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lasse. Den positiven Beweis für seine Ansicht sieht Muncke in der schon früher durch Watt, Pouillet, Pfaff u. A. bekannten Erscheinung, dass ein leichter Wagebalken in einem Glascylinder am Coconfaden aufgehängt, sich einer von aussen angebrachten Wärmequelle zudreht, so dass die der Wärme nächste Stelle des Cylinders den Wagebalken anzuziehen scheint. Die übrigen Beweise sind nur negative, gegen die Annahme, dass die Erscheinung von Luftströmen herrühre. Schon diesem zufolge würden die erwähnten Versuche nicht. in die Elektricitätslehre gehören, da wir einen Körper aus dem Umstande allein, dass er einen andern anzieht, nicht für elektrisirt halten. Lenz1) hat überdiess auf sehr gründliche Weise gezeigt, dass bei jenem Phänomen keine Elektricität, sondern Luftströmung wirke. Muncke 2) hat auf diese Widerlegung geantwortet und dadurch wieder einen Aufsatz von Lenz3) veranlasst, in welchem die Elektricitätserregung des Glases, auch durch bedeutende Erwärmung, widerlegt wird. Da sich Muncke auf Becquerels Versuche beruft, so sind diese hier aufgenommen worden, obgleich sie schon vor längerer Zeit angestellt worden sind.

b) Elektricitätserregung durch Temperaturänderung in krystallisirten Fossilien.

Elektricität des erwärmten Turmalins, Boracits u. s. w. Forbes') gebrauchte zur Untersuchung der Elektricität abkühlender Krystalle ein Coulombsches Torsionselektrometer 5) mit einer seitlich angebrachten Tubulatur zur Aufnahme des Krystalls. Er fand, dass bei dem Turmaline die Elektricität nicht im Verhältnisse zur Geschwindigkeit der Abkühlung steht, indem das Maximum der Abstossung des vorher elektrisirten Metallscheibchens erst einige Zeit nach dem Annähern des erhitzten Krystalles eintrat. Die Stärke der Elektrisirung des Turmalins ergab sich nach den Exemplaren verschieden, aber nicht wie Becquerel (und auch später Erman) gefunden hat, mit der Länge des Krystalls abnehmend. So war ein Krystall von 3,25′′ Länge stark elektrisch, und ein anderer, 11′′ lang, stiess das Scheibchen des Elektrometers um 45° ab. Als der letztgenannte Kry

1) Poggend. Ann. Bd. 25. S. 241.

2) Ibid. B. 29. S. 381.

3) Ibid. B. 35. S. 72.

*) Transact. of. r. s. of Edinb. XIII. p. 25. Lond. et Edinb. journ. V. p. 133. 5) Genaue Anleitung zur Verfertigung desselb. Biot traité. II. p. 349.

stall in seinem Viertel durchgebrochen wurde, gab das längere Stück 47°, das kleinere 43° Abstossung. Boracit, Topas, Mesotyp wurden durch Erwärmung elektrisch, aber nur die beiden ersten waren, wie der Turmalin, am stärksten elektrisch bei schon verlangsamter Abkühlung, während der dritte Krystall gleich bei dem Einbringen in das Elektrometer die stärkste Elektricität zeigte, die er aber sehr bald verlor.

Elektricität des durch Reibung erwärmten Turmalins. Erman') fand die Angabe, dass der Turmalin durch Reibung auf Tuch positiv elektrisch werde, in der Erscheinung nur bedingterweise richtig. Da nämlich die Reibung Elektricität und Wärme entwickelt, diese aber die Enden des Turmalins entgegengesetzt elektrisch macht, so kommt es darauf an, welches Ende gerieben und geprüft wird. Bei schwachem Reiben auf Tuch wird ein normaler Turmalin an einem Ende positive, an dem andern keine Elektricität, durch Reiben auf Pelzwerk nur negative Elektricität an einem Ende zeigen. Stärkere Reibung erzeugt stets beide Arten von Elektricität, aber nach der Natur des reibenden Stoffes, die eine derselben in höherm Grade. Eine rein thermische Elektricitätserregung am Turmalin brachte Erman hervor, indem er den Krystall mit seinen äussersten Enden auf zwei feine Goldblattelektrometer legte, und concentrirte Sonnenstrahlen auf seine Mitte fallen liess. Die Elektrometer divergirten gleich stark mit entgegengesetzter Elektricität.

