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22) Das ist es wohl, was More p. 12. mit Logica und Philosophie bezeichnet.

23) More, 1. cit.

24) Erasm. Brief an Hutten. In disputationibus nil fingi potest acutius, adeo etc.

25) Freilich oft das unsinnigste Zeug, wie aus Erasmus zu entnehmen; der bei Ad. Müller, p. 153, ein Pröbchen giebt.

26) Erasm. Brief an Hutten: adhuc pene adolescens etc.

27) Des Erasmus Wunsch im Briefe an Barthol. Latomus, d. d. Basil. 24. August 1535. «Utinam periculoso negotio se nunquam admiscuisset et causam theologicam cessisset Theologis,» wäre er erfüllt worden, hätte uns unsern Helden geraubt. Ohne seine Vorliebe für theologische Studien konnte er kaum auf solche Weise in den Streit gezogen werden.

28) Roper, IV. p. 33. Heinrich VIII. unterhielt sich mit More häufig über Geometrie und Astronomie. Staplet. p. 9. col. 1.

in init.

5. Bekanntschaft mit Erasmus.

Noch während seines Aufenthaltes zu Oxford 1) machte

More die Bekanntschaft des berühmten Erasmus von Rotterdam, der im Jahre 1498, einer Einladung seines Zöglings, Montjoie, folgend, zum erstenmale den englischen Boden betrat 2), und dort die herrlichste Aufnahme fand. Die Art und Weise, wie beide sich kennen lernten, ist leider nicht auszumitteln; denn jene Anekdote, daß sie zuerst, ohne daß einer den andern gekannt, an des LordMayors von London Tafel sich gesehen und gesprochen, trägt das Gepräge der Unwahrscheinlichkeit an sich 3).

Es konnte nicht fehlen, daß bei des Erasmus Stres ben nach wissenschaftlicher Ausbildung die vorzüglichsten Köpfe Englands gar bald seine Aufmerksamkeit erregten. Von Jugend auf mit den klassischen Mustern Roms vers traut, durch das Studium der Theologie zur Einsicht gebracht, daß nur ein gründliches Erlernen der griechischen Sprache hierin aufhellen könne, hatte er sich mit allem Eifer auf dieselbe verlegt; jedoch erst in England von gelehrten Britten unterstüßt und gefördert, machte er sie sich vollkommen eigen. So vorzüglich schien ihm der wiss senschaftliche Zustand unter den ausgezeichneten Engländern, daß er einer Reise nach dem gelehrten Italien enthoben zu seyn glaubte 4). Höchst wahrscheinlich ward bei Linacre, Grocyn und Latimer, unter deren Leitung sich Erasmus vervollkommnete, jene Bekanntschaft zwischen More und Erasmus geknüpft, die dem Wesen nach bis zu des ersterem Lode gedauert hat, und welche

auf die scientivische Ausbildung unsers Helden von hoher Wichtigkeit gewesen ist.

Der Name des Erasmus weckt in uns unwillkühr. lich die Erinnerung an die schönen Zeiten der wiederauflebenden Wissenschaften und des kräftigen Aufschwunges der Gelehrsamkeit in halb Europa 5). Wie viele ausgezeichnete Männer auch Theil an jenem denkwürdigen Ereignisse haben mögen, keiner hat nach dem Zeugnisse der Zeitgenossen so viel gewirkt, als der einzige Erasmus 6). Darum wird sein Andenken stets und mit Recht gefeiert von der dankbaren Nachwelt. Ueberlegenes Talent in Bezug auf griechische und römische Sprache, unermüdeter Fleiß, ausnehmende Gewandtheit und Urbanität stellten ihn an die Spize jener heiligen Schaar, die, begeistert für die Meisterwerke Roms und Hellas, auf ihn, wie auf ihren Führer und Herrn hochachtungsvoll hinblickten, auf ihn, der es trefflich verstand, alles Vorzügliche seiner Zeit mit der ihm eigenen Anmuth an sich zu fesseln. Das Bestreben des Erasmus war groß und darum rühmlich. Unverkennbar ist sein ganzes Leben hindurch sein Hauptziel gewesen: die grasse Unwissenheit durch das Licht der wiedererstandenen Wissenschaften und durch die möglichste Verbreitung der klassischen Bildung zu vertilgen. Dieser Plan des Erasmus war auf das Bedürfniß seines Zeitalters berechnet, welches laut und gebieterisch eine Verbesserung der Kirche in Haupt und Gliedern begehrte, und, unbegnügt mit dem alten werthlosen scientivischen Treiben, nach Höherem strebte. Eine Reform aber wurde, nach Erasmus Meinung, durch die fortschreitende Cultur herbeigeführt, welche daher vor allem Unwissenheit, Irrthümer und Aberglauben bekämpfen und unterdrücken müsse. Erst aus der

wissenschaftlichen Umgestaltung erwachse die reli. giöse, erst nach Beseitigung der Hindernisse 7) sey eine gründliche, gedeihliche Reform ausführbar o).

