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martert. Man zwang Einige von den Thürmen hinabzuspringen; man warf Andere zu den Fenstern hinaus, daß sie mit gebrochenem Genick auf der Straße lagen; man riß die Kinder von den Brüsten der Mütter und schleuderte sie gegen die Wände oder Thürpfosten, daß das Gehirn umhersprißte; 5 man verbrannte Mehrere an langsamem Feuer; man schnitt Anderen mit wilder Gier den Leib auf, um zu sehen, ob sie nicht Gold oder andere Kostbarkeiten der Rettung wegen verschluckt hätten. Von 40,000 øder, wie morgenländische Geschichtschreiber melden, von 70,000 Saracenen blieben 10 nicht so viele am Leben, als erforderlich waren, ihre Glaubensgenossen zu beerdigen. Arme Christen mußten nachher bei diesem Geschäfte Hülfe leisten, und viele Leichname wurden verbrannt, theils damit sich nicht bei längerer Zögerung ansteckende Krankheiten erzeugen möchten, theils 15 weil man hoffte, selbst in der Asche noch Kostbarkeiten aufzufinden.

Endlich war nichts mehr zu morden und zu plündern; da reinigten sich die Pilger vom Blute, entblößten Haupt und Füße und zogen unter Lobgefängen zur Leidens- und Aufer- 20 stehungskirche. Feierlich wurden sie hier von den Geistlichen empfangen, welche mit tiefer Rührung für die Lösung aus der Gewalt der Ungläubigen dankten, Keinen aber mehr erhuben als Peter den Einsiedler, weil dieser ihnen vor fünf Jahren Hülfe zugesichert und sein Wort gehalten hatte. Alle 25 Pilger weinten vor Freuden, konnten sich nicht satt sehen an den heiligen Stätten, wollten Jegliches berühren, beichteten ihre Sünden und gelobten Befferung mit lauter Stimme. So feurig war der Glaube, daß Viele nachher beschwuren, sie hätten Gestalten der in früheren Schlachten umgekommenen 30 Brüder neben sich wandeln gesehen, ja der Bischof Ademar

von Puy habe einem erstaunt Fragenden geantwortet: nicht er allein, sondern alle verstorbenen Kreuzfahrer wären auferstanden, um an dem Kampfe und an den Freuden des Sieges Theil zu nehmen. Der Himmel sei Allen erworben, Gott 5 sei Allen gnädig für das große Werk: das war die feste Ueberzeugung, die unwandelbare Hoffnung !

So ward Jerusalem (nach abendländischen Berichten) erobert am neununddreißigsten Tage der Umlagerung, am 15. Julius des Jahres 1099. Des Tags darauf wurden, aller 10 Gegenbemühungen Tankreds ungeachtet, diejenigen niedergehauen, welche sich auf das Dach des Tempels geflüchtet hatten, und drei Tage nachher faßten die Pilger den Beschluß: alle noch geretteten Saracenen umzubringen, damit sie ihnen bei der Annäherung eines ägyptischen Heeres keine Gefahr 15 bereiten möchten und die an den Heiligthümern begangenen Frevel vollständig gerächt würden!

Bei der Uebernahme des Gelübdes hatten die Meisten, wo nicht Alle, die Befreiung Jerusalems und des heiligen Grabes als Hauptzweck des ganzen Unternehmens betrachtet; deshalb 20 konnte über die Art und Richtung des Zuges kein erheblicher Zweifel entstehen, und ohne höhere Kriegskunst genügte die wenigstens im Allgemeinen stattfindende Einigkeit und Tapferkeit der Pilger wie der Fürsten, um diesem Kreuzzuge unter Leitung Mehrerer einen glücklicheren Erfolg zu verschaffen, als bei veränderten Umständen den späteren Kreuzzügen unter der Leitung von Königen und Kaisern. Wenn aber die christliche Herrschaft im Morgenlande nicht eine bloß vorübergehende Erscheinung werden sollte, so mußte nunmehr eine feste Verwaltung und bestimmtere Leitung der sich 30 zersplitternden Kräfte eintreten. Denn Jerusalem war noch rings von mächtigen Feinden umgeben, und das grausame

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Verfahren der Christen machte sie bei allen Bewohnern des Landes so verhaßt, daß diesen eine gleiche Unduldsamkeit gerechtfertigt erschien. Viele von den Pilgern dachten indeß schon an die Rückkehr oder wollten eine unbegrenzte Willkür nicht aufgeben, welche anfangs durch den Schein der Selbständigkeit täuscht, nach kurzer Zeit aber, eine stete Folge der Vereinzelung, mit dem Untergange des Einzelnen und des Staates endigt.

