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Schiller und sein väterliches Haus. Von E. J. Sauppe. (Hölscher.)
Klopstock in Zürich im J. 1750-51. Von J. C. Mörikofer. (Hölscher.) 439
Dictionnaire des Antonymes ou Contremots.

(F. Brockerhoff.)

Par P. Ackermann.

Ausgewählte Stücke Molière's von H. Barbieur
Elementarbuch der französischen Sprache von J. Seyerlen

Proben der deutschen Poesie und Prosa. I. Theil Von J. Kehrein
Praktische Elementargrammatik d. französischen Sprache. Von F. Josseaume.
(Dr. Jo st.)

Plattdeutsche Sprichwörter der Fürstenthümer Göttingen und Grubenhagen.

Von G. Schambach. (Hölscher.)

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Beiträge zur Erklärung deutscher Gedichte von Dr. B. Naud

Ueber das grammatische Genus von F. Hermes. (Hölscher.)

Sprache d. Poesie u. Poesie d. Sprache v. Dr. Paschke. (Friedländer.) 112

Neber d. Grundidee d. Shakespeare'schen Drama's Othello v. Dr. Sievers. 113

Der Kaland. V. Pfaffen Konemann. Mitgeth. v. W. Schaz. (Hölscher.) 231

Das gothische Runenalphabet. Von Dr. Kirchhof. (Hölscher.)
Programm der Realschule zu Insterburg. Von A. Schweiger
Dissertatio de auctoritate Academiae Francogallicae in grammaticis caute
sequenda, a Ch. T. Dressler etc.

Des Synonymes français. Von Dr. Fuuge.
Christoph Marlowe. Von Dr. A. Philippi.
Ueber den Gebrauch der Verneinungen im Französischen. Von dem Conrector
Balsam. (S.)

Das Sprichwort in nationaler Bedeutung. Von Dr. Beder. (Dr. 6. 6.

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Ein Blick auf die literarische Vergangenheit und Bukunft

des Nibelungenliedes.

„Die Kenntniß des Nibelungenliedes," so sagte erst spåt anerkennend der Altmeister Goethe, gehört zu einer Bildungsstufe der Nation. Jedermann sollte es lesen, damit er nach dem Maße seines Vermögens davon empfange. Das Werk ist nicht da, um ein für allemal beurtheilt zu werden, sondern an das Urtheil eines Jeden Anspruch zu machen und deshalb an Einbildungskraft, die der Reproduction fähig ist, aus Gefühl für's Erhabene, Uebergroße, so wie für's Harte, Feine, für ein weitumfassendes Ganze und für ein ausgeführtes Einzelne: Aus welchen Forderungen man wohl sieht, daß sich noch Jahrhunderte damit werden zu beschäftigen haben.“

Man kann sagen, daß die in diesen Worten liegende Aufforderung von Jahr zu Jahr mehr erkannt wird. Das Nibelungenlied hat durch sprachliche, geschichtliche und ästhetische Untersuchungen, insbesondere auch durch Uebersetzungen und durch bildliche Darstellungen in prachtvollen Ausgaben einen immer größeren Kreis von Lesern und einsichtigen Liebhabern, ja sogar schon den Eingang in höhere Schulen gefunden. Mit dem steigenden Bedürfniß einer nationalen Bildung, welche, dem Rathe Justus Möser's folgend, immer mehr aus sich selbst und dem eigenen Boden ziehen und die Kunst der Fremden nur insoweit nugen will, als sie zur Verbesserung unserer eigenthümlichen Güter und ihrer Cultur dient," stieg auch der Werth dieses großen vaterländischen Denkmales, in welchem der deutsche Geist den gemüthlichen und phantasielichen Lebensgehalt eines ganzen Kreislaufes von Jahrhunderten zur classischen Form des Austruces gebracht hat. Die Schwierigkeiten, dieses mehr als irgend ein anderes so ganz und rein unserer ureigensten Natur entflossene Berf dem Sinne der Nation wieder zugänglich zu machen, waren indeffen groß; und es ist auch noch jezt nicht klar abzusehen, wie weit es gelingen werde. Wir verstehen uns leider auf Alles in der Welt besser als auf unsere eigene Nationalität. Waren wir doch

Archiv f. n. Sprachen. X.

