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dass sie der hohen Stellung des Verfassers überhaupt nicht mehr entspricht. Quellencitate mit on (1, 228), plusieurs (1, 258), tous (1, 377), certains (2, 6), quelques (2, 10), lés lexicographes grecs (2, 222), hinter denen nichts oder wenig steckt und die nur mit stundenlangem Suchen als leere Phrasen nachzuweisen sind, sollten doch besser vermieden werden. Und trotz alledem muss Jeder, der sich mit der Geschichte und Geographie von Grossgriechenland beschäftigt, das Werk lesen! Was könnte der Verfasser leisten, wenn er weniger flüchtig arbeiten wollte! Und vielleicht will er es in den noch zu erwartenden Bänden!

Zu einzelnen Punkten Unteritaliens übergehend, erwähnen wir zunächst:

Sybaris und Thurii.

Von allen berühmten griechischen Städten ist fast keine so spurlos und vollständig vom Erdboden verschwunden wie Sybaris. Von wirklichen Ueberresten garnicht zu reden, sind nicht einmal die offenliegenden Terrainverhältnisse der Art, dass man sagen müsste: hier lag Sybaris. Mannert (Italien II, 218) setzt es etwas westlich vom heutigen Dorfe Polinara«, was, wie sich jetzt gezeigt hat, nicht richtig ist. Die für die Erforschung und Erhaltung der heimischen Alterthümer so sehr thätige italienische Regierung, speciell die dem hochverdienten Commend. Fiorelli anvertraute Generaldirection der Museen und Ausgrabungen, beauftragte deshalb den bewährten Erforscher Siciliens, den Ingenieur Sav. Cavallari, mit Ausgrabungen in der Gegend, in welcher Sybaris liegen musste. Dieselben wurden im Frühjahr 1879 unternommen und haben interessante Ergebnisse geliefert, über welche berichtet worden ist in den Notizie degli scavi di antichità, comunic. alla R. Accad. dei Lincei p. ord. di S. E. il ministro della Pubb. Istruzione. Anno 1879. Roma 1880. p. 49 -52. 77-82. 122-124. 245-253 nebst Tav. V und VI, sowie S. 156 -159, ferner Anno 1880. Roma 1881. S. 68. 152. 152-162 nebst Tav. VI fig. 1-3. Den eingehendsten und für die Topographie werthvollsten Bericht enthalten die Seiten 245-53 des Jahrgangs 1879, wozu die Tav. V die Karte der Gegend und Tav. VI die Details des Grabes liefert, das die interessanten Goldplättchen enthielt; die Seiten 49-52 und 77-82 besprechen die Ausgrabungen selbst.

Cavallari's Forschungen waren in doppelter Hinsicht werthvoll. Einmal stellten sie die Lage von Sybaris fest, und zweitens lehrten sie merkwürdige Grabanlagen kennen. In erster Hinsicht hat Cavallari mit Recht die Thatsache berücksichtigt, dass nach Strab. 263 die Krotoniaten, als sie Sybaris erobert hatten, es dadurch zerstörten, dass sie den Fluss Krathis ablenkten und sich über die Stadt ergiessen liessen. Nun hat Cavallari festgestellt, dass der Crati in dem letzten Theile seines Laufes, ehe er sich mit dem Coscile (Sybaris) vereinigt, eine durch keine Bodenerhebungen motivirte Zickzacklinie bildet, während daneben ein

