gen verschiedener alter und heiliger Gelehrten, und als er wieder an den Hof fain, und mit Seiner Majestät über den besagten Gegenstand redete, äußerte er sich folgens dermaßen: Aufrichtig mit Euer Gnaden zit sprechen, so sind weder Mylord von Durham, noch Mylord von Bath, noch ich selbst, noch irgend Jemand des geheimen Rathes – wir alle Eure Diener und Eurer Güte höchlich verbunden - nach meinem Dafürhalten die geeigneten Räthe in dieser Angelegenheit. Aber wenn es Euch gefält, die lautere Wahrheit zu erfahren, so verweise ich Euch auf solche Räthe, welche weder aus Rüdsicht auf ihren eigenen irdischen Nußen, noch aus Furcht vor Eurem fürstlichen Ansehen Eudy zu hintergehen gesonnen sind. » » Er nannte sodann St. Hieronymus, St. Aus gustinus und verschiedene andere, sowohl Griechische als lateinische Kirchenväter, die Meinungen anführend, weldje er aus ihnen gesammelt. Woraus denn klar hervorging, daß die Heirath mit einem andern Weibe bei Lebzeiten der ersten Frau von diesen heiligen Vätern und der heiligen Schrift verworfen werde 37). Ein solches Gutachten aber war nicht nach Hein: richs Geschmack, der eine feiner Neigung günstigere Ants wort erwartet haben mochte. Doch die kluge, bescheidene Art, mit welcher Sir Thomas seine Gründe vorgetragen, bewirkte, daß der König sie damals wenigstens dem Scheine nach gut aufnahm und öfters nachher wieder mit ihm Berathungen über diesen Gegenstand hielt. Sir Thomas jedoch durchschaute Heinrichs Charaf: ter; er kannte nur zu gut den Ungestüm und die Stärke seiner Leidenschaften. Als er nun den König entschloss sen sah, um Annens Befiß Alles rüdsichtslos daranzuseßen; fürchtete er mit Recht die größten Gefahren für die Sache des alten Kirchenglaubens, und für die Ruhe des Königreiches überhaupt. Eines Tages brach sein Schwiegersohn, William Roper 38), in Lobpreisungen über Englands glücklichen Zustand aus. Unter dem Schuße eines so katholischen Fürsten dürfe daselbst kein Keßer fich blicken lassen, der Glerus sey gelehrt und tugendsam, der Adel gesegt und verständig, die Unterthanen ihrem Herrn treu ergeben, kurz, alle zusammen wären in einem Glauben und einer Pflicht vereint, gleich als ob sie nur ein Herz und eine Seele hätten. Ihm antwortete Sir Thomas: « In der That, Sohn Roper, so ist es,» und nachdem er alle Stände sehr beredt gelobt, fuhr er fort: «demungeachtet bitte ich zu Gott, er möge uns, wie hoch wir auch jetzt zu stehen scheinen, und die Reger wie Ameisen unter unsere Füße treten, den Tag nicht erleben lassen, daß wir wünschen werden, im Bunde mit ihnen zu seyn, und daß wir ihnen den Besit ihrer Kirchen gestatten, so ferne fie uns in den unsrigen nicht stören! » Auf Ropers Einwendungen, er sehe keine Ursache, To Etwas zu befürchten, entgegnete er: Wohl! Gott gebe nur, keiner von Uns möge bis zu jenem Tage leben. » Weil er nun keine Gründe für seine Aeußerung angab, ward Roper ungehalten und sprach: «Bei meiner Creu, Vater, das ist recht verzweifelt gesprochen! » Sogleich sagte More, diesen Unmuth zu verscheuchen, begütigend und einlenkend: «Gut, gut, Sohn Roper, es soll nicht so seyn, es soll nicht so kommen! » Der Fortgang der Ehescheidungsgeschichte war indessen eher geeignet, des Sir Thomas frühere Besorg nisse zu vermehren, als zu vermindern. Jeßt schon erblickte er das Herannahen unabwendbarer Uebel, welche in Kurzem sein Vaterland treffen sollten. Willig hätte sein fühlendes Herz die drohende Gefahr selbst mit Darstređung seines Lebens abgewendet. « Als ich einmal, ers zählt Roper 39), bei Chelsea an den Ufern der Themse mit Sir Thomas luftwandelte, und wir von Allerlei redeten, sagte er zu mir: «« Wollte Gott, Sohn Roper, ich möchte unter der Bedingung, daß drei Sachen in der Christenheit wohlbestellt wären, in einen Sack gethan, und gleich jetzt in die Themse geworfen werden! »» Was müssen das für drei große Dinge seyn, Sir, fragte ich, die Euch zu einem solchen Wunsch bewegen? » Willst bu fie wissen, Sohn Roper ? » Ja wohl, Sir, wenn es Euch gefällt, sagte ich. a « In Wahrheit, es