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Bei der Königswahl sollten aber, nach dem Willen der Fürsten, nicht bloß diejenigen Eigenschaften den Ausschlag 10 geben, welche als die glänzenderen auf dem langen gemeinsamen Zuge Jedem bekannt geworden, sondern auch solche, welche zwar für die Wohlfahrt der Völker höchst wichtig sind, jedoch selten in dem öffentlichen Leben unmittelbar kund werden. Deshalb vernahm man eidlich die Diener und 15 Hausgenossen aller Fürsten über deren Sitten und häuslichen Wandel.

Während andere Diener Uebeles von ihren Herren berichteten, sagten die Diener Herzog Gottfrieds von Lothringen nur Lobendes von ihm aus: dazu gesellte sich die Erin- 20 nerung, daß Gottfried allein bei der Einnahme von Jerusalem weniger Theil genommen hatte an der wilden Grausamkeit. Auch besaß keiner wie er die Geschicklichkeit, Franzosen und Deutsche, die sich bald im Scherze, bald im Ernste als Widersacher zeigten, zu gewinnen, auszusöhnen und zu lenken: denn 25 an den Grenzen beider Reiche geboren und erzogen, gehörte er gewissermaßen beiden Völkern an und kannte die Sprachen beider. Aus solchen Gründen, um öffentlicher und häuslicher Tugenden willen, wählte man am 22. Julius 1099 einstimmig den Herzog Gottfried von Lothringen zum Könige von 30 Jerusalem. Lobgefänge wurden hierauf in der Kirche des

heiligen Grabes angestimmt, aber eine feierliche Salbung und Krönung fand nicht statt: denn der Herzog weigerte sich, an dem Orte, welcher zur tiefsten Demuth verweise, wo man dem Könige der Ehren, dem Herrn des Himmels nur Dornen um 5 die Schläfe gewunden habe, anmaßlich Zeichen und Titel irdischer Größe anzunehmen. Deshalb haben Viele, nur das Zeichen würdigend, Gottfried nicht den Königen von Jerufalem beigezählt.

So wurde ein weltliches Oberhaupt erwählt; so erreichte 10 der erste Kreuzzug sein Ende mit der Eroberung der heiligen Stadt und der Errichtung des Königreiches Jerusalem.

NOTES.

PAGE I.

Erstes Hauptstück.

I. Sowie in a temporal sense, 'as soon as’=sobald (als). In other passages, sowie means 'just as' and introduces a comparison.

2. Stifter=Gründer, 'founder.' We say eine Religion stiften.

4. Heil 'salvation' (orig. 'health,' with which word the German is akin; compare heilen 'to heal,' and the adj. heil 'whole, sound'). Hence Heiland (an old participle, lit. 'the healing one'=Anglo-S. Hælend) 'the Saviour.'

5. Wallfahrt 'pilgrimage,' from wallen (=Anglo-S. weallian 'to travel abroad') and fahren (=Anglo-S. fáran 'to go'). The weak verb wallfahrten occurs 1. 11.

7. natürlich 'in the natural course of things.'

9.

Constantine the Great became emperor of the West in 306, and of the whole Roman empire in 324. He granted the Christians free toleration and exercise of their religion in the edict of Milan, 325, but did not himself become a Christian until a few hours before his death, a. 337.

II.

im hohen Alter' when she was already very old.'

12. während etc. =so lange die römische Herrschaft währte (as long as the Holy Land remained under Roman dominion).

14. Rosroes II., of the dynasty of the Sassanidae, reigned over Persia from 591 to 628. See Gibbon, ch. XLVI.

17. Heraclius reigned over the Byzantine empire a. 610–641.

20. The general spelling is Kalif (or Kaliph), but the one adopted in our text is preferable as a closer representative of the Arabic word chalifa 'a successor,' from chalafa 'to succeed.' This title was first borne by Abubekr, the immediate 'successor' of the prophet himself. —Omar reigned a. 634-644.

24. 'Though the caliph himself had the greatest enthusiasm for M.'s doctrine, he still' etc.

2.

PAGE 2.

Titus, the son of Vespasian, took and destroyed Jerusalem a. 70. Titus ruled as Roman emperor a. 79-81.

3. gleich unverändert.

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