Thal bleibt, das als Crati vecchio bezeichnet wird, und sich in gerader Linie nach Osten hinzieht. Er hat mit Recht hieraus geschlossen, dass wir in dem Crati vecchio den Lauf des Krathis zur Zeit der Existenz von Sybaris haben, in der Zickzacklinie den durch die Krotoniaten geänderten Lauf, und dass wir somit um diesen letzteren das Terrain der Stadt Sybaris selbst suchen müssen. Es ist somit die Lage von Sybaris nun endlich festgestellt. Das zweite interessante Ergebniss der Thätigkeit Cavallari's war die Erforschung eines der vielen Tumuli, die sich von der Südgrenze der alten Stadt Sybaris bis zum Meere hinziehen, und die, wie Cavallari sogleich erkannte, Gräber sind. Er öffnete im Februar und März 1879 nun den grössten derselben, den sogenannten Timpone grande, der noch eine Höhe von 9, 50 m hatte, und fand auf dem Boden desselben ein Grab, worin neben verbrannten menschlichen Ueberresten und einigen anderen Gegenständen zwei zusammengebogene Goldplättchen mit griechischen Inschriften gefunden wurden. Die Inschriften sind von Comparetti untersucht worden, der auf den oben angeführten Seiten 156-59 des Jahrgangs 1879 darüber berichtet hat. Die eine ist unverständlich, indem die griechischen Buchstaben keine Worte bilden, die einen Sinn geben, die andere ist von Comparetti gelesen und erklärt worden. Sie bezieht sich auf den Zustand nach dem Tode und zeigt den Todten als in gewisse Mysterien eingeweiht. Die Untersuchungen wurden später unter der Leitung anderer Ingenieure fortgesetzt, und in drei anderen Timponi, welche geöffnet wurden, drei weitere Goldplättchen mit Inschriften entdeckt, über welche Comparetti in den Notizie des Jahres 1880 S. 156 62 eingehend und genau gesprochen hat. Nach Comparetti ist an pythagoreische Lehren hier nicht zu denken, sondern an die sogenannten Orpheotelesten, von denen Plato de Rep. II, 364 spricht. Wir hatten schon etwas ähnliches in dem Goldplättchen von Petelia, herausgegeben im C. I. Gr. 5772 und von Kaibel, Epigr. gr. ex lap. p. 453. Comparetti macht wahrscheinlich, dass alle diese mystischen Verse der vormacedonischen Zeit angehören. Wir haben also hier werthvolle Denkmäler der Cultur der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts v. Chr. Zugleich sehen wir hier, was auch schon Cavallari andeutete, dass diese merkwürdigen Kegelgräber, die in ihrer Form so sehr an den Orient erinnern, nicht etwa der Stadt Sybaris angehören. Cavallari hatte schon auf das Fehlen älterer Vasenscherben aufmerksam gemacht. Wir haben hier also Gräber von Bewohnern von Thurii, und zwar sehr angesehener Bewohner, denn wie sollten sich sonst die ungeheuren Aufschüttungen über dem Grabe erklären? Cavallari hat schon in seiner topographischen Abhandlung Beiträge zur Frage gegeben, wo Thurii lag, und auf die Fonte del Fico nördlich vom Timpone grande als wahrscheinlich identisch mit der Quelle Thuria, nach der die Stadt den Namen hatte, hingewiesen.

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Nach dem Vorhergehenden ist der Wunsch wohl berechtigt, es

möchte nun versucht werden, an dem Punkte, der als der von Sybaris festgestellt ist, die Ueberreste der Stadt, die vorhanden sein müssen, aufzudecken. Der Krathis ist hinübergeleitet worden; muss die von ihm abgesetzte Erde nicht vieles zugedeckt und so erhalten haben? Lenormant's Wunsch ist, dass es versucht werden möge; und man möchte glauben, dass er wenigstens zum Theil erfüllt werden könnte; für die Gegend nördlich vom Crati hält freilich Cavallari alle Arbeit für verlorene Mühe; da man in der Tiefe von 1,75 m auf Wasser stosse, das alle weitere Arbeit verbiete. Doch auch hier hat die Technik noch nicht ihr letztes Wort gesprochen!

Mit Neapel hat zu thun:

Delle origini della città di Napoli per Michele Cardona. Nap. 1880. 112 S. in 8.

