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archen Person vorzustellen. Ohne Zweifel hatte der eitle und ehrgeizige Cardinal die neue Stelle für sich bes stimmt, und schon trat die Mehrzahl der Räthe seinen Vorschlägen ohne Widerspruch bei, als die Reihe zu stimmen an Sir Thomas kam, der zuleßt zu sprechen hatte. Er mißbilligte des Cardinals Plan, zeigte das Nichtige desselben und unterstüßte seine Widerrede mit so vielen und starken Beweisgründen, daß die übrigen vom Rathe wankten und ihre Ansicht änderten, wodurch eine neue Berathung nothwendig erschien. Erzürnt wandte sich Wolsey an More: Schämt Ihr Euch nicht, daß Ihr, an Würde und im Plaße der Leßte, also denkt, und abweicht in Eurer Meinung von so vielen der edelsten und klügsten Männer? Ihr erweis't Euch als einen ungereimten. und thörichten Rath! » - Sogleich antwortete Sir Chomas: «Laßt uns also Gott danken, daß des Königs Majestät in diesem seinen hohen Rathe nur einen einzigen Thoren hat. » Die Berathschlagung ward auf eine andere Zeit ausgeseßt und der Antrag später verworfen.

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Sir Thomas war nicht allzuwohl gelitten vom Cardinal - Minister, der vielleicht mit eifersüchtigen Augen More's Erhebung durch den König gewahrte 5). Dies ser dagegen war ein abgesagter Feind alles Gepränges und hochfahrenden Wesens, eine Schwachheit, welche Wolfey'n über die Gebühr beherrschte. Obgleich nun Sir Thomas den übrigen Verdiensten des Cardinals volle Gerechtigkeit widerfahren ließ, so konnte er doch nicht umhin, jenen Pomp und jene eitle Glanzsucht in ihrer Lächerlichkeit zu zeigen.

Acht Jahre hindurch hatte Heinrich VIII., gleich wie früher sein Vater, ohne Zuziehung des großen Rathes der Nation, regiert. Endlich zwang ihn der gänzlich erschöpfte

Schatz, das Parlament im April des Jahres 1523 einzuberufen. Durch den Einfluß der Krone ward Sir Thomas, Mitglied des königlichen Rathes, zum Sprecher des Unterhauses gewählt 6). Es verdroß ihn sehr diese Stelle zu übernehmen, und er bat, nach altem Brauche 7), um Befreiung von derselben. Im Namen des Königs wies der Cardinal diese Bitte zurück, und nahm ihn als Sprecher des Hauses der Gemeinen an.

Hierauf hielt More die dem Sprecher seit alter Zeit zustehende Rede für freie Aeußerung der einzelnen Glieder, und deren Freiheit von der Haft o).

Das Parlament begann, und der Cardinal war sehr erzürnt über die vom Unterhause, weil, wie er sich ausdrückte, Alles, was in demselben verhandelt worden, gleich auf den Bierbänken ausgeplaudert werde. Die Mitglieder ihrer Seits glaubten das ungezweifelte Recht zu haben, ihren Freunden außer dem Hause mitzutheilen, was daselbst vorgegangen sey.

Der Cardinal entschloß sich, weil er Widerstand im Unterhause gegen die allerdings sehr beträchtliche Subsidie 9) fürchtete, in Person dort zu erscheinen, um dadurch alle Opposition niederzuschlagen. Diese neue Art, des Königs Begehren vorzutragen, wurde viel vom Hause berathen, und die Frage war, wenn der Cardinal - Minister zugelassen werden sollte, ob er nur wenige Begleiter, oder seinen ganzen Schwarm mitbringen dürfe. Die Mehrzahl war für Zulassung Weniger. Da erhob sich der Sprecher und sagte: «Meine Herren! da Mylord Cardinal vor Kurzem uns die Leichtfertigkeit unserer Zungen für Dinge, die wir ausgeplaudert, zur Last gelegt; so wäre es meinen Einsichten nach nicht übel, denselben mit all' seinem Gepränge, mit seinen Sceptern, Säulen,

Kreuzen, dem Cardinals - Hute und dem großen Siegel dazu, kurz mit seinem ganzen Gefolge zuzulassen, damit, wenn er uns nachmals wieder für Dinge ausschmähen will, die wir aus dem Hause geschwatt, wir dies Jenen kühnlich zuschieben können, die Seine Gnaden mitbringen wird » 10).

