brunst dem Gebete ob, ja, er selbst verfaßte dergleichen zum eigenen und der Familie Gebrauch 2). Alle diese geistigen Uebungen wußte er so heimlich und geräuschlos zu verrichten, daß sein Aeußeres durchaus Nichts von den damit verbundenen Anstrengungen verrieth 3). Im innigsten Vereine mit dieser Strenge gegen sich selbst standen More's Untersuchungen über theologische Gegenstände. So durchlas und studirte er die Kirchenväter 4) und um die Zeit seiner Beförderung zum Utterbarister 5) hielt er mit dem größten Beifall öffentliche Vorlesungen über des Augustinus Werk, De civitate Dei, in der St. Laurentius-Kirche 6), und bewies hiebei so viele Geschicklichkeit, daß die Blüthe der englis schen Jugend, daß selbst Grocyn, sein Lehrer, und andere hochgelehrte Männer zu seinen Vorträgen sich hindrängten. Priester und Greise schämten sich nicht, von einem Jünglinge zu lernen, der in ihrem Fache der Gottesgelehrtheit gleichwohl ein Uneingeweihter war 7). Anmerkungen. 1) Staplet. p. 7. Adolescens quippe usus est cilicio. More, p. 18. 2) Alles dieses nach Staplet und More, welcher Lettere den Ersteren überseßte. Erasmus Brief an Hutten, «interim ad pietatis studium etc. Bei Knight, Erasmus v. Arnold. Miscellan. Nro. XXVII. p. 85-90 sind etliche solcher Gebete. 3) Staplet. II. p. 7. col. 1. 4) Siehe oben bei den Lucianischen Dialogen. 5) So giebt Roper an, p. 27. 6) Roper 1. cit. nennt uns Lawrence -Old Jurie, dagegen More, p. 51. St. Laurentius-Kirche zu Lothbury, wo Sir John More, sein Vater, begraben liegt. 7) Erasmus Brief an Hutten. Staplet. 1. cit. und More, p. 52. so wie Biogr. Brit. p. 3159. behaupten, More habe nur das philosophische und geschichtliche, den beinahe ausschlie Benden Inhalt der ersten Bücher, behandelt. Erasmus bezeugt, Theologen hätten dem Layen in ihrem Fache begierig zugehört. (Beilage B.) 8. Seine Opposition im Unterhause im Jahre 1504. More's Bemühungen, sich in der Tugend zu vervoll kommnen, hatten den schönsten Erfolg. Fromm und sittsam, voll Thätigkeit in den vaterländischen Rechten, und mitunter in den vielgeliebten schönen Wissenschaften, streng gegen sich selbst, rechtlich und wahrheitsliebend gegen Jes dermann, mußte er bald die Achtung aller Jener gewinnen, die ihn umgaben. Vorzüglich erwies er sich als entschiedenen Feind jeder Ungerechtigkeit; sein starkes Gefühl für Wahrheit und Recht machte ihn dazu. Bald sollt: er, einen größeren Schauplaß betretend, diese Tugend, welche nur furchtlosen Seelen eigen ist, im glänzenden Lichte zeigen. Im 19ten Jahre der Regierung Heinrich VII. von England 1) ward Thomas More, wir wissen nicht aus welchen Gründen, zum Mitgliede des Unterhauses gewählt. «Der König begehrte damals,» wie ich habe erzählen hören, sagt Roper 2), «vom Parlamente eine Subsidie 3) von drei Fünfzehnten 4) wegen der Vermählung seiner ältesten Tochter Lady Margarethe mit dem Könige von Schottland » 5). Die Mehrzahl der Glieder des Unterhauses war gegen diese königliche Forderung, aber viele derselben, durch die Furcht vor des Königs Ungnade, eingeschüchtert, wagten nicht zu widersprechen. Da erhob sich ohne Zagen der junge Thomas More mit solchen Gründen gegen die willkührliche Auflage, welche an 40,000 Pfund betragen sollte, daß er durch die Kraft und Klarheit seiner Rede die Gemeinen ermuthigte, und des Königs Ansinnen verworfen ward. . Einer von den geheimen Räthen, Namens Mr. Tyler, welcher der Verhandlung beigewohnt, ging aus dem Par lamente zu Heinrich VII. und sagte ihm, ein Junge ohne Bart hätte alle seine Plane vereitelt 6); worüber der König sehr zornig auf More ward und eher nicht besänftigt werden konnte, bls er einigermaßen sich gerächt hatte. Da aber Thomas More, weil er Nichts be saß, auch Nichts verlieren konnte, so suchte der König eine übelgegründete Klage wider dessen Vater hervor, und seßte ihn so lange gefänglich in den Lower, bis er 100 Pfund als Strafe erlegt hatte. Kurz hierauf riethen ihm Viele, unter ihnen der Bischof Richard For von Winchester, des Königs geheimer Rath, More möge seis nes Vaters Freilassung von Heinrich VII. erbitten. For versprach More'n, indem er ihn auf die Seite rief, wenn er sich ihm überlassen wolle, so werde er ihn wieder in die verlorne Gunst des Königs bringen. » —— Klug antwortete dieser, er sey sich keiner Schuld bewußt und dürfe auch da keine eingestehen, wo die Verzeihung ihm nicht sicher sey ?) Forens Absicht aber war, wie dies nachmals sich zeigte 8), ihn zum Geständniß seiner Beleidigung des Königs zu bringen, und diesem die Ges legenheit zu verschaffen, unter einem bessern Vorwande an More Rache zu nehmen. Als aber More mit seis nem Freunde, Richard Whitford 9), damals Capellan des Bischofs, zusammenkam, ihm Forens Antrag eröff nete und hierüber seine Meinung begehrte, bat ihn dieser beim Leiden Christi, in keine Weise des Bischofs Rath zu befolgen, denn, sagte er, um des Königs Willen zu befriedigen, würde Mylord selbst in den Tod seines eig ཕ nen Vaters willigen. Deshalb ging More nicht wieder zu For, sondern entschloß sich, über See zu gehen, in dem er dafür hielt, daß er bei des Königs fortwähren der Ungnade nicht ohne große Gefahr in England werde leben können. » Der Rache eines Königs bloßgestellt, der alles Andere eher verzieh, nur nicht Vereitlung seiner Geldplane und Erpressungen, vertheidigte der 22 jährige Jüngling More unerschrockenen Muthes, während Alle sklavisch um ihn her vor der königlichen Gewalt erzitterten, die Rechte seiner schwer gedrückten Nation. An seiner Furchts losigkeit konnten die Bessern, aber minder Seelenstarken vom Hause der Gemeinen sich aufrichten, und ihrer heilis gen Pflichten als Vertreter des Volkes wieder eingedenk seyn. Sein kühner Widerstand hatte doch wenigstens soviel bewirkt, daß Heinrich VII., statt der Summe von 40,000 Pfund Sterling, nur mit 30,000 10) sich bes gnügte, und 10,000 Pfund « aus überschwenglicher Gnade und zarter Liebe für seine Edlen und Unterthanen » ") nachließ. Unstreitig hat More's Opposition gegen die gehässigen Maßregeln Heinrich VII. und dessen mit dem Fluche des englischen Volkes längst beladenen Räthe Empson und Dudley seine Popularität begründet, welche später noch durch sein uneigennüßiges Walten als Advocat und Richter, durch seine Leutseligkeit und großen Kenntnisse erhöht wurde 12). --- |