Diese Schrift enthält eine Darstellung der Geschichte und Cultur Neapel's im Alterthum. Der Verfasser citirt niemals die Stellen seiner Gewährsmänner, und nach dem was wir versucht haben, um das auf den ersten Seiten Gesagte auf seine Quellen zurückzuführen, wird er sie nicht immer gelesen haben. S. 20 behauptet er, dass »Eumelo conduttore della greca colonia che fondò Napoli ha dovuto essere la stessa persona di Falero che prima di ogni altro diede il nome alla nostra città. Ora se piu Faleri nella greca istoria si ricordano, un solo tra essi ha avuto l'aggiunta di Eumelo, ed è l'Argonauta Eumelo Falero menzionato da Apollonio Rodio nel suo poema degli Argonauti; esso quindi si deve ritenere come il fondatore di Napoli nostra«. Und dann sagt er » Eumelo<< heisse freilich: valoroso coll' asta, aber solche Art von Beinamen hätten die griechischen Dichter ihren Helden immer gegeben. Woher der Verfasser wohl alle diese schönen Dinge hat? Als Referent noch gelesen hatte, dass Parthenope gelebt haben müsse, weil man ihr Grab zeigte (S. 12), und dass die Argonauten Neapel im Jahre 1265 v. Chr. gegründet haben (S. 26), hat er das Buch einfach weiter gelesen, ohne sich die Mühe zu geben, die vom Verfasser nicht citirten Quellen seiner Behauptungen zu finden. Von S. 82-104 behandelt Cardona die Topographie. Wir können hierüber nur sagen, dass er auf dem Vor-Belochschen Standpunkte steht, wie denn überhaupt eine Benutzung Beloch's in dem ganzen Buche nicht ersichtlich ist. Wahrscheinlich ist es früher geschrieben; Beloch's Buch erschien 1879, vorliegende Schrift 1880. Aber über Campanische Geschichte und Topographie eine Schrift publiciren, nachdem Beloch's Buch erschienen ist, und auf dasselbe keine Rücksicht nehmen, was kann dabei herauskommen? Herr Cardona ist noch Vertreter der von Beloch verworfenen Ansicht von dem tiefen Eindringen des ältesten Hafens der Stadt in das Land, der bis hinter S. Giovanni Maggiore, in der Nähe der Universität, ging. Es wäre recht nützlich,

wenn diese Frage einmal zum Gegenstand einer speziellen und genauen Untersuchung gemacht würde.

Reiche Beiträge zur Kenntniss der Topographie Unteritaliens und Siciliens, wie im Allgemeinen Italiens liefern die Publicationen des Ministeriums des öffentlichen Unterrichts, dessen betreffende Abtheilung, wie schon gesagt, vom Commendatore Fiorelli geleitet wird. Es sind erstens

Documenti inediti per servire alla storia dei Musei d'Italia pubblicati per cura del Ministero della Pubblica Istruzione. Vol. III und IV. Roma 1880. 8.

Wir machen hier aufmerksam auf Bd. IV. No. VII. S. 93-123, enthaltend Antichità scoperte nelle provincie meridionali, da documenti serbati nell' Archivio di Stato di Napoli, wo sich Nachrichten über Funde in: Alife, Baja, Canosa, Capua e S. Maria, Castelmezzano, Cuma, Isernia, Isola, Minterno, Monopoli, Monteleone, Nocera de' Pagani, Ottati, Pescocanale, Posilipo, Pozzuoli, Ruvo, Succavo, Torre Annunziata, Torre del Greco, Velia, meist aus den dreissiger und vierziger Jahren finden. Wir können auf das Einzelne nicht eingehen, und wollen nur, weil es die noch am wenigsten bekannte und doch nicht unwichtige Localität betrifft, hersetzen, was von Velia gesagt ist: »sul finire dello scorso anno 1838, fu disotterrato in Velia e precisamente in un podere di quella città denominato Ische della Stanfella, un superbo sepolcro greco, colmo di vasi fittili pregiatissimi, di armature dorate, di patere, di lucerne, di monete, e di altri oggetti interessantissimi. Il suddetto sepolcro o sarcofago di marmo si è trovato ben conservato, e nella sua covertura a schiena d'asino sta posta una greca iscrizione«. No. VIII enthält das Verzeichniss der im Jahre 1796 im Nuovo Museo e Fabbr. della Porcellana di Napoli befindlichen Alterthümer, besonders Vasen aus S. Agata dei Goti.

Zweitens haben wir die schon erwähnten

Notizie degli scavi di antichità comunicate alla R. Accad. dei Lincei per ordine di S. E. il Ministro della Pubb. Istruzione. Roma 1879. 1880. 1881. 4.