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Jahrhunderte lang, seitdem uns das Gefühl und der Name einer Nation abhanden gekommen war, unter den erhabenen Denkmälern altdeutscher Baukunst mit einer ähnlichen Gedankenlosigkeit, wie die Fellahs unter den Pyramiden einhergegangen, bis endlich jener Geist, in welchem sich ein Göz von Berlichingen und ein Fauft zusammenbaute, auf jene riesenhaften Münster wie auf den Hintergrund" seiner Dichtungen zurückschaute und mit entzückter Ahnung ausrief:,,Dies ist unser!“ und dann freilich Aeltere und Jüngere, des wiedergewonnenen Besizes froh, durch wiederholte Beschauung, Messung und Nachzeichnung sich und mehr und mehr der ganzen Nation den Geist der großen Erbauer lebendig und gegenwärtig zu machen wußten. Die Denkmäler unserer Nationalliteratur waren Jahrhunderte lang nicht bloß der Kenntniß des Volkes, sondern selbst der der Gelehrten entzogen, sie schmachteten im Staube der Vergessenheit, wie zur Zeit des Königs Josia die heiligen Bücher der Juden. Besonders auf das Nibelungenlied und andere Volksepen findet dies seine Anwendung, welche, kaum aus der rapsodischen Gestalt zu zusammenhängenden Epopöen erhoben, alsbald der romantischen Ritterpoesie eines Wolfram von Eschenbach und Gottfried von Straßburg erlagen und nur in rohen Volksbüchern, wie der hörnerne Siegfried" 2c., mit großer Hartnäckigkeit ein entstelltes und fast erstarrtes Dasein bis in die neuere Zeit behaupteten. Schon ein Luther und Hutten wußten nichts mehr von den Nibelungen und anderen werthvollen Dichtungen des Mittelalters. Beide Männer dichteten denn auch in der deutschen Sprache mit einer Stümperhaftigkeit in der Form, als wäre vor ihnen noch kein deutsches Wort geschrieben oder gedruckt worden. Mit der Reformation und dem Beginne einer Gelehrtenpoesie erlosch die Erinnerung an die großen Werke der mittelalterlichen Sagen- und Kunstdichtung fast ganz und z. B. die einzeln stehende Bemühung des noch stark volksthümlichen Meistersängers Hans Sachs, den hörnernen Siegfried“ zu dramatisiren, bleibt ohne alle Einwirkung auf die poetische Richtung der folgenden Zeiten. Im dreißigjährigen Kriege kam endlich auch auf jedem anderen Gebiete jener ungeheure Bruch mit der Vergangenheit zur Vollendung, der uns im Gefühl eines entleerten Volksbewußtseins eine lange Zeit hindurch in der Politik zu ehrlosen Knechten, in der Literatur zu gedankenlosen Nachbetern des Auslandes machte.

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Es ist bedeutsam, daß mit dem entschiedenen Auftritte eines besse

ren Geschmackes das Bedürfniß der Bekanntschaft mit der älteren deutschen Literatur sich alsbald wieder zu regen und zu wachsen begann, ohne aber mit der Entwickelung der neuen classischen Periode ganz gleichen Schritt zu halten. Die dunkle Sehnsucht lag dabei unverkennbar im Hintergrunde, den geistigen Ertrag der älteren Periode in die neue mit hinüber zu nehmen. Es gelang freilich nicht und konnte nicht gelingen; aber die Herübernahme, wo sie stattfand, ist von unberechenbarem Erfolge gewesen. Bedeutende Lücken blieben überall da fühlbar, wo die neuere Literatur ohne Anlehnung an ältere Vorbildungen aufzutreten und mit leeren Händen fremden Mustern nachzugehen gezwungen wurde.