Elektricität des erwärmten brasilianischen Topases. In derselben Abhandlung giebt Erman von dem Topase an, dass derselbe durch Temperaturänderung an den Endflächen negativ, an den Seiten-(Säulen-) Flächen positiv elektrisch werde. Nach der angegebenen Art der Prüfung tritt diese Elektrisirung bei dem Erkalten ein. Es wurde nämlich auf ein Bohnenbergersches Elektroscop ein möglichst kleiner Teller aufgesetzt und auf diesen der erwärmte Krystall mit einer Seitenfläche gelegt. Die positive Elektricität dieser Fläche zeigte sich nicht eher, als bis eine der Endflächen des Krystalles mit einer Spitze ableitend berührt worden war. Wurde der Krystall mit einer Endfläche auf das Elektrometer gestellt, so kam die negative Elektricität derselben erst bei Berührung einer Seitenfläche zum Vorschein. Auf ähnliche Weise, durch Berührung der elektrisch entgegengesetzten Fläche, konnte die Elektricität eines

') Poggend. Annal. Bd. 25. p. 612.

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sehr kleinen Boracitkrystalles am Elektrometer mit Bestimmtheit nachgewiesen werden, Beim sächsischen Topase konnte Erman durchaus keine Elektricitätserregung durch Wärme, bei dem sibirischen nur Spuren derselben erlangen.

Elektricität des schwefelsauren Chinins. Becquerel1) führt an, dass schwefelsaures Chinin, welches zu 60° erwärmt, stark phosphorescirt, zugleich bei dieser Temperatur das Elektrometer ladet. Ich habe in den neuesten chemischen Werken keine Bestätigung dieser Angabe gefunden. Dumas 2) spricht sich sehr unbestimmt und zwar folgendermaassen aus: »Das basisch schwefelsaure Chinin wird nach Callaud d'Annecy's Bemerkung bei 100° leuchtend. Die Reibung vermehrt diese Phosphorescenz in hohem Grade, und der geriebene Körper zeigt am Elektroscope starke positive Elektricität. «< stallisirtes Chinin wird durch Reibung stark negativ elektrisch.)

(Kry

Zusammenhang zwischen der Krystallform und Elektricität des Turmalins. Es ist sehr merkwürdig, dass die Krystalle, welche durch Temperaturänderung in bedeutendem Grade elektrisch werden, an ihrer äussern Gestaltung ein charakteristisches Merkmal haben. Sind sie nämlich nach der Richtung, in der die beiden Elektricitätsarten beim Temperaturwechsel hervortreten, vollständig auskrystallisirt, so sind die beiden Endigungen des Krystalls nicht symmetrisch, es finden sich an dem einen Ende Flächen, die an dem andern fehlen. Die Frage, ob und wie das Hervortreten gewisser Flächen mit der Elektricität, welche dieselben bei einer Temperaturänderung zeigen, in Verbindung stehe, ist von grossem Interesse und bereits von Hauy angeregt. Gustav Rose hat diese Frage in Bezug auf den Turmalin in einer sehr ausführlichen Arbeit erledigt.3)

Der Verfasser führt in einer Einleitung einige Sätze der Krystallographie an, nach welchen alle Krystallformen in solche zerfallen, welche die volle Zahl ihrer Flächen besitzen (homoëdrische), und in solche, die man sich aus jenen dadurch entstanden denkt, dass die Hälfte der Flächen fortgefallen ist (hemiëdrische). Die hemiëdrischen Formen sind wieder unter einander so verschieden, dass sie entweder parallele Flächen haben, oder nicht. Die ersten Formen nennt Rose

1) Annal. de Chimie tom. 47.
p. 133.
2) Traité de Chim. appl. tom. V. p.
748.
3) Poggend. Ann. Bd. 39. S. 285.

