwölf Deniers auf das Pfund in vier Jahren bezahlt werden sollten 17).

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Nach geendigtem Parlament äußerte Wolsey dem Sir Thomas zu Whitehall in seiner Gallerie seinen Verdruß über jenen Auftritt: « Wollte Gott, Mr. More, Ihr wäret zu Rom gewesen, als ich Euch zum Sprecher machte. » «Nehmen Eure Gnaden nicht übel, entgeg nete More, ich wollte, es wäre also gewesen » 18). Um sodann dessen üble Laune zu zerstreuen, fing er an, des Cardinals Gallerie zu loben. « Diese Gallerie hier, Mylord, gefällt mir weit besser, als Eure andere zu Hamptoncourt. »

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Doch, obgleich More auf solche Weise ferneren Vorwürfen ein Ziel seßte, so war er gleichwohl nicht im Stande, des Cardinals Zorn zu besänftigen. Denn einige Jahre nachher 19), als es sich darum handelte, in Bezug auf den bei Pavia gefangenen König Franz I. von Frankreich eine Gesandtschaft nach Spanien zu schicken, schlug Wolsey den Sir Thomas als Glied dieser Legation vor. Niemand könne Seiner Majestät hierin besser dienen, als dieser Mann. Der König eröffnete es More'n,

worauf jener erklärte, wie wenig tauglich er für eine solche Reise sey. Die Beschaffenheit Spaniens und seine Körper-Constitution vertrügen sich nicht mit einander, und er befinde sich außer Stand, Seiner Majestät ersprießliche Dienste zu leisten, indem er wohl einsehe, daß, wenn der König ihm dorthin zu gehen befehle, dies ebensoviel wäre, als ob er ihn ins Grab schicke. Demungeachtet sey er bereit, selbst mit Verlust seines Lebens, seine Schuldigkeit zu thun, und Seiner Majestät Willen hierin getreulich zu erfüllen.

Der König nahm seine Antwort gut auf, und sagte ihm: «Unsere Meinung ist nicht, Euch zu schaden, sondern Wir wollten Euch gerne Gutes erzeigen; deshalb wollen Wir auf Wen andern denken, und Eure Dienste anderweitig verwenden. »

More's Geschicklichkeit im Unterhandeln, welche Wolsey hier, um sich zu rächen, beim Könige geltend zu machen wußte, hatte sich schon früher 20) erprobt, und wenn er auch die diplomatische Sendung nach Spanien diesmal glücklich ablehnte, so finden wir ihn doch theils vor diesem Ereignisse, theils nach demselben verschiedentlich in solchen wichtigen Geschäften verwendet.

scheint Sir Thomas im Jahre 1520, um die Zeit der Zusammenkunft der beiden Könige, in den Urkunden als englischer Commissar auf dem Lage zu Bruges in Flandern, woselbst die Streitigkeiten zwischen den englischen Kaufleuten und der Hansa ausgeglichen werden sollten, welche sich erhoben hatten, weil den Gliedern der Letteren gegen den Buchstaben ihrer alten Freiheiten untersagt wurde, englisches Gut, hauptsächlich englische Tücher auf den Niederländischen Markt zu führen. Die

Adventurers 21) glaubten hiebei die Fremden füglich entbehren zu können.

Die Engländer ihrer Seits klagten über Verweigerung oder Verzögerung des Rechtes in den teutschen Städten, über Mißhandlungen ihrer Islands-Fahrer, und Störung der Ostseeschifffahrt durch die Hanseaten. Die beiderseitige Erbitterung vereitelte alle Bemühungen, die Zwistigkeiten auf dem Lage zu Bruges beizulegen 22).

Zum Abschlusse des Friedens- und Freundschafts-Bündnisses zwischen Franzens Mutter, Louisen, der Regentin von Frankreich, während des Königs Gefangenschaft, und Heinrich VIII. zu More, den dreißigsten August des Jahres 1525, wirkte Sir Thomas, damals Schaßmeister der Lehenkammer,, gleichfalls thätig mit. Es galt, Carls V. nach der Schlacht bei Pavia furchtbar scheinende Uebermacht in die gebührenden Schranken zu weisen, und dem gefangenen Könige auf gute und ehrbare Bedingungen die Freiheit zu verschaffen 23).

Um den König von England noch willfähriger zu machen, erbot sich die Regentin, die Mitgabe der Königin-Wittwe 24), welche des Krieges halber nicht ausbezahlt worden war, in bestimmten Fristen abzutragen 25).