Wir haben diese Notizie schon in unseren früheren Berichten benutzt; sie werden aber immer reichhaltiger, ein Beweis der vortrefflichen Leitung dieses Zweiges der Verwaltung und des Eifers, mit dem die durchweg sehr kenntnissreichen Beamten in den einzelnen Provinzen dem Wunsche des Ministeriums und der Akademie entsprechen. Einzelne der Berichte sind wahre Monographien über den Gegenstand; wir machen, um unsere Behauptung auch durch ein nicht unserem speciellen Gebiete entnommenes Beispiel zu belegen, auf die erschöpfende Arbeit über das Pantheon Agrippa's, im Octoberheft 1881, die in Folge der aus der eigen

sten Initiative des Ministers Bacelli hervorgegangenen Freilegung des Pantheons entstanden ist, aufmerksam. Die Reichhaltigkeit der Notizen über Unteritalien in den Heften: August 1879-October 1881 lässt uns eine geographische Sonderung derselben nach grösseren Provinzen, in der Reihenfolge: Abruzzen, Apulien, Terra di Otranto, Lucanien, Calabrien, Principato, Campanien, wünschenswerth erscheinen. Die Sonderung ist nur zu praktischen Zwecken von uns gemacht und könnte theoretisch in einzelnen Punkten vielleicht angegriffen werden.

In den Abruzzen, im Flussgebiet des Aternus (Pescara) und zum Theil des Sagrus (Sangro) (vgl. Kiepert § 378 und folg.) haben wir zu verzeichnen: Entdeckungen in Amiternum (San Vittorino), Notizie 1880, S. 290-296, Ausgrabung des Theaters, S. 350, ebenso, mit gelegentlichen Tastungen im Amphitheater. Corfinium (Pentima), wo wir in das Forschungsgebiet des gelehrten Inspectors de Nino treten, der mit Eifer die Bestrebungen Stoffel's unterstützt, die Belagerung der Stadt durch Cäsar topographisch zu erläutern; Notizie 1879 S. 224; S. 315320; S. 334; 1880, S. 143-146 (Gräber) S. 296-298 (ebenfalls); 1881, S. 121. In der Nähe von Raiano bei Sulmona beschreibt de Nirio 1880 S. 252. 253 römische Ruinen an dem sehr festen Orte La civita, welcher Name mehrfach in Italien eine antike Stadtfläche bezeichnet. Sulmo (Sulmona) 1879, S. 334; 1880, S. 178; 1881, S. 60. 120. 143 (meist Gräber). Introdacqua 1881, S. 144 (Inschrift). Alfedena (Castel del Sangro) das alte Aufidena, im Flussgebiet des Sangro 1879 S. 320 (viele Gräber). Teate (Chieti), die Hauptstadt der Marrucini. 1880, S. 170 - 178 Abhandlung des Avvocato Zecca über ein antikes Bauwerk, das er für ein Grab hält, und Bericht über Reste von Wasserleitungen, die vielleicht der in einer Inschrift erwähnten von C. Asinius Gallus angelegten angehören. S. Maria del Palazzo bei Montenerodomo im Gebiete von Chieti, manche antike Ueberreste die dem alten Iuvanum angehören sollen 1880 S. 253; 1881 S. 142. 143. Daran schliessen wir, in Molise, Saepinum im Lande der Samniter, Thal des Tamarus, Nebenfluss des Vulturnus; 1879 S. 324. 325; 1880 S. 179-183, Ausgrabungen in der Basilica und in einem anderen Gebäude noch unklarer Bestimmung.

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In Apulien verzeichnen wir: Lucera, 1881 S. 122. 145 (Mosaiken). Canosa (Canusium) 1879 S. 348; 1881 S. 94 (Gräber und Vasen). Ruvo (Rubi) 1880 S. 103. 234, interessanter Fund: eine Schieferplatte mit eingegrabenen Formen von Schmuckgegenständen; sie hat für die noch gebräuchlichen lavori a sfoglia gedient, worüber vgl. Lenormant Gr. Gr. II, 322, der noch hätte erwähnen können, dass man die Entdeckung der Bestimmung der Platte Herrn Jatta verdankt; S. 401 (Gräber und Vasen).

In Terra d'Otranto u. s. w., dem alten Calabrien: Brindisi 1880 S. 254. 356. 405. 501; 1881 S. 66. 219. 249 (meist kleine römische In

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