Opis (geb. 1597, gest. 1639), der Bahnbrecher der neuen classischen Periode, entdeckte zuerst wieder den Lobgesang auf den heiligen Hanno von Cöln, aus der lezten Hälfte des 11. Jahrhunderts, und gab ihn heraus; Gleim stellte später die Frage auf: ob das Studium der alten deutschen Literatur, insonderheit des Lobgefanges auf den heiligen Hanno dem großen Opiß Geist und Sprache gegeben? Diese Frage muß freilich verneint werden, aber die Thatsache bleibt bedeutungsvoll als Bezeichnung eines empfundenen Bedürfnisses. Wie viel es einem Flemming, einem Simon von Dach und Anderen nach Opiß genügt haben mag, auf den einfachen Lon des deutschen Volksliedes zu lauschen, das kann man in einer Zeit steigender Verkünstelung der Poefte vielleicht nicht hoch genug anschlagen, aber es läßt sich nicht genau mehr nachrechnen. Etwas über hundert Jahre nach Opiß, a. 1758, gab Bodmer, dem das bewußte Streben für Erweckung einer nationalen Poesie immer ein Andenken in der deutschen Literaturgeschichte sichern wird, zum ersten Male die Minnesånger und bald darauf auch Chriemhilde's Rache und die Klage heraus. Gleim versuchte sich nicht ohne Geschick in Uebertragungen und Nachbildungen der Minnelieder. Seine naive Frage: ob wir in jenen Zeiten unsern Homer wohl nicht schon auch gehabt hätten? beweist, daß er ebensowenig, wie alle anderen Zeitgenoffen für die Erkenntniß des Nibelungenliedes ein Organ hatte. Lessing, der sonst auch auf diesem Gebiete ein Bahnbrecher gewefen ist und getroffen von der ,,Einfalt und Wahrheit in einer echten und lautern Sprache" die Fabeln aus den Zeiten der Minnesänger, tie altdeutschen Sprichwörter, das Heldenbuch und andere Sprachbenkmale der verschollenen ältern deutschen Literatur mit lebendigem

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Interesse erfaßte, scheint für die epische Literatur überhaupt keinen rechten Sinn gehabt zu haben. Er kennt Chriemhilde's Rache nur dem Namen nach, Reinecke den Fuchs nur als ein Werk,,niederer Gattung". So gewiß ist es, daß auch der geistvolle Kopf bei allem Vorstreben immer in der Beschränktheit seiner Zeitbildung haften bleibt. Auch Klopstock, obwohl vaterländischer Begeisterung voll, fand den Weg bis zum Nibelungenliede nicht. Er meinte schon: „Von den Minnesängern bis zu Luther ist ein weiter Weg. Ich hatte nie der Muße genug, um zu sehen, ob dort auch an den Rosen Dornen wären." Schwerlich hätte er auch aus der ungestaltlichen hochgetriebenen Empfindungspoesie, welche sein Wesen ausmacht, sich herausbegeben und in jene Welt urkräftiger Thaten und eiserner Charaktere versenken können, ohne vernichtet zu werden oder wie aus seinem Studium des Homer - mit einer frostigen Bewunderung davon zu gehen und sich in eine falsche Nachahmung treiben. zu lassen. Schon der Weg bis zu Luther, wie seine geistlichen Nachdichtungen bezeugen, war dieser der wirklichen Welt fast entrückten Persönlichkeit verlegt. Wieland's zwischen einer unwirklichen Ideenwelt und einer ideenlosen, gemeinen Wirklichkeit mit Selbstbehagen hin und wiederspielende Natur hätte den von Bodmer herausgegebenen und in Herameter übersezten Parzival des gestaltenreichen und gedankenschweren Wolframs von Eschenbach schwerlich zu faffen vermocht, obwohl er dichtend in der romantischen Ritterwelt einheimisch war. Was er etwa von dem Nibelungenliede gedacht hat, ist wohl noch nie gefragt worden. Herder, in der ältern deutschen Literatur schon viel bewandert und so davon erbaut, daß er bekannte, ,,er halte sich am liebsten zu beinahe vergessenen deutschen Dichtern“, zugleich begabt mit einem geistvollen Groß- und Vielblick für die Gesittung aller Völker und Zeiten und zuerst im Besiße der entschie denen Erkenntniß, daß alle wahrhafte Poeste national,,,eine Blume der Eigenheit jedes Volkes“ sei und nach einem eignen Maßstabe gemessen werden müsse, wäre mehr als ein Anderer dazu geeignet gewesen, auch hier ein anregender Lichtbringer zu sein. Hatte er doch überdies für das Epos ein viel größeres Interesse als Lessing, wie er denn ein solches durch die Bearbeitung des Cid, durch kritische Erörterungen über Homer, Ossian, Klopstock und Reinecke den Fuchs deutlich an den Tag gelegt hat; hatte er doch, hiemit nahe zusammenhängend, eine seltene Liebe zu dem Volksge

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