Diese launige Motion ward beifällig angenommen, und der Cardinal demnach zugelassen, der an der Spize vieler geistlichen und weltlichen Lords im Unterhause erschien, und in wohlgeseßter Rede zeigte, wie König Franz I. von Frankreich, der sich den Allerchristlichsten nenne, dem Könige von England und dessen vielgeliebtem Neffen, dem Kaiser Carl V., sein Wort gebrochen, so, daß Heinrich VIII. dies nicht länger erdulden könne. Bei der Zusammenkunft zu Guines habe besagter König von Frankreich geschworen, alle Artikel des Bündnisses zu halten; seitdem aber führe er Krieg wider des Kaisers Länder 11). Er habe ferner die schuldigen Zahlungen für die Herausgabe von Tournay und Lerouenne nicht geleistet, und nicht zufrieden damit, habe er des Königs Unterthanen nicht nur beraubt und ausgeplündert, sondern auch Johann, den Herzog von Albanien, nach Schottland geschickt, in England feindlich einzufallen: deshalb befinde sich der König in der Nothwendigkeit, zur eigenen Vertheidigung Krieg zu führen; dies aber könne nicht ohne große Summen Geldes geschehen, und er halte dafür, nicht weniger denn acht malhunderttausend Pfund vom fünften Theile von Jedermanns Gütern und Land zu erheben, oder, was dasselbe sey, vier Shillings von jedem Pfunde, in vier Jahren zahlbar. Denn kommendes Jahr würden Seine Majestät und der Kaiser

den Krieg auf eine solche Weise führen, wie dies zuvor nie geschehen.

Nach Auseinandersetzung dieses Gegenstandes ermahnte er schließlich die Gemeinen, ihren Fürsten in Zeit der Noth zu unterstüßen. Da er des Hauses Stillschweigen bemerkte, sagte er: « Masters! Ihr habt viele kluge und gelehrte Männer unter Euch; da ich von des Königs eigener Person hieher zu Euch gesandt bin für Eure und des ganzen Königreiches Erhaltung; so erachte ́ich es für schicklich, daß Ihr mir eine vernünftige Antwort ertheilt. » — Aber auch jetzt schwieg Alles; er wandte sich insbesondere an einen gewissen Mr. Murrey 12), nachher Lord Murrey, der ihm gleichfalls nicht antwortete. Hierauf fragte er verschiedene Andere, die zu den Klügsten des Hauses gehörten, dasselbe, und da Keiner von ihnen irgend Etwas entgegnete, weil sie nach ihrem Gebrauche übereingekommen waren, durch ihren Sprecher antworten zu lassen, sagte der Cardinal: « Masters! Es ist Brauch Eures Hauses, durch den Mund Eures Sprechers, den Ihr selbst als einen zuverlässigen und klugen Mann wie er es denn wirklich ist - erwählt habt, in solchen Fällen Eure Meinung kund zu thun. Dies ist aber ohne Zweifel ein sonderbar hartnäckiges Stillschweigen. Deshalb forderte er des Sprechers Antwort. Dieser entschuldigte ehrerbietig auf seinen Knieen des Hauses Stillschweigen; die Glieder desselben seyen ganz beschämt durch die Gegenwart einer so edlen Person, welche im Stande sey, selbst die Klügsten des Königreiches einzuschüchtern. Er bewies hierauf, daß des Ministers Erscheinen im Unterhause dessen alten Freiheiten weder gemäß noch zuträglich sey. Seine Person anlangend, sey er viel zu ungeschickt, eine genügende Ant

wort in so wichtiger Sache zu ertheilen, welches er selbst dann nicht vermöchte, wenn er auch mit so viel Verstand begabt wäre, als sie Alle mit einander besäßen. Von ihnen aber müsse er erst seine Instructionen erhalten.

Voll Unwillen über More, der auch hier wieder seinem Willen nicht Genüge geleistet, verließ Wolsey plößlich das Haus. Sir Thomas aber, welcher allerdings die Nothwendigkeit der Subsidie einsah und anerkannte, unterschied recht gut des Königs Forderung von der Insolenz seines Ministers, und darum hatte er ihm diesen Streich gespielt. Denn des andern Tages sezte er, als Sprecher, den Gemeinen des Cardinals Gründe auseinander, und unterstüßte nachdrücklich das königliche Begehren, indem er behauptete: Niemand könne vermöge seiner Pflicht die Zahlung von vier Shillings vom Pfunde verweigern 13). Allein die Gemeinen waren ungemein zäh, wenn es aufs Zahlen ankam, und wollten zu nicht mehr sich verstehen, als zur Hälfte der geforderten Summe 4). Nochmals erschien der Cardinal im Unterhause, die Gründe der Opposition zu beantworten, und ersuchte die Gemeinen, sich mit ihm über die Angelegenheit zu besprechen. Sie entgegneten: was er vorbringe, würden sie anhören, im Uebrigen aber sich unter sich berathen.

Das Volk und der König, beide waren aufgebracht. Ersteres verspottete die Glieder vom Hause der Gemeinen: «Sirs, hieß es, wir hören, Ihr äußert, vier Shillings vom Pfunde geben zu wollen? Wir rathen Euch dies zu thun, damit Ihr mit Drohungen und Vorwürfen überhäuft heimkehren möget » 15). Den König erbitterten die Schwierigkeiten, welche die Gemeinen seiner Subsidie entgegenstellten. Er ließ den Edward Montague Esq.,

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