sind folgende: »» Erstlich: der größte Theil der christlichen Fürsten, die nun in mörderischen Kriegen gegen einander stehen, möchte in einem allgemeinen Frieden leben.» » «« Zweitens. Die christliche Kirche ist zu dieser Zeit schmerzhaft betrübt durch viele Irrthümer und Rezereien, möchte sie doch durch eine vollkommene Glaubens-Eins heit beruhigt werden! » » Drittens. Da des Königs Heirathsstreit in Frage gekommen ist, so möge diese Angelegenheit zu Gottes Ruhm und zur Beruhigung aller Theile beendigt werden. »» Welcher leştere Punkt, nach seinem Urtheile, . viele Verwirrung in einem großen Theile der Christenheit verursachen würde. » Diese Durchdringung der Menschen und der Verhältnisse, welche Sir Thomas in seinen Aeußerungen gegen Vertraute beurkundete, ließ ihm bald klar wer ((( den, der König in Allem, was er heftig wollte, durch Hindernisse eher angespornt als abgeschreckt dürfte, trop jenem Bescheide gegen die Trennung von Catha, rinen, wiederholt in ihn dringen, ridy endlich nach weis terer Prüfung des wichtigen Gegenstandes für seine Neigung zu entscheiden. Der Schrecken der Schweißfrankheit hatte Heinrich en zwar auf einige Zeit von seinem Plane abgebracht 40), allein bald brad, die Leidens schaft für Anna Boleyn mit gedoppelter Kraft hervor. Als daher Sir Thomas von seiner Gesandtschaft nach Cambray an den Hof zurückkehrte, fuchte ihn der Kis nig, wie früher, allen Ernstes zu bereden, zu Gunsten seiner zweiten Ehe sich auszusprechen, und ließ kein Mittel unversucht, ihn auf seine Seite zu ziehen. Denn Alles lag ihm daran, bei seinem Vorhaben die Stimme eines Mannes zu gewinnen, der bei den Seinigen und im Auslande die höchste Achs tung genoß. Wenn dieser, dessen Redlichkeit und Wahrheitsliebe überall zum Muster diente, seinen Schritten entgegen war, so stand zu befürchten, die Edleren der Nation und die Masse des Volkes würden, durch sein gegebenes Beispiel ermuthigt, gleichfalls des Königs Plane mißbilligen. Wie mächtig sich auch die Großen dieser Erde bedünken, die öffentlidye Meinung, welche selbst Tyrannen zu respectiren gezwungen sind, zieht ihr Betragen vor ihren Richterstuhl. Daher das fast ängstlide Bestreben Heinrichs, More'n zur Ansicht zu vermögen, die Scheidung von Catharinen sey durch göttliche und natürliche Geseße geboten, und sohin die Ehe mit Annen erlaubt; daber aber auch später sein Zorn, daß der Unterthan und Diener, ungeachtet aller Bitten und Erniedrigungen seis nes Herrn, es gewagt, dem königlichen Willen, wenn auch nur durch Worte, zu widerstreben. Mit vieler Herablassung und im Tone der Vertraulichkeit eröffnete Heinrich VIII. in seiner Gallerie z Hamptoncourt dem eben zurückgekehrten More - wels chem über seine diplomatischen Leistungen das schmeichelhafteste fob zu Theil wurde — «Er habe, obwohl früher in Verzweiflung über seine Angelegenheit, seitdem gute Hoffnung, die Scheidung endlich zu bewerkstelligen 42). Seine Ehe nämlich, wenn schon mit päpstlicher Dispensation geschlossen, sey nicht allein den Vorschriften der Kirche und dem geschriebenen Geseke Gottes zuwider, sondern auch gegen die natürlichen Gefeße, so daß hier in keine Weise durch die Kirche dispensert werden könne; wie ihm denn Dr. Stokflye 42) hierüber die nöthigen Belehrungen geben werde; mit diesem, bitte er, sich über den Punkt zu unterreden. » Sir Thomas gehorchte der königlichen Aufforderung; allein er fand nach allen mit Dr. Stoffiye gepflogenen Berathungen dur d aus Nichts, was hinlänglich überzeugende Stärfe gehabt hätte, seine Ansicht in Betreff jener Angelegenheit zu ändern. So theuer war ihm die Wahrheit, daß er sie allen andern Rücksichten vorseşte! Im Berichte, welchen der Bischof 43) dem Könige über ihre Unterredung erstattete, schilderte er More's Benehmen in fehr günstigem Lichte, und bezeugte; Sir Thomas sey eifrigst darauf bedacht, wie er seinem Herrn zu dessen Zufriedenheit in jener Sache dienen möge; zur Zeit jedoch fönne er sich noch nicht entschließen, den Anrichten Seiner Majestät völlig beizupflichten 44). |