parallelflächig-hemiëdrische, die letztern polarisch-hemiëdrische, mit Hindeutung darauf, dass alle hemiëdrischen Krystalle, die pyro-elektrisch sind, dieser Klasse zugehören. Der Turmalin ist ausgezeichnet polarisch-hemiëdrisch; wir müssen, was die Einzelnheiten seiner Krystallform betrifft, auf die Abhandlung verweisen, und können nur auf die Bildung aufmerksam machen, deren Kenntniss in den meisten Fällen hinreicht, die Elektricität jedes Endes ohne Versuch zu bestimmen. Die Hauptform des Turmalins ist eine neunseitige Säule, die als Combination einer sechs- und einer dreiseitigen Säule zu betrachten ist. Durch das Vorherrschen der bezüglichen Flächen hat es nämlich entweder das Ansehen, als ob eine dreiseitige Säule an den Kanten durch zwei Flächen zugeschärft, oder als ob eine sechsseitige Säule an den abwechselnden Kanten durch eine Fläche abgestumpft worden wäre. Fixiren wir die Flächen der dreiseitigen Säule, so verhalten sich die beiden Endigungen des Krystalls verschieden gegen dieselben. Die normalen Endigungen (die oft durch hinzutretende Flächen complicirt werden) sind dreiflächige Zuspitzungen, deren Flächen an dem einen Krystallende auf den Flächen, an dem andern auf den Kanten der dreiseitigen Säule aufgesetzt erscheinen. Rose bezeichnet das erste Ende mit A, das zweite mit B, und hat gefunden, dass bei abnehmender Temperatur das Ende A negativ, das Ende B positiv elektrisch wird, und bei zunehmender Temperatur die entgegengesetzte Elektricität zeigt. Unter 25 untersuchten Varietäten des Turmalins wich nur eine (von Penig in Sachsen) von diesem Verhalten ab, das also als das normale zu betrachten ist. Fasslicher für das Gedächtniss sprechen wir die Regel so aus: An dem Ende des Turmalins, wo eine Fläche der dreiseitigen Zuspitzung einer Fläche der dreiseitigen Säule folgt, entspricht auch das algebraische Zeichen des, Temperaturzuwachses dem Zeichen der dadurch erregten Elektricität. (An dem andern Ende des Krystalls, wo Kanten der Zuspitzung und Flächen der Säule einander folgen, discordiren auch die Zeichen des Temperaturzuwachses und der Elektricität.)

Was die Stärke der durch Temperaturwechsel erregten Elektricität betrifft, so fand Rose die heller gefärbten durchsichtigen Exemplare stärker elektrisch als die schwarzen. Von dem bestimmteren Hervortreten der Hemiëdrie und der dadurch bedingten grössern Verschiedenheit beider Enden schien die Stärke der elektrischen Erregung nicht abzuhangen.

Zusammenhang der Krystallform und Elektricität des Boracits und Rhodicits. Köhler hat schon früher 1) den Bezug der Krystallform zu der durch Erwärmung erregten Elektricität an einigen Exemplaren des Turmalins, Kieselzinkerzes und Boracits bestimmt. Das letztgenannte Fossil kommt gewöhnlich in Würfeln mit abgestumpften Kanten vor. Die Hemiëdrie erscheint an den Würfelecken, die abwechselnd abgestumpft oder doch abwechselnd rauh und glatt abgestumpft sind. Der Krystall hat 4 elektrische Axen, die bei Temperaturwechsel gleichzeitig hervortreten und den Diagonalen entsprechen, deren jede eine vollkommene (oder doch nur rauh abgestumpfte) Ecke mit einer abgestumpften verbindet. Es gilt die Regel, dass an den intacten Würfelecken das Zeichen des Temperaturzuwachses auch das Zeichen der dadurch erregten Elektricität ist.

Ein ganz ähnliches Verhalten hat Gustav Rose2) neuerdings am Rhodicit nachgewiesen, einem seltenen, mit dem rothen Turmaline vorkommenden Fossil. Es krystallisirt in Dodekaëdern (Würfeln mit abgestumpften Kanten), deren Würfelecken abwechselnd abgestumpft sind. Die 4 elektrischen Axen gehen, wie bei dem Boracit durch diametrale Würfelecken; bei den unveränderten Ecken entspricht, wie dort, das Zeichen des Temperaturzuwachses dem Zeichen der erregten Elektricität.

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VII. Elektricitätserregung durch animalischen Prozess.

Der Pater Santi Linari hat am 3ten April 1837 der Pariser Akademie eine Notiz mitgetheilt, nach welcher der Zitterroche an einem Strohhalmelektrometer eine Divergenz hervorbringt. 3) Der Fisch wurde durch einen Draht mit der Collectorplatte eines Condensators verbunden, und die Verbindung in dem Augenblicke unterbrochen, in dem man den Fisch reizte. Nach Abhebung der Condensatorplatte divergirten die Strohhalme des Elektrometers um mehrere Grade, und zwar mit positiver Elektricität, wenn der Draht mit dem Rücken, mit negativer, wenn er mit dem Bauch des Fisches in Berührung gestanden hatte. Linari hat ferner durch den Zitterrochen Funken, die er früher nur durch Anwendung einer Spirale von 1700 Fuss Draht erhalten hatte *), auch mit einem sehr kurzen Drahte hervor

') Pogg. Ann. Bd. 17. p. 146.

2) Ibid. Bd. 39. p. 321.

3) l'Institut. No. 208. Pogg. Ann. Bd. 40. p. 642.
1) Pogg. Ann. B. 38. p. 291.

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