Auch verstand sie sich dazu, Schottland, Frankreichs Verbündeten und Englands furchtbaren Nachbarn, von allen Einfällen auf brittisches Gebiet abzuhalten, und nicht zuzugeben, daß der Herzog von Albanien während des Schotten-Königs Minderjährigkeit dessen Königreich betrete 26). Alle diese von ihr eingegangenen Tractate hatten verbindliche Kraft für ihren Sohn, den König Franz L., der sie nach der Rückkehr aus seiner Gefangenschaft sämmtlich bestätigte 27).

Der Tractat von More ward die Grundlage fer

nerer Verträge zwischen Franz 1. und Heinrich VIII. von England. So wurde am dreißigsten April 1527 dem Ersteren der ungestörte Besiß seiner Herrschaften, und Leßterem sein überseeisches Gebiet - Calais, Guines garantirt, und Franz I. machte sich zur Zahlung von fünfzigtausend Thalern jährlich verbindlich. Unter den Commissarien nennt uns die Urkunde den Sir Thomas als Kanzler von Lancaster 28).

Dieser Vertrag, so wie die zwischen beiden Regenten getroffene Uebereinkunft, so lange der Papst Clemens VII. in kaiserlicher Gewalt sey, weder ein allgemeines Concil zusammen berufen zu lassen, noch auch während dieser Zeit die vom heiligen Vater erlassenen Bullen und Breven zu achten, wurde von Franz I. feierlich auf das Evangelium beschworen zu Amiens am achtzehnten August des Jahres 1527, in Gegenwart vieler französischen und englischen Großen; unter den Lestern befand sich Thomas More in der Eigenschaft als Ritter und Kanzler von Lancaster 29). Er war im Gefolge des Cardinals Wolsey nach Frankreich gekommen 30). Der troß seiner Verbindung mit England unglücklich geführte Krieg Franz I. gegen den Kaiser, hatte endlich am fünften August 1529 den Frieden von Cambray zur Folge. Heinrich VIII. schickte den Bischof von London, Cuthbert Tunstall, den Ritter und Kanzler von Lancaster, Thomas More, und Johann Haclet ab, welche zwischen ihrem Herrn, dem Könige von England, und Carl V. Freundschaft und Friede herstellten; so, daß künftighin Keiner der beiden Fürsten gegen den Andern handelt, und Keiner des Andern Feinden Hülfe leistet. Zum Schuße ihrer beiderseitigen Besitzungen in den Niederlanden unterstüßen sie sich wechselseitig im Falle eines

Angriffes mit Kriegsmacht. In Bezug auf die Relis gions-Neuerungen, welche von den Niederlanden aus nach England hinüberdrangen, ward bestimmt, daß in des Kaisers niederländischen Besizungen kein Buch in englischer Sprache gedruckt noch verkauft werden sollte. Das Gleiche galt von Büchern in teutscher Sprache, welche etwa in England in den Buchhandel kommen könnten 31). Der Kaiser bekennt sich übrigens zu seinen Verpflichtungen und Schulden an den König von England, wie vor dem Kriege.

Dieser Friede, welcher zu London unter Trompetenschall bekannt gemacht wurde, erregte bei den englischen Kaufleuten die lebhafteste Freude, denn sie hatten durch den Krieg mit dem Kaiser bei ihren Handelsverbindungen mit den Niederlanden ungemein viel gelitten. Des Sir Thomas Geschicklichkeit und Klugheit im Abschließen jenes Friedens - Bündnisses mit Carl V. wurde von seinem Könige und dem englischen Volke in vollem Maße anerkannt. Durch dasselbe habe er dem Reiche größere Vortheile verschafft, als damals Heinrich VIII. oder sein Rath für möglich hielten, und der Herzog von Norfolk erklärte öffentlich in des Königs Namen, wie sehr ganz England ihm deshalb verpflichtet sey 32).

Schwerlich wohl dürfte auszumitteln und nachzuweisen seyn, auf welche besondere Weise More in den verschiedenen diplomatischen Aufträgen, die ihm das Vertrauen seines Gebieters zutheilte, wirksam gewesen, und was bestimmt jedesmal sein Werk war: denn nie stand er in solchen Geschäften allein, sondern ihm zur Seite und noch über ihm befanden sich Männer von ausgezeichneter Gewandtheit im Felde der Diplomatie. Doch können wir ohne Uebertreibung annehmen, daß seine Talente

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