Also nach und nach sollte das große Werk der Bildung und Besserung in Wissenschaft und Religion vorwärtsschreiten. Als Hemmungen desselben erschienen die Mönche, deren Verdorbenheit und klägliche Ignoranz Erasmus mit kühnem Muthe bekriegte. Ihr steifes Festhalten am Alten — während ein rascher, jugendlicher Geist die Schäße des Alterthums erschlossen und aus denselben Vorbilder für das ächte Wissen sich genommen hatte ihre ungeschlachte Latinität 9), ihre gänzliche Unkenntniß der griechischen Sprache, ihre dialectischen Spißfindigkeis ten u. s. w. belustigten zum Theil, zum Theil ärgerten sie die unterrichteten Zeitgenossen, und der Gedanke, den Erasmus muthig ausgesprochen, dem alten Schlendrian der Mönchsschulen ein Ende zu machen, und sich fortan frei von den hindernden Fesseln der Scholastik zu bewes gen, fand ungetheilten Beifall bei allen durch Gelehrsamfeit ausgezeichneten Männern jener Zeit. Mit ihnen sämmtlich hatte Erasmus einen schönen, freundschaftlichen Bund gegen Ignoranz und Aberglauben geschlossen. Von Cracau 10) bis Spanien "), von Palermo 22) bis England empfing er ehrende Briefe, und seine Boten beeilten sich, nach den verschiedensten Richtungen hin Antworten zu überbringen, welche er vom Geiste des Wohlwollens, des Scherzes und der Zierlichkeit beseelt unter einer Menge von Geschäften mit schneller Feder entworfen hatte 13).

Unter den Männern, welche zu obigem ZweckeJim Bunde mit Erasmus standen, befand sich auch seit der Bekanntschaft mit demselben, Thomas More. Ihm ges

bührt unter Allen, die sich des Erasmus Freunde und Verehrer nannten, wo nicht der erste Rang, doch sicher einer der vorzüglichsten Pläße in der Achtung jenes aus ßerordentlichen Mannes 14). Aber auch Erasmus, sonst ziemlich freigebig mit Lobsprüchen, erkannte den ganzen Werth von More's Freundschaft an. «Bei jeder Ges legenheit weiß er, sagt Hegner 15), sowohl Herz als Geist des Mannes, den er von Jugend auf kannte, nicht genug zu erheben. Das Lob, das er diesem Weisen ertheilt, ist das höchste. »

Durch seine gelehrten Studien bereits mit dem Geis ste des klassischen Alterthums vertraut, mußte in Folge der innigeren Verhältnisse zu Erasmus, More's Vorliebe für solche Beschäftigungen in einem hohen Grade gesteigert werden 16). Was Erasmus wollte: Vertilgung der Barbarei, äußerte er unverhohlen. Der vers traute Umgang beider Männer, dieser reiche Austausch von Ideen, ließ More'n bald Geschmack an der Weise finden, wie Erasmus die Gegner der Cultur angriff. Daß die Geißel der Satyre über die dem bessern Geiste Widerstrebenden und am Alten hängenden geschwungen werden müsse, war ganz im Sinne des wißigen Jüngs lings, denn dies waren die geeigneten Waffen, die Hins dernisse, die sich den schönen Wissenschaften entgegen stellten, zu besiegen. Des Erasmus scientivische Bildung, die Achtung, welche er fast in ganz Europa genoß, das heitere, gefällige Benehmen, die geistreiche Unterhaltung nahmen More ganz für denselben ein. Auf der andern Seite bewunderte Erasmus More's Kenntnisse, die sich über das Gebiet der Theologie und der alten Spras chen hinauserstreckten 17), dessen untadelhaftes Leben, edle Uneigennüßigkeit und schlagenden Wig. So ward zwi

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